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Corona-Lüfter sorgen bei Bad Brückenaus Stadträten für heiße Köpfe


Autor: Steffen Standke

Bad Brückenau, Montag, 27. Sept. 2021

Das Schuljahr hat längst begonnen. Und damit die Diskussion, ob und wie man die in den Präsenzunterricht zurückgekehrten Schüler - und Kita-Kinder - mit Lüftungsgeräten vor Corona schützen kann. Das Ergebnis der Diskussion im Stadtrat dazu war ein laues Lüftchen.
Ein Luftfilter der Firma Miele steht in einem Klassenraum der Integrierten Gesamtschule IGS Lehrte. Die Bundesregierung fördert mobile Luftfilter in Schulen. Dazu sollen den Ländern 200 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden.


Bürgermeister Jochen Vogel (CSU) klang schon ein wenig ungehalten. Ihm stieß auf, dass der Staat zwar darauf setze, dass die Schüler wieder leibhaftig im Unterricht sitzen, die Kindergartenkinder ihre Einrichtungen besuchen. Doch wie genau sie vor Corona in der Luft geschützt werden sollen - das sei nicht genau geregelt und durchdacht. Da würden die Kommunen weitgehend im Stich gelassen.

Das zeige sich beim Thema mobile Luftreinigungsgeräte. Ihre Anschaffung werde zwar finanziell gefördert, mit einem Anteil von bis zu 50 Prozent. Der Höchstbetrag liege bei 1750 Euro pro bestücktem Raum. Solch ein Gerät koste aber im Durchschnitt 5000 Euro. Billigere Geräte reichen einzeln oft nicht aus, um einen Raum effektiv zu entlüften; da bräuchte man mehrere, ergänzt Michael Worschech, Geschäftsleiter der Verwaltung, auf Nachfrage.

Die Verwaltung hat hochgerechnet, wie viele Geräte in Grund- und Mittelschule sowie den städtischen Kindergärten nötig wären. Sie kam auf insgesamt 30, die auf 19 Räume verteilt werden müssten. Das seien wohlgemerkt Zimmer, die nicht regelmäßig quergelüftet werden können beziehungsweise in denen die Luft nicht eh durch eine feste Anlage regelmäßig ausgetauscht wird.

Genau betrifft das die Grund- und die Mittelschule mit je vier Räumen, den Kindergarten Stadtmitte mit sieben sowie die eingruppigen Kindergärten in Römershag eins bis drei und Wernarz mit einem Bereich.

Summasummarum müsste die Stadt nach Vogels Rechnung also erstmal etwa 150000 Euro vorschießen. Hinzu kämen die Kosten für Installation und Betrieb. Geld, das die Kommune nur zu einem kleinen Teil, also 33250 Euro wiederbekommt. Dies ist aber eine spekulative Rechnung.

Der Bürgermeister stellte sich weitere Fragen: Solch ein mobiles Lüftungsgerät sei nicht ganz klein. Wo stelle man es hin? Wie gewährleiste man die Stromzufuhr? Sei das dann brandschutztechnisch sicher und erlaubt? "Außerdem gibt es Geräte, die einfach zu laut sind." Schüler und Lehrer könnten sich im Unterricht gestört fühlen. Ein Punkt, den David Fronczek (SPD) als Lehrer am Bad Brückenauer Gymnasium in der späteren Diskussion unterstrich.

Jochen Vogel gab auch einen Punkt zu bedenken, den ein Kollege in der Bürgermeisterdienstbesprechung aufgebracht hatte: Was geschieht mit den Lüftern, wenn die Pandemie vorüber ist? Die Horrorvision: Die Wertstoffhöfe stehen voller Geräte, weil sie doch nicht so lange benötigt werden.

Auch die Beschaffung der Lüfter dürfte kurzfristig schwierig werden. Denn laut Vogel werden sich viele Schulen und Kindergärten auf die Geräte stürzen, der Markt leergefegt sein könnte. Wann die Stadt Bad Brückenau etwas für ihre Einrichtungen tun könne, sei ungewiss, vielleicht erst zum nächsten Schuljahr. Ein weiterer Interessent für mobile Lüfter ist übrigens der Landkreis Bad Kissingen, der seine Bildungseinrichtungen - darunter vermutlich auch Gymnasium und Realschule in Bad Brückenau - mit diesen Geräten ausstatten möchte.

In der anschließenden Diskussion im Stadtrat kristallisierten sich zwei Meinungslager heraus. Die einen, darunter Heike Greenberg-Kremser und Jürgen Pfister (beide PWG), pochten auf die Fürsorgepflicht für die Kinder und Jugendlichen - und damit eine zeitnahe Entscheidung für die Lüfter.

Andere Stadträte folgten der Meinung von Bürgermeister Vogel, keinen Schnellschuss zu wagen, sondern eine überlegte, auf weiteren Erkenntnissen basierende Entscheidung zu treffen. Hartmut Bös (Grüne) meinte mit Blick auf die vergangenen beiden Lockdowns: "Wir müssten etwas machen, wenn es schnell gehen würde und die Garantie bestünde, dass die Einrichtungen offen bleiben. Aber nicht, wenn alles wieder geschlossen wird."

Stadtrat Dirk Stumpe (PWG) schlug vor, Kontakt zu Firmen aufzunehmen, die Lüftungsgeräte vermieten. Vielleicht brauche man sie, wenn die Corona-Pandemie in zwei bis drei Jahren im Griff sei, gar nicht mehr. Auch bei diesem Modell wäre die Stadt durch Wartungsverträge auf drei Jahre gebunden, informiert Worschech auf Nachfrage. Genauere Fakten dazu will die Verwaltung einholen.

Ebenso soll genauer festgelegt werden, welche Räume genau in den örtlichen Schulen und Kindergärten genau mit Lüftern ausgestattet werden sollen. Und was das Ganze kostet. Auf Basis dieser Informationen wird wahrscheinlich in der Stadtratssitzung im Oktober weiterdiskutiert.