Bad Brückenau: Haushalt 2017 wird beraten
Autor: Ulrike Müller
Bad Brückenau, Freitag, 10. März 2017
Am Samstag diskutiert der Stadtrat über den Haushalt 2017. Im Interview spricht Kämmerer Leo Romeis über wichtige Eckdaten - und den Zwiespalt der Stadt.
An diesem Wochenende berät der Stadtrat über das laufende Haushaltsjahr. Leo Romeis, Sachbereichsleiter Finanzen, Bauen und Tourismus, spricht über wichtige Investitionen, die Entwicklung der Schulden und den Zwiespalt der Stadt, der auch für ihn nicht zu lösen ist.
Herr Romeis, als Herr der Zahlen haben Sie einen guten Überblick über die Finanzen. Wie hat das vergangene Jahr abgeschlossen?
Leo Romeis: Es sieht eigentlich ganz gut aus. Nach dem vorläufigen Jahresergebnis haben wir 2016 im Ergebnishaushalt einen Überschuss von rund 650.000 Euro erwirtschaftet. Geplant war ein Minus von 77.000 Euro.
Auch im Jahr 2015 gab es schon einen unerwarteten Überschuss. Wie bewerten Sie die aktuelle Haushaltssituation allgemein?
Der positive Trend hat sich gefestigt, was sicher die konjunkturelle Lage in ganz Deutschland widerspiegelt. Das sieht man deutlich bei unseren Einnahmen aus der Gewerbesteuer: Vor einigen Jahren konnten wir mit rund 400.000 Euro rechnen. Im vergangenen Jahr waren es 1,5 Millionen Euro und für dieses Jahr gehe ich von Einnahmen aus Gewerbesteueranteilen von 1,35 Millionen Euro aus.
Die Stadt nutzt die Chance und stößt wichtige Projekte an. Wieviel Geld wird in den kommenden Jahren investiert werden?
Der Entwurf, der dem Stadtrat vorliegt, sieht in den kommenden vier Jahren Investitionen in Höhe von fast 19 Millionen Euro vor. Die Generalsanierung der Mittelschule allein wird nach heutigen Kenntnisstand 8,7 Millionen Euro kosten. Baustart soll im Juni 2018 sein. Die Erweiterung des Kindergartens um weitere Krippenplätze, bei der wir ja auch den Brandschutz gleich auf den neuesten Stand bringen, beläuft sich auf etwa 930.000 Euro. Außerdem steht der Neubau des Kindergartens in Volkers und die Sanierung des Parkplatzes in der Ernst-Putz-Straße an. Erstmals berücksichtigt der Haushaltsentwurf auch den Bau des Radwegs auf der Bahntrasse. Für den Grunderwerb sind 160.000 Euro eingeplant, eine Asphaltierung würde - nach erster grober Kostenschätzung - der Stadt ungefähr eine Million Euro Kosten.
In den vergangenen drei Jahren konnte die Stadt aufgrund der guten Jahresergebnisse auf die Aufnahme neuer Schulden verzichten, obwohl diese zum Teil geplant war. Wird die Stadt an diesem Kurs festhalten?
Diese Entscheidung treffen die Stadträte. Ich gehe aber nicht davon aus, dass Investitionen dieser Größenordnung ohne die Neuaufnahme von Krediten zu stemmen sein werden.
Was heißt das?
Der Haushalt 2017 mit Finanzplanung sieht die Aufnahme von 2,5 Millionen Euro in den nächsten vier Jahren vor, davon 700.000 Euro allein in diesem Jahr. Gleichzeitig sind aber Tilgungen in Höhe von 1,2 Millionen Euro bis 2020 geplant. In konkreten Zahlen heißt das, Ende 2016 hatte die Stadt rund 2,43 Millionen Euro Schulden. Laut Plan werden es zum Ende 2020 3,7 Millionen Euro sein.
Ist ein vollständiger Schuldenabbau aus Ihrer Sicht sinnvoll?
Betriebswirtschaftlich wäre es einerseits sinnvoll. Andererseits wird bei der Zuweisung von Fördergeldern der Schuldenstand einer Kommune berücksichtigt. In einem angemessenen Umfang kann man sicherlich die Verschuldung einer Gemeinde immer wieder mittragen.
