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Bad Brückenau: Gutachten zu Heilquellen


Autor: Ulrike Müller

Bad Brückenau, Freitag, 13. November 2015

Die beiden Heilquellen im Stadtgebiet fristen ein Schattendasein. Nun hat Professor Christoph Gutenbrunner von der Medizinischen Hochschule Hannover Georgi-Sprudel und Siebener untersucht - mit einem überraschenden Ergebnis.
Am Georgi-Sprudel: Professor Christoph Gutenbrunner von der Medizinischen Hochschule Hannover stellt den Bad Brückenauer Heilquellen ein sehr gutes Zeugnis aus. Foto: Ulrike Müller


Im Auftrag der Stadt hat Prof. Christoph Gutenbrunner die Heilquellen im Stadtgebiet (Georgi-Sprudelund Siebener Quelle) untersucht. Er leitet das Institut für Balneologie (Bäderkunde) und Medizinische Klimatologie und ist Chefarzt der Klinik für Rehabilitationsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover. Zudem ist er Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Balneologie und Medizinische Klimatologie. Im Gespräch mit der Saale-Zeitung zeigt sich Gutenbrunner ganz begeistert von den Brückenauer Heilquellen und macht konkrete Vorschläge für die Zukunft.

Professor Gutenbrunner, in einem Satz: Die Bad Brückenauer Heilquellen sind...
Christoph Gutenbrunner: ...fantastisch! Die Bad Brückenauer Heilquellen haben Qualitäten, die sich hervorragend für die Therapie und Rehabilitation verschiedener Krankheitsgruppen eignen. Dabei geht es nicht nur um die Tradition in der Urologie, für die die Stadt ja schon bekannt ist. Ich sehe noch ein weiteres Potenzial, nämlich den Gehalt an Kohlenstoffdioxid im Georgi-Sprudel. Das wurde bisher noch nicht so stark genutzt.

Georgi-Sprudel und Siebener fallen im Vergleich zu den Quellen im Staatsbad etwas unter den Tisch. Wie gut ist das städtische Heilwasser wirklich?
Man kann die beiden Quellen nicht über einen Kamm scheren, jede hat ihr eigenes Profil. Die Siebener Quelle eignet sich am besten für Trinkkuren. Das Wasser ist reich an Mineralstoffen, die zum Beispiel regulierend im Magen-Darm-Trakt wirken. Das Wasser des Georgi-Sprudels ist ebenfalls trinkbar, auch wenn es einen sehr intensiven Geschmack hat. Auch hier steht die Aufnahme wertvoller Mineralstoffe im Vordergrund. Darüber hinaus eignet sich das Wasser sehr gut für Bäder, da der hohe Gehalt an Kohlenstoffdioxid die Wundheilung unterstützt.

Wie das?
Kohlenstoffdioxid verbessert die Durchblutung, dadurch gelangt mehr Sauerstoff ins Gewebe und das wiederum unterstützt den Heilungsprozess, zum Beispiel nach einer Operation. In unmittelbarer Nähe des Georgi-Sprudels befindet sich die Capio Franz von Prümmer-Klinik mit dem Venenzentrum und der plastischen Chirurgie. Eine Anwendung des Wassers bei der Nachsorge, vielleicht auch der Vorsorge, liegt auf der Hand und wäre in höchstem Maße für die Patienten attraktiv.

Wo sehen Sie weitere Anwendungsmöglichkeiten?
Ich könnte mir vorstellen, ein Programm für Bedienstete des Freistaats Bayern zu entwickeln. Es gibt stark beanspruchte Berufsgruppen wie etwa Polizisten, Lehrer oder Finanzbeamte. An unserer Klinik für Rehabilitationsmedizin an der Hochschule Hannover haben wir ein Modellprojekt mit VW und der Deutschen Post gestartet, mit dem wir die Wirksamkeit solcher Präventionsmaßnahmen bewiesen haben. Die Ausfallquote der Mitarbeiter sank um 30 Prozent. Ein solches Projekt wäre auch hier vorstellbar.

Bad Brückenauer Heilwasser gegen Burnout?
Das ist zu kurz gegriffen. Es geht vielmehr darum, die Wirkung des Wassers mit anderen Erholungsangeboten zu kombinieren. Die geografische Lage, die Sie hier haben, ist sehr wertvoll. Die Heilquellen sind Teil dieser Infrastruktur. Jetzt geht es darum, ein unverwechselbares Gesamtkonzept zu schnüren. Das gilt auch für den Bereich der Urologie...

... die traditionell ja im Staatsbad beheimatet ist. Die Wernarzer Heilquelle wird seit 1749 bei Nierenleiden und Harnwegserkrankungen angewendet. Kann sich die Stadt da überhaupt mit einem eigenen Angebot abgrenzen?
Ich sehe überhaupt keine Notwendigkeit, auf Konkurrenz zu setzen. Sich vom Staatsbad abzugrenzen, wäre genau der falsche Weg. Es gibt wunderbare Synergieeffekte, die Urologie weiter auszubauen. Die Reha wird immer spezifischer, das könnten sich Stadt und Staatsbad zunutze machen.

Am Rande des Gutachtens ist von der Möglichkeit die Rede, das Bad Brückenauer Wasser als Arzneimittel anerkennen zu lassen.
Das ist richtig. Das Potenzial ist da, allerdings geht es mir in erster Linie um die Anwendung. Das Medizinproduktegesetz hat inzwischen ähnlich hohe Standards wie das Arzneimittelgesetz. Daher ist es zweitrangig, ob das Wasser als Arzneimittel zertifiziert ist oder nicht.

Neben vielen Empfehlungen sprechen Sie auch kritische Punkte an. Welche sind das?
Das sind vor allem Fragen der Infrastruktur. Die Anbindung an den ICE-Knotenpunkt Fulda beispielsweise. Der Georgi-Kurpark ist nicht so, dass man sagen könnte, er gehöre zu den Spitzenkurparks in Deutschland. Es gibt viele gute Angebote, aber sie sind nicht sichtbar. Es ist kein Profil erkennbar. Dem Besucher ist nicht klar, warum er nach Bad Brückenau kommen sollte. Das gilt nicht nur für die Quellen. Es braucht eine Strategie, wo die Stadt hin will. Das ist aus meiner Sicht der nächste Schritt, der gegangen werden muss.


Das Gespräch führte Ulrike Müller.