Bad Brückenau: Klinik Hartwald mit neuem Schwerpunkt
Autor: Ulrike Müller
Staatsbad Brückenau, Freitag, 03. Februar 2017
Die Klinik Hartwald ordnet schrittweise 80 Betten der Psychosomatik zu. Damit stimmt das Haus sein Angebot besser mit der Sinntalklinik ab.
Es ist eine logische Konsequenz. Mit der Etablierung der Psychosomatik an der Klinik Hartwald wird eine Doppelstruktur abgeschafft, denn für Patienten mit Leiden des Urogenitalsystems gibt es zwei Ansprechpartner im Staatsbad: die Klinik Hartwald und die nicht weit entfernte Sinntalklinik. Zweite baute den Schwerpunkt Urologie seit dem Chefarztwechsel im Jahr 2013 von Prof. Emanuel Fritschka auf Prof. Dirk Engehausen aus. Die 80 Betten in der Hartwaldklinik, die ebenfalls für urologische Patienten vorgesehen waren, werden nun stufenweise der Psychosomatik zugeordnet. "Das ist eine zukunftsweisende Entscheidung", bewertet Prof. Christoph Reichel, ärztlicher Direktor, die Entwicklung.
Druck in Arbeitswelt nimmt zu
Seit Juli ergänzt Jens Aron als Chefarzt Psychosomatik das medizinische Team. Der gebürtige Berliner war von 2006 bis 2016 leitender Oberarzt der Dr. Becker Burg-Klinik in Stadtlengsfeld, die auf psychosomatische, psychiatrische und psychotherapeutische Rehabilitation spezialisiert ist. Psychosomatik, also die Wechselwirkung zwischen seelischen und körperlichen Erkrankungen, sei inzwischen die zweithäufigste Ursache aller medizinischer Rehabilitationen, die die Deutsche Rentenversicherung Bund gewähre, gibt Aron einen Einblick. Und: "Psychische Erkrankungen sind heute der häufigste Grund, warum Erwerbsminderungsrenten gezahlt werden", sagt Aron.Nun sei es nicht so, dass mehr Leute an Depressionen und anderen psychischen Krankheiten leiden als früher, erklärt Aron. Es werde nur häufiger identifiziert. "Das liegt auch an der Verdichtung der Arbeit", ergänzt Reichel. Sei es früher noch möglich gewesen, dass das Team zeitweise Leistungsminderung eines Kollegen auffange, werde das heute nicht mehr toleriert. "Da haben wir zusehends Menschen, die diesen Arbeitstakt nicht mehr schaffen."
Entwicklung stärkt Standort
"Ziel der Behandlung hier ist, die Patienten dafür zu sensibilisieren, sich selbst zu helfen, damit sie ihren Alltag bewältigen können", sagt Aron. Mancher müsse da erst einsehen, dass beispielsweise eine Depression keineswegs eine Einzelerscheinung sei. "Jeder fünfte erkrankt mindestens einmal im Leben an einer Depression", erklärt der Chefarzt. Im Übrigen passen die Heilquellen, insbesondere der Siebener, sehr gut ins Konzept der Psychosomatik, sagt Aron. Nicht nur wegen der Zusammensetzung des Wassers, sondern vor allem wegen des Gesamtkonzepts. "Die Menschen lernen, wieder zu genießen."Der Ausbau der Psychosomatik beschäftigt die Klinikleitung schon seit Jahren. Zum 1. September 2016 wurden die ersten 20. Betten zur Verfügung gestellt, seit Dezember sind es 40. Im April wird die Zahl auf 60 aufgestockt. Zum 1. Juli schließlich ist die Einführung des neuen Schwerpunkts abgeschlossen. Für Reichel ist die Entwicklung Ausdruck vorausschauender Kapazitätenplanung. Die Deutsche Rentenversicherung Bund sei darum bemüht, sich möglichst effizient aufzustellen. "Wir gehen davon aus, dass sie auch weiterhin zu ihrem Engagement steht", sagt Reichel in Hinblick auf den Standort.
Profil des Reha-Zentrums Klinik Hartwald:
Gründung Am 30. August 1973 wurde die Hartwald Kurklinik mit 288 Betten eröffnet. Nach mehreren Modernisierungen folgte die umfassende Sanierung der Klinik von 2003 bis 2005. Heute bietet das Haus 228 Betten für Reha-Patienten an.
Profil Seit 1979 werden vor allem Krankheiten des Verdauungssystems, des Urogenitalsystems und Onkologische Krankheiten in der Klinik Hartwald behandelt. Seit Sommer 2016 wechseln 80 Betten der Urologie stufenweise zur Psychosomatik. Damit verschiebt sich das Profil der Klinik hin zu psychischen Erkrankungen, wobei Behandlungen von Magen- und Darmerkrankungen auch weiterhin im Vordergrund stehen.
Kooperation Im Jahr 2007 vereinbarten die Träger der Klinik Hartwald (Deutsche Rentenversicherung Bund) und der Sinntalklinik (Deutsche Rentenversicherung Nordbayern) eine Koopperation. Beide befinden sich im Staatsbad. Die Zusammenarbeit ist mittlerweile konkret geworden: Seit 2015 leistet die Klinik Hartwald die gemeinsame Speisenversorgung. Auch in der Klinikleitung wurden Synergien geschaffen: Seit 2013 ist Stefanie Leitsch kaufmännische Direktorin für beide Kliniken.