Bad Brückenau: Was macht Corona mit der Kultur?
Autor: Ulrike Müller
Bad Brückenau, Donnerstag, 23. April 2020
Kino, Musikschule, Kammerorchester, Fahrradmuseum und Galerie sind geschlossen. Unmittelbar in seiner Existenz bedroht ist aber keiner der Kulturträger.
Wer sich mit den Kulturschaffenden der Stadt unterhält, der stößt zunächst auf eine erstaunliche Erkenntnis: Kino, Musikschule, Kammerorchester, Fahrradmuseum und Galerie sind in einem Ort vertreten, der es gerade einmal auf rund 6500 Einwohner bringt. Kaum, dass diese Information verdaut ist, folgt der nächste positive Aspekt. Weil die Kulturlandschaft der Stadt so aussieht, wie sie eben aussieht, schlagen die Auswirkungen von Corona nicht wie ein Hammer zu. Oder noch nicht.
Die Rhönlichtspiele beispielsweise sind natürlich geschlossen so wie alle Kinos im Land. Doch weil das Kino ein Familienbetrieb und im Wohnhaus der Familie untergebracht ist, passiert im Moment nicht sehr viel mehr, als dass gerade keine Vorführungen laufen. Für eine Mitarbeiterin hat Carola Berner-Löhmer Kurzarbeit angemeldet. Die Soforthilfe des Freistaats Bayern "war nach 14 Tagen da", sagt die Kino-Betreiberin. "Das ist im Moment gut zu bewältigen."
Keine Miete fällig
Froh ist Berner-Löhmer darüber, dass sie nicht eine horrende Miete, wie sie in großen Städten üblich ist, für das Kino zahlen muss. Und auch ein anderer Kulturträger profitiert enorm davon. Die Galerie Form+Farbe in der Bahnhofstraße darf kostenfrei die Räume der Familie Hohmann nutzen. Aufsicht, Reinigung, Auf- und Abbau der Ausstellungen werden ehrenamtlich geleistet. Initiator Hans Dietrich Unger musste weder Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken noch Soforthilfe beantragen. Dafür bekommt er die Nöte der Künstler hautnah mit.
Er berichtet von einem Vater von zwei Kindern, der in Hamburg in einer Mietwohnung lebt. Die Einnahmen brechen ihm weg. Seine Frau hatte vor Corona eine neue Arbeitsstelle angetreten. Wegen der Wirtschaftskrise wurde sie noch in der Probezeit entlassen. "Keine Lohnfortzahlung, kein Kurzarbeitergeld", sagt Unger. Die Familie bekomme jetzt Hartz IV.
Solche Schicksale bewegen. Sie bewegen auch Pavol Tkac, Manager des Bayerischen Kammerorchesters (BKO) im Staatsbad. Das BKO ist ein Projektorchester. Die Musiker sind auf Konzerte angewiesen - doch die werden gerade überall gestrichen. Tkac kritisiert die "völlig sinnlose Trennung zwischen Wirtschaft und Kultur". Ihm mache aber Hoffnung, dass die Existenznöte von Künstlern zunehmend in die Wahrnehmung der Regierung rückten.
Rückwirkend ab März hat das BKO für die Mitarbeiter in der Geschäftsstelle und den Dirigenten Kurzarbeit beantragt. Auch ein Antrag auf Soforthilfe wurde gestellt. Bisher hat Tkac aber weder eine Information darüber erhalten, ob das Orchester überhaupt berechtigt ist, noch Geld. Ob das Sommerkonzert am 18. Juli gespielt werden kann, ist ebenfalls offen.
Unterricht per Videokonferenz
Auch wenn viele die Entscheidung, Geschäfte bis zu einer Größe von 800 Quadratmetern zu öffnen, kritisieren - für den Orchestermanager wäre genau so eine Zahl hilfreich. "Es ist nicht klar definiert, was mit dem Begriff Großveranstaltung gemeint ist", sagt er mit Blick auf Söders Worte, dass bis Ende August solche Veranstaltungen verboten sind. "Ich merke, dass die Unsicherheit nach wie vor groß ist", sagt Tkac.