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Blick zurück in die Vergangenheit


Autor: Marion Eckert

Weißenbach, Dienstag, 11. Juli 2017

Beim Historischen Dorffest gab es in Weißenbach viele Möglichkeiten, etwas über die letzten 700 Jahre in dem Ort zu erfahren.
Die alten Bilder von Weißenbach waren ein Anziehungspunkt für die vielen Besucher des Dorffestes. Foto: Marion Eckert


Das kleine Dörfchen Weißenbach ist ein historisches Kleinod. Auf eine 700-jährige Geschichte blickt der Ort in diesem Jahr zurück und feiert dieses Jubiläum während des Jahres mit verschiedenen Aktionen. Stets gehe es dabei um die Freude auf dem Land zu leben, um "Land Lust" und "Land Kunst", erklärte eine der Organisatorinnen Karola Helfrich. "Das Schloss mit seinen dazugehörige Gebäuden prägt das Profil von Weißenbach."
Im Ensemble rund um das Barockschloss mit dem Garten, den ehemaligen Stallungen und Nebengebäuden wurde das historische Dorffest abgehalten, das von den örtlichen Vereinen (Feuerwehr, Gesangsverein und
Jugendclub) organisiert wurde.
"Wir wollen unser Jubiläum Häppchenweise auskosten", sagte Helfrich. Beim historischen Dorffest stand die Geschichte im Vordergrund mit Führungen durch den Ort, Ausstellungen und natürlich dem "Weiher in Flammen". "Wir wollen zeigen wie schön das Leben auf dem Land ist. Die Schönheit des Landlebens kann bei uns neu entdeckt werden". Mit dem Jubiläumsfest sollten "Perlen auf dem Land" dargestellt werden.
Ein Anziehungspunkt waren die alten Ansichten aus früherer Zeit. Das Schloss und die Schlossbediensten aus dem Jahr 1915, Waldarbeiter aus den 30er Jahren, Pferdeschlitten in den 40er Jahren. Das erste Auto von Weißenbach und die vielen kirchlichen und bäuerlichen Anlässe im Jahreslauf: Fronleichnam, Hochzeit, Erntedank, Kirmes, Heuernte, der Festzug mit den Ehrenjungfrauen, der Melkkurs von 1953, Schlachttag und viele viele mehr.
Auch die alten Schulwandbilder faszinierten. Die zeigten Märchen wie der Wolf und die sieben Geißlein, aber auch Dinge, die die Schulkinder früherer Zeit lernen mussten: Hühnervolk, Schmetterlinge, Doldengewächse oder Teichpflanzen. Karola Helfrich sammelt diese Schulwandbilder und stellte sie für das Fest zur Verfügung. "Es ist schon märchenhaft, wie Weißenbach liegt" , sagt sie.


Führungen mit Gedichten

Höhepunkte des Festes waren die historischen Dorfführungen an beiden Tagen, die stets sehr gut angenommen wurden. Werner Scheit und Arno Müller gelten als wandelnde Geschichtsbücher von Weißenbach. Sie sind hier aufgewachsen und dem Ort mit seiner Geschichte von Kindesbeinen an verbunden. Neben Zahlen und Fakten gab es auch viele Anekdoten zum Schmunzeln, Gedichte und kleine Geschichten.
Auf den 22. Mai 1317 ist die erste Erwähnung von Weißenbach im Lehnbuch des Grafen von Henneberg datiert. Eine frühere Eintragung im Kloster Schlüchtern aus 1015 existiere, sei aber offiziell nicht anerkannt, sagte Arno Müller. 1345 kamen die "von Thüngen" nach Weißenbach. Sie bewohnen heute noch das Schloss. 1577 wurde das erste Wasserschloss errichtet, das zweite Schloss folgte 1680 und das heutige Schloss wurde 1784 gebaut. In Weißenbach gab es früher ein Ziegelei und eine Glashütte im Glaswald. Aschensieder stellten Pottasche her. Im 30-jährigen Krieg wurde Weißenbach schwer heimgesucht. Durch Hungersnot und Seuchen wie die Pest lebte nur noch eine Familie im Dorf, der Pestfriedhof erinnerte an diese schreckliche Zeit.


Erinnerung an Beschuss

Die Brücke, die in den Schlosshof führt, war 1945 Schauplatz eines Ereignisses, an das sich Werner Scheit noch gut erinnern kann. Fünf Jahre war er und wartete auf den Milchwagen, als feindliche Tiefflieger das Fahrzeug unter Beschuss nahmen. Der Fahrer konnte sich retten, der Wagen wurde immer wieder beschossen. Schließlich rannte der Junge nach Hause: "Mama ich hab die Männer im Flieger gesehen". So niedrig seien die geflogen. Die Mutter wurde durch ein Wunder vor einem Geschoss gerettet. Es flog durch den Küchenschrank, die Kaffeedose und blieb in der Nudelschüssel stecken.
Der "Blaue Turm" ist das älteste Gebäude im Ortes aus dem 14. oder 15. Jahrhundert. Es war früher wohl der Turm einer Vogtei. Seinen Namen hat er von der Blaufärbung des Wassers im Turm. Eine Schlossbrauerei hatte Weißenbach von 1826 bis 1884. In dieser Zeit wurden die unterirdischen Keller der ehemaligen Zentscheune als Eiskeller verwendet. Besichtigt wurde auch ein Teil der Keller. Der Eingang befindet sich unter der Evangelischen Kirche, die einst Zentspeicher war und 1680 zu Kirche umgebaut wurde. Die Weiher sind künstlich angelegt worden, um Eis für die Eiskeller, zum Kühlen von Bier und Wildbret zu haben. "Viele Geschichten gäbe es zur Geschichte von Weißenbach zu erzählen", sagte Müller immer wieder.