Druckartikel: Auch die Zwölftöner tanzten Walzer

Auch die Zwölftöner tanzten Walzer


Autor: Thomas Ahnert

Bad Kissingen, Montag, 04. Juli 2016

Die Sonntagsmatinee hatte schon etwas von Wunschkonzert, auch wenn eine kleine didaktische Note nicht zu übersehen war.
Der Schlussakkord ist noch nicht verklungen: Siegfried Mauser, Feng Ning, Wen-Xiao Zheng, Nabil Shehata und Wenn-Sinn Yang nach dem Forellenquintett. Foto: Ahnert


"Die beiden Wiener Schulen" war die Sonntagsmatinee überschrieben, die Werke von Arnold Schönberg und Anton Webern mit Kompositionen Wolfgang Amadeus Mozart und Franz Schubert in wechselnden Besetzungen gegenüberstellte. Und Siegfried Mauser nahm dem Publikum auch gleich geschickt die Angst vor den beiden Neutönern, indem er am Klavier zeigte, dass auch ihre Musik Wiener Aroma verströmt dank des Einsatzes des Walzers, wenn auch in stark verfremdeter Ausprägung.

Gemeinsam mit dem Münchner Geigenprofessor Gottfried Schneider (er war für den verletzten Marc Bouchkov eingesprungen) spielte er Schönbergs Fantasie für Violine mit Klavierbegleitung op. 47, wobei die beiden Herren den frei fließenden Duktus der Musik und die Wechsel zwischen lyrischen Passagen und abrupten Ausbrüchen wohltuend nüchtern gestalteten, ihn nicht gestisch überfrachteten und auch gar nicht erst versuchten, hörbare Beziehungen zwischen den beiden Stimmen herzustellen - die kann man eigentlich nur in den Noten sehen.

Diese Spielhaltung prägte auch die Vier Stücke für Violine und Klavier op. 7 aus der tonalen Frühzeit von Anton Webern, vier aphoristisch kurze Miniaturen, die in ihrer Verknappung aus sich selbst heraus wirken. Denn sie machen sicvh interessant - und das wurde sehr gut deutlich - indem sie kleine melodische Ansatzpunkte bieten.
Die Klassik konnte kommen - mit Mozarts Klavierquartett g-moll KV 478. Fing Ning (Violine), Wen Xiao Zheng (Viola) und Wen-Sinn Yang (Violoncello) waren hier Mausers Partner. Wie einen Überfall spielten die Vier den Einstieg in den ersten Satz, und diese musikalische Kraft trug durch den ganzen Satz, gab ihm enorme Spannung, die sich in die beden folgenden Sätze verlängerte. Denn es wurde sehr gut deutlich, dass das Andante nicht die erwartbare Beruhigung bringt und das Rondo nicht den heiteren Abschluss. Die Irritationen, die Mozart da hineinkomponiert hat, waren wunderbar herausgearbeitet.

Schluss- und Höhepunkt der Matinee war natürlich Franz Schuberts "Forellenquintett", für das sich zu dem Quartett der Kontrabasist Nabil Shehata gesellte. Natürlich bietet das fünfsätzige Werk für alle beteiligten Instrumente ein paar herausfordernde Ecken. Aber es ist vom Virtuosen her so gehalten, dass das Spielen zu allererst großen Spaß macht, weil ständig neue Allianzen zwischen den Musikern zu knüpfen sind und weil mit relativ einfachen Mitteln große Emotionen gestaltet werden können. Das war ein Angebot, das die Gruppe, getragen von dem flexiblen, wunderbar präsenten Fundament des Basses , mit größtem Vergnügen annahm.

Dass Siegfried Mauser manchmal den Vortrieb ein bisschen bremste, ein paar kleinere Hakler hatte und im Scherzo auch mal ganz ausstieg, fiel hinter der Spiellaune der vier Streicher so gut wie gar nicht auf.