Bad Brückenau erhöht die Gewerbesteuer
Autor: Ulrike Müller
Bad Brückenau, Mittwoch, 09. April 2014
Die Finanzlage der Stadt Bad Brückenau ist angespannt. Nun sollen die Unternehmen zahlen. Doch nicht alle Räte sind damit einverstanden. Ihr Protest ist deutlich.
"Eine Anhebung der Gewerbesteuer war und ist für die CSU Bad Brückenau nie ein Thema gewesen und wird es auch nicht sein." Diesen Satz sagte Hartmut Bös (CSU), Wirtschaftsreferent des Stadtrats bei der Haushaltsberatung 2012. Zwei Jahre später ist diese Aussage Geschichte. Mit 13:5 beschloss der Rat den Haushalt für das laufende Jahr - und damit eine Erhöhung des Hebesatzes für die Gewerbesteuer von 330 auf 350. Nicht zuletzt deshalb verweigerten Birgit Poeck-Kleinhenz, Jürgen Pfister und Ingo Walcher aus den Reihen der PWG sowie Manfred Kaiser und Johannes Schmittnägel (beide CSU) ihre Stimme.
Anhebung auf Landkreis-Durchschnitt
Der Protest war deutlich. Die Erhöhung der Gewerbesteuer sei kontraproduktiv, sagte Poeck-Kleinhenz. Es werde nur noch schwieriger, neue Betriebe anzuwerben, manch ein Unternehmer könnte gar abwandern.
Auch mit dem niedrigen Hebesatz sei es nicht gelungen, Firmen anzusiedeln, erwiderte Bürgermeisterin Brigitte Meyerdierks (CSU). "Wir heben den Satz nur auf Landkreis-Durchschnitt an", erklärte Kämmerer Leo Romeis. Oberleichtersbach setze 350 an, genauso Hammelburg. In Schondra, Riedenberg und Bad Kissingen liege der Satz beispielsweise bei 380, in Münnerstadt bei 390.
Seit Jahren ist die Finanzlage der Stadt angespannt. Das Jahresergebnis des Ergebnishaushalts liegt nur deshalb mit rund 90.000 Euro im Plus, weil die Stadt mit dem Verkauf von Grundstücksanteilen im Rahmen der Realschulerweiterung an den Landkreis 428.000 Euro extra Einnahmen hat. In Zukunft werde sich die Situation noch verschärfen. "Durch die aktuelle Berechnung des Zensus haben wir rund 200 Einwohner weniger", erklärt Romeis. Allein in diesem Jahr mache das einen Verlust von circa 90.000 Euro Schlüsselzuweisungen aus, die die Stadt vom Freistaat erhält.
Die Erhöhung der Gewerbesteuer ist da nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Romeis rechnet mit 55.000 Euro pro Jahr.
"Wir müssen uns finanziell restrukturieren", forderte Adelheid Zimmermann (FDP). Es können nicht sein, dass die Stadt einen Haushalt vorlege, der zwar formell ausgeglichen sei, das aber nur, weil aus Rücklagen - aktuell kann die Stadt auf rund 500.000 Euro Cash zurückgreifen - geschöpft werde. Eberhard Schelle regte als Sprecher für die SPD-Fraktion an, den höchsten Posten, nämlich 3,7 Millionen Euro Personalkosten, auf den Prüfstand zu stellen: "Passt die Stärke der Verwaltung noch zur Einwohnerzahl?"
Schulden geringer als gedacht
Insgesamt hat der Haushalt ein Volumen von 19,7 Millionen Euro.
Allein 7,3 Millionen Euro steckt die Stadt in Investitionen, so zum Beispiel in die Sanierung der Dreifach-Turnhalle mit gut zwei Millionen Euro. Der Posten Städtebauförderung schlägt mit rund 2,65 Millionen Euro zu Buche. Darin enthalten sind 2,6 Millionen Euro für den Neubau von Haus Waldenfels, wobei der Eigenanteil der Stadt weiterhin mit rund einer halben Million konstant bleibt. Bis 2017 sieht die langfristige Finanzplanung Investitionen in Höhe von mehr als 11 Millionen Euro vor.
Heuer soll ein Kredit von 400.000 Euro aufgenommen werden. Was die Schulden angeht, so steht die Stadt mit 3,4 Millionen Euro besser da als gedacht. Das entspricht 531 Euro pro Einwohner. Allerdings liegt die Pro-Kopf-Verschuldung in Wirklichkeit bei 1494 Euro, da Kredite der Stadtwerke für die Abwasserbeseitigung noch mit hineingerechnet werden müssen.
In den vergangenen Jahren war Romeis davon ausgegangen, dass der Schuldenstand über die Marke von vier Millionen klettern würde. Inzwischen rechnet er damit, dass die Stadt in drei Jahren nur noch mit 2,7 Millionen Euro in der Kreide steht.
Zuschüsse bleiben erhalten
Trotz des Rückgangs der Einnahmen und großer Investitionen kann und will die Stadt weiter wichtige Einrichtungen fördern, die ihre Funktion als Mittelzentrum in der Region stärken. Das sind zum Beispiel die Tourist-Info (408.000 Euro jährlicher Zuschuss), das Freizeitbad Sinnflut (200.000 Euro), die Stadtbibliothek (68.600 Euro), die Musikschule (31.300 Euro), die Jugendbetreuung im Stadtgebiet und der Unterhalt des Jugendzentrums (26.500 Euro), das Fahrradmuseum (23.700 Euro) und das Bayerische Kammerorchester (17.500 Euro).
"Wir leisten uns keinen Luxus", kommentierte Hartmut Bös in seiner Haushaltsrede. Die Notwendigkeit einer sparsamen Haushaltspolitik ist bei allen Fraktionen angekommen.