Bad Brückenau: Berichterstatter wird Kräbbelkönigin
Autor: Thomas Dill
Bad Brückenau, Sonntag, 11. Februar 2018
Eigentlich wollte Thomas Dill nur über den traditionellen Kräbbelkaffee berichten. Doch bevor er sich versah, landete er selbst auf dem Treppchen.
Wesentlich am hiesigen Fasching ist doch die Tatsache, dass man hier endlich mal in Rollen schlüpfen darf, die sonst nicht möglich sind. Besonders gerne ist dabei schon immer der Geschlechtertausch gesehen. Frau wird zu Mann und Mann wird zu Frau. Der Termin am Abend vor der Weiberfasnacht soll das Ganze eigentlich noch intensivieren. Schade eigentlich, dass diese Angebot der Brückenauer Karnevalisten immer weniger angenommen wird.
Für den Berichterstatter aber kein Grund, nicht zu dieser speziellen Faschingsveranstaltung zu gehen. Eher sparsam fraulich gewandet, denn es soll ja nicht Spaß, sondern ernsthafte, unvoreingenommene Reportage-Arbeit sein - dabei immer mit der Zuversicht, einen lustigen Abend zu erleben: Die "wildesten Weiber Bröggenas" waren zu bewundern. Da diese heuer etwas rar waren, hatte der Berichterstatter widerwillig aber unverzüglich ebenfalls eine Startnummer, die Nummer Acht, am Pelzrevers und ein Formular für einen Steckbrief wie aus dem Poesiealbum in der Hand.
Kosename, Augenfarbe, Lieblingsstellung, femininstes Hobby, Lebensmotto, lauter ganz persönliche, zutiefst weibliche Dinge wurden abgefragt und der neutralen Jury aus den Reihen des weiblichen Publikums übergeben. Drei Prüfungen und eine Präsentation anhand des eigenen Steckbriefs galt es abzulegen. Altbekannt aber immer wieder für die Zuschauer und Akteurinnen eine Riesengaudi: zwischen den Beinen stehende Flaschen mittels eines einzufädelnden Tampons, der um die Hüften mit einer Schnur gebunden ist, einzufädeln, quellen zu lassen und die Flasche drei Schritte nach vorne zu transportieren.
Perücken und Schuhe fliegen ins Publikum
Trotz erheblicher Sichtbehinderung durch das spröde Ballettröckchen gelang es dem Berichterstatter hier als Dritter abzuschließen. Beim obligaten Nägeleinschlagen, diesmal mit der schmalen Hammerseite, lag als Schreiner der Vorteil klar auf der Hand: Bestzeit! Richtig heftig und in einem klassischen Frauenringkampf folgte dann die dritte Prüfung. Gegenseitig mussten die Damen sich am Knöchel befestigte Luftballons zertreten. Hier flog am Ende manche Perücke und mancher Schuh im hohen Bogen ins johlende Publikum. Auch schlug sich der Berichterstatter als Dritter wieder beachtlich.Nach langwierigen, arithmetischen Auswertungen der beiden strengen Jurydamen unter Einbeziehung der drei Vorprüfungen und Abwägung des gesamten Erscheinungsbildes im Verlauf des Abends stand schließlich das Ergebnis fest. "Dietlinde" Dieter Seban, langjähriger Sitzungspräsident, und "Pia" Pierre Worschech, amtierender Vereinsvorsitzender, wurden auf die Plätze gewählt. Mit dem Argument "Du musst als Teilnehmer doch mit aufs Gruppenfoto" wurde dem Berichterstatter die hochwertige Spiegelreflexkamera abgeschwatzt, was gar keinen Verdacht hervorrief. Umso "erschütternder" dann die Verkündigung der Kräbbelkönigin 2018: Die Krone wird an "Tidschi" Thomas Dill, den Verfasser dieses Artikels, verliehen.
Spontane Reaktion: "Und wer schreibt jetzt den Bericht über den Abend?" Präsidentin Katharina Pankerl drückte die mit dicken Kräbbeln gespickte Krone aufs Haupt, das vorher zwecks mangelndem Umfangs der Krone von der schwarzen Perücke befreit werden musste. Nun wird es wohl auch nach Jahren des Fehlens - viele Jahre stellte die Familie Dill immer wieder Mottowägen - wieder einmal eine eigene Gruppe aus "Wernarzien", der Residenz der Kräbbelqueen, beim Faschingszug am Dienstag geben.
Wünschenswert aus Sicht des Berichterstatters wäre natürlich, wenn er im nächsten Jahr die Krone an eine "Dame" überreichen könnte, die sich aus einer größeren Anzahl Bewerberinnen herauskristallisiert. Es wäre schade, wenn wieder ein Stück Faschingskultur "Bröggenas" sang- und klanglos unterginge, so wie es heuer schon dem "Römershächer" Büttenabend ergangen ist.