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Bad Brückenau: Erinnerungen an die WM


Autor: Ulrike Müller

Bad Brückenau, Freitag, 03. Juni 2016

Kurz vor der EM greift das Fußballfieber wieder um sich. Die Vorfreude erinnert an den Besuch der kroatischen Nationalmannschaft zur WM 2006.
Impressionen vom Empfang der kroatischen Nationalmannschaft am 5. Juni 2006 in Bad Brückenau. Foto: Ralf Ruppert/Archiv Saale-Zeitung


Was war das für ein Tag, was war das für ein Andrang, als am 5. Juni 2006 die kroatische Nationalmannschaft auf dem Platz vor dem Alten Rathaus mit viel Medienrummel begrüßt wurde. Etwa 3500 Fans zählte die Polizei, als die Spieler sich auf der Bühne präsentierten und später Autogramme gaben. Über allem lag große Vorfreude und Euphorie. Geblieben ist nichts als Ernüchterung. Schon nach wenigen Tagen war klar: Das Konzept der Veranstalter würde nicht aufgehen. Am 18. Juni - Kroatien spielte im zweiten Vorrundenspiel in Nürnberg 0:0 gegen Japan - war Schluss.

"Eine bittere Geschichte", sagt Hans-Jörg Heidelmeier, damals Geschäftsführer der "Kroatien zu Gast" GmbH. Das gesamte Kapital von rund 250.000 Euro wurde praktisch in den Sand gesetzt. Landkreis und Stadt hatten sich mit jeweils 100.000 Euro beteiligt, den Rest steuerten Sponsoren bei. "Der kroatische Verband und die GmbH hatten unterschiedliche Vorstellungen", blickt er zurück.


Konzept ging nicht auf

Eigentlich war die Idee brillant: Bad Brückenau war als Quartier für die Kroaten ausgewählt worden, die Spieler residierten im Fürstenhof im Staatsbad. Ein Rahmenprogramm für die Fans, Public Viewing im Festzelt auf dem FC-Platz und Reisen zu den Spielen der kroatischen Mannschaft organisierte die GmbH schon Monate im Voraus und mit dem Einsatz vieler ehrenamtlicher Helfer. Allein die Gäste aus dem südosteuropäischen Land blieben aus.

"Die Karten wurden so vermarktet, dass die Fans zu den Spielen gelotst wurden und nicht nach Bad Brückenau", sagt Heidelmeier zehn Jahre nach der großen Enttäuschung. Die Investitionen allein durch einheimische Fans wieder einzuspielen zu wollen, war schlicht "unmöglich" - zumal es die kroatische Mannschaft nicht über die Vorrunde hinaus schaffte. Noch im Juni 2006 meldete Heidelmeier für die "Kroatien zu Gast" GmbH Insolvenz an.

"Wir haben uns damals so viel erwartet. Nichts davon ist eingetroffen. Ich bin schon enttäuscht gewesen", erinnert sich Bürgermeisterin Brigitte Meyerdierks (CSU), die damals teilweise Bürgermeister Thomas Ullmann (PWG) vertrat. Bis heute erzählen sich die Brückenauer, der FC habe sich damals in Schulden gestürzt, die noch immer abbezahlt werden müssten. "Das ist falsch unterwegs im Volksmund", stellt Wolfram Vorndran, Kassier beim FC, klar.


Großzügige Spende für den Platz

"Der FC hat keine Eigenmittel eingebracht. Das wurde über die GmbH abgewickelt", erklärt Vorndran und führt dann aus, dass die Verbindlichkeiten des Vereins aus dem Bau einer Flutlichtanlage und der Erneuerung der sanitären Anlagen stammen, die vor der WM 2006 in Angriff genommen wurden. Der Platz selbst wurde nach dem Abbau des großen Festzeltes durch die Spende einer Privatperson wiederhergestellt. Eine Geste, die Hans-Jörg Heidelmeier "den Glauben an die Menschlichkeit" wiedergegeben hat. 10.000 Euro spendete der Unternehmer aus dem Bad Brückenauer Umland spontan, damit der FC auf den Kosten nicht sitzen blieb.

Der Besuch der Kroaten ist nicht allen als Desaster in Erinnerung geblieben. Roland Kreuzer vom Hotel Zur Mühle hatte rechtzeitig Verträge geschlossen. Ein Großteil der Journalisten war bei ihm zu Gast. "Durch das Medienspektakel haben wir in den Folgejahren noch positive Auswirkungen gespürt", berichtet der Gastronom. Ähnlich sieht es die Staatliche Kurverwaltung. "Für uns war das eine ganz positive Geschichte", sagt der stellvertretende Kurdirektor Titus Tesar. Die Unterbringung der Spieler und die Organisation eines Rahmenprogramms für die Fans seien klar getrennt gewesen. So bleibt der Besuch der Kroaten ein Höhepunkt der Stadtgeschichte - wenn auch einer mit Beigeschmack.