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Bad Brückenau: Tätsch'r feiern 125-jähriges Bestehen


Autor: Ulrike Müller

Bad Brückenau, Dienstag, 30. Sept. 2014

Den Tätsch'rn gehören laut Vereinssatzung nur Männer an. Doch ohne eine Frau - und einen Kuchen - würde es den Traditionsverein überhaupt nicht geben...
Der "Tätsch'r-Brunnen" vor dem Alten Rathaus ist das erste große Projekt des Vereins zur Verschönerung der Stadt. Er wurde 1967 gebaut. Fotos: Ulrike Müller


Sie wurde von den Tätsch'rn glühend verehrt: Emma Reinwald, junge Wirtin des ehemaligen "Hotel Post" in der Ludwigstraße. An ihrem Namenstag 1888 beschloss eine Reihe junger Männer, ihr eine "echte Freude mit einem besonders großen Kuchen" zu bereiten - so jedenfalls erzählt es die Vereinschronik.

Groß wurde der Kuchen in der Tat, das Blech war etwa 130 Zentimeter lang und 80 Zentimeter breit. Gerade so passte es in den Ofen. Stolz präsentierten die Männer ihr Werk. Doch als sie das Laken hoben, mit dem sie den Kuchen zum Transport abgedeckt hatten, rief einer: "Ach, du lieber Gott, etz isser ons a noch zommgetätscht!"

Mit Frack und Zylinder

Der Spruch war der Lacher schlechthin und wurde zum Namensgeber für den "Tätsch'r-Kuchen-Verein", der im November 1889 gegründet wurde. "Wir wollen etwas für die Stadt tun", erklärt Roland Dernbach. Und dann zählt der Schriftführer des Vereins auf: Das Brauchtum und die Sprache erhalten, die Tradition sowieso und hier und da etwas für die Verschönerung der Stadt tun.

"Es ist schon schön, wenn man sieht, was alles schon entstanden ist", sagt Dernbach und blättert durch die Broschüre, die die Tätsch'r zum Jubiläum neu aufgelegt haben. Ganz der Tradition gemäß feiern die Tätsch'r mit einem "Doachrewell". Die Männer - denn bis heute dürfen nur Männer im Verein Mitglied werden - ziehen in Frack und Zylinder durch ihre Heimatstadt und machen an jedem Bauwerk, dass sie errichtet haben, Station. Doch in einem Punkt werden sich die Tätsch'r untreu. Statt um aller Frühe um 6 Uhr zu starten, beginnt der Festumzug erst um 10 Uhr - "damit die Einwohner auch was mitkrieg'", erklärt Dernbach.

Traditionsverein mit einem Hauch von Elite

Es ist nicht leicht, im Verein Mitglied zu werden. In geheimer Abstimmung entscheiden die Tätsch'r über die Kandidaten. Diese sollten "männlich und unbescholten" sein, sagt Dernbach, "und am besten in Bad Brückenau geboren. Aber seitdem es hier keine Geburtsstation mehr gibt..." Auch ein Verein wie die Tätsch'r musste da ein bisschen mit der Zeit gehen und seine Statuten anpassen. Das gilt für die Herkunft, nicht aber fürs Geschlecht.

Emma Reinwald und ihre Schwiegermutter blieben die einzigen Frauen, die sich jemals zu den Tätsch'rn zählen durften. Zweitere ließ sich einfach nicht mehr sehen, bis man ihr um des lieben Friedens willen die Mitgliedschaft anbot. Auf Facebook würde man da glatt "Gefällt mir" klicken. Doch die Tätsch'r sagen lieber "Gut Reif!"