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Brückenauer Stadtrat stellt sich neu auf


Autor: Ulrike Müller

Bad Brückenau, Freitag, 07. März 2014

Noch acht Tage bis zur Kommunalwahl. In Bad Brückenau werden die Weichen für den Stadtrat neu gestellt. Die acht Spitzenkandidaten liefern sich einen Schlagabtausch - wenn auch mit weichen Bandagen.
Josepha und Helmut Sharp kandidieren beiden für den Stadtrat Bad Brückenau. Sie für die CSU, er für die SPD. Foto: Ulrike Müller


Der Ton im Gasthaus "Krone" ist höflich. Ausgesprochen höflich sogar. Im kleinen Kreise treffen sich die jeweils ersten beiden Kandidaten der vier Listen, die für die Wahl des Stadtrats angetreten sind. Das sind im einzelnen die Christliche Soziale Union (CSU), die Freie Demokratische Partei zusammen mit den Freien Bürgern (FDP/FB), die Parteilose Wählergruppe - FW Freie Wähler (PWG) und die Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD). "Der Wahlkampf ist ruhig", stellt Adelheid Zimmermann (FDP) trocken fest. Sehr ruhig. Die Wahlplakate der SPD beispielsweise werden erst heute aufgehängt.

Themen gäbe es genug

Dabei ist es keinesfalls so, dass den Brückenauern die Themen ausgehen würden. Leerstände in der Innenstadt, klamme Kassen und der demografische Wandel sind nur einige Herausforderungen, denen sich die Kurstadt gegenüber sieht. "Im Prinzip haben wir alle dieselben Slogans, hab ich gemerkt", sagt Helmut Sharp, der als Neuling in der Kommunalpolitik gleich die Liste der SPD anführt. "Wir wollen kein parteipolitisches Gegeneinander", stellt Dieter Seban (CSU) klar. Und Birgit Poeck-Kleinhenz (53), Kulturreferentin und Fraktionssprecherin der PWG sagt: "Bei der Wahl geht's vor allem um Personen. Und es geht um das Beste für die Stadt."

Soso. Das Beste für die Stadt also. Für die Ludwigstraße zum Beispiel. "Wir brauchen Belebung, Attraktivität, Aktionen", setzt Seban auf die Zusammenarbeit mit dem Forum. "Wir müssen Forum, Gastronomie, Stadt und Hausbesitzer an einen Tisch bringen", sagt Pfister. "Die Öffnung der Fußgängerzone ist ein ganz massiver Wunsch der Ladenbesitzer", bringt Zimmermann zum wiederholten Mal die Idee vor, die Durchfahrtszeiten für den Verkehr zu erweitern. Das sind ja alles Ansätze. Ein schlüssiges Konzept allerdings sieht anders aus.

Ein schlüssiges Konzept vermisst auch Wolfgang Weller (48) von den Freien Bürgern, und zwar für die alte Bahntrasse durchs Sinntal. Der selbstständige Bauingenieur und Vorsitzende des Elternbeirates der Grundschule gründete unlängst eine Interessengemeinschaft, um die Reaktivierung der Sinntalbahn zu verhindern. Das sorgt für Zündstoff in der sonst so harmonischen Runde. "Das ist zu kurzfristig gedacht", widerspricht Benjamin Wildenauer. Der mit 29 Jahren jüngste Kandidat für den Stadtrat, der bei der Bundestagswahl für die Piratenpartei angetreten ist, hat sich zur SPD ins Boot gesetzt. Und dann ist er noch auf den Zug der Eisenbahnfreunde aufgesprungen: Als Kassier bringt er sich im Förderverein "Hessisch-Bayerische Sinntal-Kreuzbergbahn" ein. Er befürwortet den Erhalt der Bahnstrecke: "Wenn die Schiene einmal weg ist, kommt sie nicht mehr wieder."

Kritik an der Rhönallianz

Wolfgang Weller will davon nichts hören. Er favorisiert einen Radweg auf der Trasse. "Die Rhönallianz hat 88 Punkte in ihrem Integrierten Ländlichen Entwicklungskonzept verabschiedet. Eine Entscheidung für den Radweg steht aber nicht drin", kritisiert Weller. "Ich will als Brückenauer Stadtrat nicht entscheiden, ob in Oberbach ein Baum gepflanzt wird. Ich denke, dass die Rhönallianz so nicht funktioniert", stellt er das Bündnis der acht Kommunen im Altlandkreis Bad Brückenau grundsätzlich in Frage.

Diese Aussage ruft dann aber doch die langjährigen Stadträte auf den Plan, die die Allianz auf den Weg gebracht haben. "Die Rhönallianz ist die einzige Chance für uns in der Zukunft", sagt Zimmermann und Seban, Pfister und Poeck-Kleinhenz nicken energisch. "Die Allianz ist erst am Anfang", wirbt Manfred Kaiser (CSU), seit 24 Jahren im Stadtrat, um Geduld. Die einzelnen Projekte seien eine "Wunschliste", macht Poeck-Kleinhenz klar. Nun liege es bei den Stadt- und Gemeinderäten, diese Projekte auch anzupacken, fügt die Rechtsanwältin hinzu.

Eines muss man Weller lassen. Während die Ziele der Parteien gelegentlich den Klang von bloßen Absichtserklärungen haben - so schreibt die CSU in ihrer Wahlbroschüre von "zukunftsorientierter Stadtentwicklung" und die PWG hat gleich ganz auf ein Wahlprogramm verzichtet und nur Leitfäden defininiert - listet der ambitionierte Mann 13 Einzelprojekte auf seiner Homepage auf. Die Vorschläge reichen von einem sicheren Schulweg für die Grundschüler bis hin zur Benennung einer Straße oder eines Platzes nach David Schuster, der ein bekannter Jude der Stadt Bad Brückenau war.

Funktion als Mittelzentrum

Aber zurück zu den Leitfäden der PWG. Die Funktion von Bad Brückenau als Mittelzentrum für die ganze Region ist einer der Schwerpunkte, den Pfister und seine Kollegen gesetzt haben. "Wir haben Kindergärten, Schulen, ein Krankenhaus und die Musikschule", zählt er auf. Und Manfred Kaiser, der bei Abstimmungen im Stadtrat öfter querschießt, springt Pfister bei: "Wenn wir das halten, was wir geschafft haben, dann sind wir gut. Aber das allein ist noch nicht die Zukunft. Wir haben früher auf die Kur gesetzt, auf den Tourismus. Das reicht nicht mehr. Wir brauchen Gewerbe und Arbeitsplätze", sagt der 68-Jährige feurig. Man spürt ihm ab, dass er von der Lokalpolitik noch lange nicht genug hat.

Am 16. März entscheiden die Bürger über das Geschick der Stadt für die nächsten sechs Jahre, der Stadtrat wird erst wieder im Jahr 2020 gewählt. "Ich möchte Bad Brückenau als Wohnstadt etablieren", gibt Dieter Seban als Ziel aus. "Ich wünsche mir, dass wir eine familienfreundlichere Stadt werden", sagt Birgit Poeck-Kleinhenz. "Wir sind keine Seniorenstadt. Das Miteinander zwischen Alt und Jung macht eine Stadt lebenswert und auch liebenswert." Helmut Sharp will vor allem mitgestalten. "Ich lebe seit 50 Jahren in Bad Brückenau. Da wird es endlich Zeit, dass ich mich für die Stadt einsetze!"