Am Berghaus: Hat der Wolf erneut in der Rhön zugebissen?
Autor: Steffen Standke
Geroda, Freitag, 03. Sept. 2021
Gerald Heinle hat auf seiner Weide ein verendetes Kälbchen mit immensen Fraßspuren gefunden. Er glaubt, dass der Wolf der "Täter" war, auch wenn eindeutige Belege fehlen. Und er übt Kritik an den Behörden.
Gerald Heinle aus Geroda war geschockt, als er Montag vergangener Woche, gegen 15 Uhr, seine Weide unterhalb vom Berghaus Rhön betrat. Da lag ein frisch geborenes Kälbchen, tot, großflächig aufgerissen, stark angefressen. In dem 51-Jährigen keimte ein Verdacht: Das könnte der Wolf gewesen sein. Doch vermuten und beweisen sind zwei verschiedene paar Schuh'; das musste Heinle erfahren. Und noch einiges mehr.
Acht Rinder hält der Gerodaer Landwirt auf der etwa einen Hektar großen Fläche an der Zufahrtsstraße zum Berghaus. Ein einfacher Elektrozaun bewahrt sie "zu 95 Prozent" davor auszubrechen, wie Heinle sagt. Er habe aber nicht gereicht, um den Wolf abzuhalten. Dass der es war, der sein Kälbchen auf dem Gewissen hat, davon ist der 51-Jährige überzeugt.
Diese Überzeugung stützt Heinle nicht nur auf die tiefen Fraßspuren, sondern auch auf einen Vorfall vier Tage zuvor. Da fand er weiter unterhalb, Richtung Geroda, ein totes Reh, eine typische Beute für den grauen Räuber. "Die Spuren an Reh und Kalb waren identisch."
In beiden Fällen habe er den Jagdpächter informiert. Die verendeten Tiere wurden fotografiert und von dem Kälbchen Körperproben genommen. Erstere gingen an das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) in Hof, letztere ans Labor einer Außenstelle der Senckenberg-Gesellschaft nach Gelnhausen.
Genetische Spuren wohl "verwässert"
Die Ergebnisse der Proben stehen noch aus, aber das LfU hat Heinle seine Einschätzung schon mitgeteilt. Sie fällt contra Wolf als "Täter" aus. Es fehlten wolfstypische Verletzungen im Hals- oder Nackenbereich beziehungsweise an Vorder- oder Hinterläufen.
Der Befraß sei nicht unterblutet, was auf eine Nutzung deutlich nach dem Tod des Kalbes hindeute. Dass die Bauchhöhle ausgeräumt sei, spreche für den Fuchs als nachträglichen Befresser, die fädigen Sehnen für eine Beteiligung von Aasfressern wie Raben, Krähen und Häher.
Der Kalbskadaver wird noch in der Tierbeseitigungsanlage Walsdorf bei Bamberg untersucht, aber besonders eindeutige Ergebnisse verspricht sich selbst Gerald Heinle nicht.