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Bad Brückenau: Was Kinder vom Krieg wissen wollen


Autor: Julia Raab

Bad Brückenau, Montag, 25. April 2022

Der Krieg in der Ukraine lässt auch die Schüler der Grundschule Bad Brückenau nicht kalt. Einige der Kinder haben selbst Flucht oder Auswanderung miterlebt. Wie gehen die Lehrkräfte damit um?
Die Kinder aus der 3b haben viele Fragen zum Krieg in der Ukraine. Foto: Julia Raab


Zuerst ist es ganz still im Klassenzimmer. Es dauert eine lange Minute, bis die erste Hand sich hebt. Die Frage arbeitet in den Kinder, das ist zu sehen. Als erstes meldet sich ein Mädchen, dessen Eltern aus der Türkei stammen. Sie berichtet, wie der Vater Familie und Freunde zurücklassen musste. Ihre Stimme wird leise.

Dann bricht es aus den Drittklässlern der Grundschule Bad Brückenau heraus, jeder weiß etwas zum Thema Flucht, Krieg und die aktuelle Situation an der Grenze von Europa. "Wie gehe ich richtig mit dem Thema in der Schulklasse um?", fragt sich Klassenlehrerin Ursula Schubert seit dem Ende der Faschingsferien. Damals rückte das russische Militär das erste Mal in die Ukraine ein.

Für sie ist es unvorstellbar, was die Bevölkerung dort durchmachen muss. "Ich möchte den Kindern keinen Angst machen", sagt die Lehrerin. Allerdings: Die Ukraine sei nicht so weit weg, dass es uns nicht betrifft. Und außerdem möchte sie den Kindern bei der Einordnung der Geschehnisse helfen. "Ich bin offen für Fragen, die von den Kindern kommen", sagt Schubert.

Auch sie wurde im Unterricht schon mit russischer Propaganda konfrontiert. Darauf zu antworten findet sie schwierig. "Ich möchte den Schülern auf keinen Fall ihre Meinung absprechen, versuche aber aufzuzeigen, wie vielschichtig das Thema ist", erklärt sie. Und wie es aus ihrer Klasse herauszuhören ist, gelingt das bei vielen Kindern.

Seit kurzem besuchen fünf ukrainische Kinder die Grundschule in Bad Brückenau. Sie wurden auf verschiedene Klassen verteilt, erklärt Schulleiterin Barbara Buz. "Eine Willkommensklasse können wir nicht einrichten, dazu fehlt uns das Personal", sagt sie, das sei "alles andere als einfach".

Sie weiß, dass noch viel mehr Kinder kommen werden. Allerdings ist die Zahl noch unklar und ändert sich immer wieder. "Wie viele es sind, ist aber wichtig zu wissen für die Planung der Neueinschulungen im kommenden Schuljahr, ob wir zwei oder drei Klassen bilden", betont sie das Dilemma.

INFOKASTEN

Kinder spenden an die Ukrainehilfe

Lehrerin Ursula Schubert wollte nicht untätig sein. Sie starteten mit ihrer Klasse eine Fastenbrotaktion. Die Schüler bereiteten dafür Butterbrote mit Apfel und Karotte vor. "Das sollte absichtlich eine eher magere Mahlzeit sein", erklärt die Lehrerin. In der Pause verkauften die Kinder die Mahlzeit und sammelten so insgesamt 473 Euro ein. Das Geld überwies die Lehrerin an den Verein Bad Brückenau hilft.

Personeninfos:

Laura (9 Jahre)

Die Schülerin weiß, dass der russische Präsident die Unwahrheit sagt. "Putin schiebt die Schuld auf die Ukraine, und dass die Ukrainer mit dem Krieg angefangen haben", sagt Laura. Und manche in der russischen Bevölkerung wüssten das auch und würden deshalb das Land verlassen. Auch auf uns habe das Auswirkungen. "Das Benzin wird teurer und zeitweise gab es kein Sonnenblumenöl mehr", sagt sie.

Max (9 Jahre)

In den Nachrichten hat der Schüler gesehen, dass Putin nur ein kleines Stück der Ukraine wolle. "Aber jetzt ist das russische Militär schon viel weiter gegangen", sagt Max. Darüber wundert er sich sehr und bezweifelt auch weitere Aussagen des russischen Präsidenten. Es flüchten oft nur Frauen und Kinder. "Die Männer müssen kämpfen", sagt Max. Und vielleicht sehen sich manche Familien nie wieder.

Esma (8 Jahre)

Sie kann sich vorstellen, wie schlecht es den Menschen in der Ukraine gerade geht. "Jeder möchte sicher leben und das geht aktuell nicht", sagt Esma. Ihre Eltern stammen aus der Türkei und haben in Deutschland Arbeit gefunden. Sie weiß dadurch, dass die Flüchtlinge sicherlich ihre Verwandten vermissen und traurig sind.

Radan (10 Jahre)

Der Schüler ist mit seinen Eltern vor einigen Jahren aus Nordmazedonien nach Deutschland geflohen. An seine frühe Kindheit hat er aber gute Erinnerungen. "Es war wirklich sehr schön in meiner Heimat", sagt der Junge. Als er von zuhause weg musste, war das sehr schlimm für ihn. Daher kann er sich vorstellen, wie die Kinder aus der Ukraine sich hier fühlen müssen.

Josefina (9 Jahre)

Die Schülerin kann nicht verstehen, wie sich die Menschen in Russland verhalten. "Warum dürfen sie nicht ihre eigene Meinung sagen?", fragt sie. Sie meint, dass die Menschen dort sich von dem russischen Präsidenten erpressen lassen. "Aber wenn sie nicht tun was er sagt, dann kommen sie ins Gefängnis", ergänzt ihre Lehrerin.