Bad Brückenau: Ist die Stichwahl ungültig?
Autor: Ulrike Müller
Bad Brückenau, Dienstag, 31. März 2020
Die Stadt Bad Brückenau stellt Strafanzeige, weil etwa 200 Briefwahlunterlagen verschwunden sind. Die Kriminalpolizei untersucht den Fall. Den Ausgang der Wahl beeinflusst das vermutlich nicht.
Die verschwundenen Briefwahlunterlagen haben womöglich ein juristisches Nachspiel. Die Kriminalpolizei Schweinfurt ermittelt, nachdem Bürgermeisterin Brigitte Meyerdierks (CSU) am Freitagabend Strafanzeige gegen Unbekannt bei der Polizei gestellt hat. "Ich habe mich für diesen Schritt entschieden, weil auf Facebook entsprechende Äußerungen gemacht wurden, hier würde etwas vertuscht", sagt die Bürgermeisterin. Bewusst sei sie vor dem Wahltermin aktiv geworden und habe auch den Stadtrat informiert. "Wir haben in unserer Stadtverwaltung ordentlich gearbeitet", stellt sie klar.
"Die Kripo Schweinfurt prüft aktuell, ob überhaupt ein Straftatbestand vorliegt", gibt Enrico Ball von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Unterfranken Auskunft. Bisher hätten die Beamten noch nicht nachvollziehen können, wo genau die Briefe verloren gegangen sind. Ball rechnet aber mit einem Ergebnis der Ermittlungen bis nächste Woche.
Geschätzt 200 Unterlagen seien weggekommen, berichtet Wahlleiter Michael Worschech. Betroffen waren mehrere Straßen im Bereich der Kernstadt: Hofgasse, Sinnaustraße, Sinntor, Unterhainstraße, Wiesenstraße - um nur einige zu nennen. "Wir können nachweisen, dass wir spätestens am Montag vor der Wahl alle Briefwahlunterlagen ausgegeben haben", sagt Worschech. Die Stadt habe damit die Frist eingehalten.
Menschen hatten Angst, sich zu infizieren
Der Wahlleiter geht davon aus, dass eine oder zwei Kisten auf dem Postweg verloren gegangen sind. Bereits am Donnerstag fiel der Verwaltung auf, dass einige Briefe ihr Ziel nicht erreicht hatten. Die betroffenen Bürger konnten am Samstag auf dem Rathaus neue Unterlagen holen, wenn sie eidesstattlich versicherten, diese nicht per Post erhalten zu haben. Knapp 50 Wahlberechtigte hätten diese Möglichkeit genutzt, sagt Worschech.
Er stellt klar, dass dieses Vorgehen keine Sondermaßnahme war. Auch ohne eine Unregelmäßigkeit sei die Stadtverwaltung verpflichtet, am Tag vor der Wahl Bürgern, die womöglich die Briefwahlunterlagen nicht per Post erhalten haben, Ersatz zu beschaffen. Dass nicht alle Wahlberechtigten dieses Angebot nutzten, ist offensichtlich. Wie die Redaktion erfuhr, scheuten manche Bürger den Weg ins Rathaus aus Angst, sich mit dem Coronavirus zu infizieren.
Stumpe will Ergebnis nicht anfechten
Der Vorfall könnte Anlass geben, das Wahlergebnis anzufechten. Doch der unterlegende Bürgermeisterkandidat Dirk Stumpe (PWG) sagte schon am Wahlabend, dies sei keine Option für ihn. Er hatte 439 Stimmen weniger als der zukünftige Bürgermeister Jochen Vogel (CSU) erhalten. Selbst wenn alle, die keine Unterlagen bekommen hatten, für ihn gestimmt hätten, würde dies am Ergebnis nichts ändern. "Das Ergebnis ist so klar", macht Stumpe deutlich, dass er bei seiner Entscheidung bleibt.
Aus dem Landratsamt heißt es: "Im Moment sind uns zu wenige gesicherte Fakten über den Vorgang bekannt. Im Falle einer Wahlanfechtung wird die Rechtsaufsichtsbehörde den Vorgang überprüfen."