Bad Brückenau: Biber und Mensch gewöhnen sich aneinander
Autor: Julia Raab
Staatsbad Brückenau, Dienstag, 21. April 2020
Seit den 1990er Jahren sind sie wieder da: Biber in der Sinn. Seit wenigen Jahren ist ihre maximale Ausbreitung in der Region erreicht. Vor allem die Trockenheit macht den Tieren aktuell zu schaffen.
Es ist früher Abend. Umgefallene Bäume formen bizarre Skulpturen im scheinbar stehenden Wasser. Fliegen und andere Insekten tanzen über die Wasseroberfläche. Fische schwimmen dicht darunter und ergattern sich hin und wieder einen Leckerbissen aus der Luft. Ein Fest der Artenvielfalt, das sieht sogar der Laie auf den ersten Blick, und das nur wenige Meter von einer bekannten Klinik im Staatsbad entfernt an einem Seitenarm der Sinn.
Trotz der großen Trockenheit, die seit Anfang März zum wiederholten Mal im Frühling herrscht, bildet hier ein kleiner Stausee eine ökologische Ausnahme. Die Grundwasserspeicher können sich auffüllen - zumindest aktuell. Und er ist dafür verantwortlich: Der Biber mit seiner Stautätigkeit. "Wir haben vier Reviere zwischen Bad Brückenau und Eckarts, mehr können es hier nicht werden", sagt Robert Hildmann, Biberbetreuer für diesen Abschnitt der Sinn.
Toter Biber
Erst vor wenigen Wochen wurde Hildmann gerufen, um einen toten, etwa zweijährigen Biber auf einer Hauptstraße in Bad Brückenau zu identifizieren. Vor kurzem das gleiche Szenario auf einer viel befahrenen Straße in Wildflecken. Beide waren, "vermutlich auf Wanderschaft und auf der Suche nach einem neuen Revier", sagt Hildmann. Denn sind Jungtiere auf der Suche nach einem eigenen Revier, dann komme es unweigerlich zu Kämpfen mit Artgenossen oder Verkehrsunfälle, die tödlich enden können.
Eine aktuelle Kartierung über den Bestand der Biber in Unterfranken bestätigt, was Experten vor Ort anhand der Verteilung der Reviere vermuten: Aktuell ist die maximale Ausbreitung der Biber in der Sinn - vom Ursprung bis zur Mündung - erreicht. Ähnlich sieht es im ganzen Landkreis aus. Hier verzeichnet die Studie sogar eine geringe Abnahme der Biberreviere, nämlich zwei weniger als in den Jahren davor. Die Trockenheit könnte dafür verantwortlich sein, heißt es in der Auswertung der Kartierung.
Weniger Konflikte
Mit seiner außerordentlich hohen Aktivität und Stautätigkeit bietet der Biber die Grundlage für viele andere gefährdete Tierarten. Hildmann sieht auf seinen Beobachtungsgängen im Sinntal immer wieder neue Tierarten. "Beispielsweise Bekassinen - das ist eine Schnepfenart - oder Braunkehlchen im Durchzug."
Doch immer wieder sorgte er mit seiner Stau- und Bautätigkeit in den vergangenen Jahrzehnten für Unmut bei den Menschen. Vor allem dort, wo er sich neu ansiedelte und landwirtschaftliche Flächen oder gar private Gärten zum Lebensraum auserkoren hatte. Aktuell, stellt Hildmann fest, "sind die Konflikte hier gering." Das hänge auch damit zusammen, dass die maximale Ausbreitung erreicht ist.
Hilfe durch Aufklärung
Die Untere Naturschutzbehörde bestätigt, dass es zwar "immer wieder Probleme gibt, aber insgesamt lässt sich doch eine gewisse Annäherung feststellen- gerade wenn man die Vielzahl der Reviere, die sich in den letzten Jahren gebildet haben, betrachtet", heißt es von der Pressestelle. Dies sei aber auch der guten Beratung und Information zuzuschreiben, die zusammen mit der Naturschutzwacht und vielen Ehrenamtlichen geleistet werde.