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Bad Brückenau: Berliner Platz an Investor verkauft


Autor: Julia Raab

Bad Brückenau, Donnerstag, 10. Juni 2021

Noch während der laufenden Sanierung am Berliner Platz ist der Gebäudekomplex an einen Investor verkauft worden. Bleibt es trotzdem beim Versprechen, sozialverträgliche Mieten anzubieten?
Berliner Platz mit städtischem Spielplatz: Wer zieht hier demnächst ein? Foto: Julia Raab


Gegenüber, an der Düsseldorfer Straße, stehen zwei Frauen und unterhalten sich. Sie wohnen seit den 1970er Jahren hier und haben auch die schlimmen Zeiten am Berliner Platz miterlebt. Viel Lärm und Alkohol waren da oft mit im Spiel. Die Nachbarin, sie möchte nicht genannt werden, habe gehört, dass im Wohnblock am Berliner Platz Eigentumswohnungen entstehen.

Noch laufen die Sanierungsarbeiten am Berliner Platz - und schon ist der Gebäudekomplex mit immerhin 44 Wohnungen an eine Immobilienfirma aus Oberbayern verkauft worden. Das kündigte der bisherige Eigentümer, die Hessisch-Badische Immobiliengesellschaft, noch vor Abschluss der Sanierung in einer Pressemitteilung mit.

Schlechter Zustand

Trotz des Verkaufs soll das Objekt bis Oktober "fertiggestellt und bezugsfertig übergeben werden", schreibt Geschäftsführer Carsten Kulbe. Aus dem ehemaligen Problem-Komplex entstehe eine Vorzeige-Immobilie, die viel Wohnraum für Menschen jeglichen Alters biete und Bad Brückenau sehr schmücken werde, heißt es in der Pressemitteilung.

Die Häuer am Berliner Platz stammen aus dem Jahr 1964 und wurde jahrzehntelang über die Baugenossenschaft vermietet. Die fünf vierstöckigen Gebäude waren zuletzt in miserablem Zustand, es gab weder Heizung noch warmes Wasser. Eine Sanierung wäre für die Baugenossenschaft sehr aufwendig gewesen.

Aufwerten und vermieten

Im August 2019 gab es schließlich Hoffnung für das baufällige Gebäude. Die besagte Firma aus Hessen kaufte die fünf sichelförmig aneinandergereihten Häuser und stellte öffentlichkeitswirksam ihr Konzept vor: Erschwinglichen und vernünftigen Wohnraum.

Ein "Beispielprojekt" nannte Geschäftsführer Kulbe damals sein Vorhaben, denn die Wohnungen sollten in ihrer Struktur erhalten bleiben, genauso wie der Wohnungsmix aus verschieden großen Wohnungen.

Günstige Miete versprochen

Außerdem sollte eines der fünf Häuser "komplett behindertengerecht hergerichtet werden", erklärte Kulbe im Jahr 2019. Und der Clou: Eine "ortsübliche Miete von sechs Euro pro Quadratmeter", das versprach er mehrfach.

Vergangenes Jahr kam dann die Nachricht, dass doch nicht behindertengerecht gebaut werden könne (wir berichteten). Als Grund nannte der Geschäftsführer den Grundriss der Wohnungen, zu enge Türen und auch die Balkone seien nicht behindertengerecht umbaufähig.

Spielplatz ungepflegt

Mit dem Verkauf ist nun fraglich, ob der neue Investor die gleichen Ziele verfolgt. Auch der Name des Käufers ist nicht bekannt. Aus "datenschutzrechtlichen Gründen" dürfe der bisherige Eigentümer den Namen nicht nennen. Was die zukünftige Vermietung angeht, so hält sich Kulbe diesmal zurück: "Alles Weitere bleibt Sache des neuen Eigentümers bzw. der neuen Eigentümerin", schreibt er auf weitere Nachfrage.

Seit vielen Jahren dämmert auch der städtische Spielplatz auf dem Platz vor dem Gebäude vor sich hin. Er wäre idealer Treffpunkt für die Kinder aus der umliegenden Siedlung, doch er verkommt zunehmend. Durch die laufende Haussanierung kann er zudem nicht genutzt werden.

Verhandlungen scheiterten

Nach dem Kauf des Berliner Platzes 2019 gab es Verhandlungen über einen Verkauf des Spielplatzes. Diese seien allerdings nicht fortgesetzt worden, hieß es damals aus dem Rathaus. Auf Nachfrage verweist Bürgermeister Jochen Vogel (CSU) lediglich auf den Sachstand von vor einem Jahr. Fragen zu weiteren Vorhaben und Verhandlungen mit dem neuen Eigentümer lässt er unbeantwortet.

Auf der Straßenseite gegenüber - in den Gebäuden der Baugenossenschaft - wird übrigens auch noch gebaut: Bis circa November diesen Jahres sollen die Baumaßnahmen abgeschlossen und auch das letzte Gebäude mit der Hausnummer 25 vermietet werden. "Das Haus bekommt einen Aufzug und barrierefreie Bäder", sagt einer der drei Vorstände, Anton Kiefer.

Was den Spielplatz angeht, so hat Kiefer eine klare Meinung: "Die Stadt ist hier gefordert, den Platz wieder in Schuss zu bringen." Die Baugenossenschaft habe damals einen ansehnlichen Betrag beigesteuert, damit hier ein Spielplatz entsteht. Nach den Gebäudemodernisierungen wäre eine schöne Gelegenheit dazu, fügt er noch hinzu.

4 Mio Euro investiert die Hessisch-Badische Immobilien GmbH in die laufende Sanierung am Berliner Platz.

**Kommentar**

Fragen bleiben offen

Es hört sich fast zu gut an. Ein Immobilienunternehmer kehrt dem hochpreisigen Immobilienmarkt in Frankfurt den Rücken zu, um moralisch zu agieren: Bausubstanz bewahren, aufwerten und zu vertretbaren Preisen wieder dem engen Wohnungsmarkt zur Verfügung stellen. Das war ausgesprochenes Ziel der Firma, die vor zwei Jahren den Wohnkomplex am sozialen Brennpunkt, dem Berliner Platz, kaufte. Die Sanierungen laufen noch und schon sind die fünf Häuser an einen ortsfremden Investor verkauft. Ein Kontakt? Fehlanzeige. Das wirft Fragen auf. Für das gesamte Wohngebiet bleibt zu hoffen, dass das Versprechen des bisherigen Eigentümers bestehen bleibt. Bezahlbarer Wohnraum wird immer knapper. Alles andere wäre unmoralisch.