Seit 2014 bekommt die Stadt vom Freistaat Bayern Stabilisierungshilfe, insgesamt 700.000 Euro. Was bedeutet das für den städtischen Haushalt?
Zum einen bedeutet das, dass die Stadt mit höheren Förderquoten rechnen kann. Wo üblicherweise 50 Prozent gewährt werden, sind so 70 Prozent oder mehr möglich. Das ist natürlich ein Vorteil. Zum anderen ist die Stabilisierungshilfe an die Bedingung geknüpft, den Haushalt langfristig zu konsolidieren.
Im vergangenen Jahr mahnte die CSU, diese Konsolidierung sei noch nicht so konsequent umgesetzt worden wie eigentlich nötig. Sehen Sie noch Einsparpotenzial?
In Bad Brückenau ist die Haushaltslage wie in vielen anderen Kommunen angespannt. Luxusprojekte haben wir uns schon seit etlichen Jahren nicht mehr geleistet, daran ändert auch die gute konjunkturelle Lage nichts. Wo man bei den Ausgaben noch sparen sollte, weiß ich nicht. Als Mittelzentrum leistet sich Bad Brückenau eine Stadtbibliothek. Kammerorchester, Musikschule und Fahrradmuseum erhalten jährlich Zuschüsse. Sind das alles freiwillige Leistungen, die man einfach streichen sollte? Aus meiner Sicht nicht.
Dazu kommt der Bereich Kur mit eigener Tourist-Info und Sinnflut, die wiederum Geld kosten.
Dieses Standbein haben die Stadtväter schon vor vielen Jahren begründet, als sie nicht auf Industrie, sondern auf Erholung setzten. Dazu kommt, dass alle Kindergärten von der Stadt betrieben werden, was hohe Personalkosten verursacht. Allein in den vergangenen zwei Jahren hat es beim Kindergartenpersonal Lohnerhöhungen von rund zwölf Prozent gegeben. Deshalb sollte auch eine Anpassung der Elternentgelte wieder erfolgen. Auch das ist eine Sondersituation, da bleibt ein Zwiespalt, der sich langfristig nicht auflösen lässt. Trotz allem sehe ich die finanzielle Lage im Moment als gefestigt an, auch wenn wir im laufenden Jahr erneut ein negatives Jahresergebnis in Höhe von 427.000 Euro eingeplant haben.
Sehen Sie Spielraum für eine Personalaufstockung beim Bauhof?
Der städtische Haushalt wird angespannt bleiben, deshalb stehe ich einer Personalaufstockung kritisch gegenüber. Entscheiden muss das aber der Stadtrat.
Es gibt Stimmen, die eine Erhöhung der Grundsteuer fordern. Die Hebesätze sind seit 1992 nicht mehr angepasst worden. Ist das aus Ihrer Sicht ein Ansatzpunkt?
Ich sehe es als schwierig an, eine Personengruppe einseitig zu belasten, um die Haushaltslage zu verbessern. Die städtischen Hebesätze liegen im Vergleich zu umliegenden Gemeinden im oberen Bereich. Es würde sich zudem unmittelbar auf die Mieten auswirken.
Andere fordern, die Gewerbesteuer, die 2014 erhöht wurde, wieder zu senken, um Gewerbe anzusiedeln. Eine gute Idee?
Aus meiner Sicht ist es nicht sinnvoll, eine Konkurrenzsituation zwischen den Kommunen zu schaffen. Für mich ist das kein wesentlicher Mosaikstein, der einen Betrieb veranlassen würde, seinen Standort zu wechseln.
Das Gespräch führte Ulrike Müller.
Termin Am heutigen Samstag, 11. März, findet die öffentliche Beratung des Haushaltsplans statt. Beginn ist um 9 Uhr in der Georgi-Halle. Das Treffen ist bis 16.30 Uhr angesetzt, die Dauer ist erfahrungsgemäß aber schwer vorhersehbar. Deshalb ist am Montagabend ein weiterer Termin geplant.