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Aufnahmestopp bei der Tafel


Autor: Heike Beudert

Bad Kissingen, Mittwoch, 15. Juni 2022

Wer sich bei der Kissinger Tafel als Bedürftiger neu anmelden möchte, muss derzeit warten, bis es wieder freie Kapazitäten gibt. Die stellvertretende Vorsitzende berichtet, warum die Tafel an die Grenze ihrer Möglichkeiten stößt.
Nina Simon und Gerlinde Warmuth haben beim Sortieren des Gemüses alle Hände voll zu tun.


Bad KissingenAm Eingang zur Bad Kissinger Tafel steht eine Frau mit Geldscheinen in der Hand. Das Bargeld möchte sie spenden, weil sie weiß, dass der Verein dringend Spenden braucht. Es sind solche Momente, die Dagmar Ziegler, die stellvertretende Vorsitzende des Bad Kissinger Tafelvereins, zuversichtlich machen, dass trotz mancher Lebensmittel-Engpässe die Arbeit weiter gehen wird. Um den Betrieb am Laufen zu halten, sind die Ehrenamtlichen der Tafel dringend auf diese Spenden angewiesen.

Die Tafel kann jeden Cent gebrauchen. Seit Beginn des Ukrainekriegs können Einkaufsmärkte nicht mehr so viele Lebensmittel zur Verfügung stellen. Ein Spendenaufruf an die Bevölkerung im Frühling hatte der Bad Kissinger Tafel Luft verschafft, um einen Vorrat an den wichtigsten Gütern anzulegen. Doch weiterhin kommt es immer wieder kurzfristig zu Lücken in den Regalen. Dramatisch sei die Lage aktuell glücklicherweise nicht. "Wir haben noch Kontingente", sagt Dagmar Ziegler. "Aber wir müssen haushalten."

Hoffnung liegt auf Gartenfrüchten

Froh ist sie, dass den umliegenden Tafeln gute Beziehungen bestehen. Man tauscht sich aus mit dem, was zur Verfügung steht, und kann somit manchen Engpass überbrücken. Jetzt, in der Erntezeit, hofft Dagmar Ziegler auch auf den Überschuss aus Privatgärten. In der Vergangenheit sind Spender mit Zucchini oder Obst vorbeigekommen. Das nehme man weiterhin immer gerne an, sagt sie.

Dagmar Ziegler ist wichtig, dass ein abwechslungsreicher Warenkorb für die Abholer zur Verfügung steht. "Wünsche können wir aber nicht erfüllen. Es geht nur das, was da ist." Dagmar Ziegler wünscht sich gerade in diesen schwierigen Zeiten manchmal etwas mehr Hilfe von politischer Seite. "Aber das können wir nicht entscheiden." Weil sie an der Auslastungsgrenze angelangt ist, kann die Bad Kissinger Tafel derzeit keine Neuanmeldungen von Hilfesuchenden mehr aufnehmen. Es herrscht Aufnahmestopp, auch wenn es den Organisatoren schwer fällt. Erst wenn eine Familie oder ein Bezieher länger nicht mehr kommt, kann jemand nachrücken. 180 Bezugsscheine sind vergeben; das bedeutet, dass die Tafel mehr als 700 Menschen mit Lebensmittelpaketen unterstützt. Darunter sind alleine 69 Familien aus der Ukraine, die vor dem Krieg geflüchtet sind, erklärt Thomas Nutting, der die Büroarbeiten erledigt. Wer mit den Flüchtlingen, meist Frauen mit Kindern, ins Gespräch kommt, erfahre, wie das Schicksal ihnen zusetzt. Klagen langjähriger Abholer ob der großen Anzahl neuer Hilfsbedürftiger gibt es nach Angaben von Dagmar Ziegler in Bad Kissingen nicht. Es laufe harmonisch. Dass es so bleibt, darauf hat der Verein ein Auge.

Lange bevor die Ausgabe für die Kunden an diesem Tag öffnet, herrscht hektische Betriebsamkeit. Die Ehrenamtlichen arbeiten konzentriert; annähernd 70 Helfer und Helferinnen teilen sich die Dienste bei der Tafel. Jeder Handgriff sitzt. Der Aufwand ist auch wegen der zu erfüllenden Hygienestandards extrem hoch. Jeder Salatkopf, jede Erdbeere müssen begutachtet werden. Nur einwandfreie Ware darf in die Auslage. Das erfordert Zeit. Die Gemüsekontrolle ist in Gerlinde Warmuths Verantwortung. Sie ist wie Dagmar Ziegler Gründungsmitglied bei der Kissinger Tafel. Sie wollte sich sozial einbringen, erzählt sie. Das macht sie nun seit 18 Jahren und immer noch mit Freude. In dieser Zeit hat sich die Zahl der Bedürftigen immer wieder verändert. Dagmar Ziegler und Gerlinde Warmuth haben den Eindruck, dass es mehr Hilfesuchende gibt. Konflikte wie in der Ukraine schlagen sich auch auf die Frequenz in der Tafel nieder. Waren es vor einigen Jahren syrische Asylsuchende, sind es jetzt ukrainische Geflüchtete, die froh um die Hilfe sind.