Asylbewerberunterkunft in Hammelburg weckt Befürchtungen
Autor: Arkadius Guzy
Hammelburg, Mittwoch, 16. Januar 2013
In der Hammelburger Bürgerversammlung brechen sich zunächst Vorwürfe und Misstrauen Bahn. Doch dann ergreift Christian Fenn das Wort - und zeigt, wie das Zusammenleben mit den neuen Nachbarn doch noch gelingen könnte.
Er wohnt am nächsten an der künftigen Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber. Dennoch sagte Christian Fenn: "Ich mache mir Gedanken, aber ich mache mir keine Sorgen." Der Vater von zwei kleinen Kindern appellierte, sich nicht von Klischees leiten zu lassen. Fenns Äußerung bildete eine Zäsur in der Bürgerversammlung. Ab da war ein großer Teil der Schärfe und Emotionalität aus der Diskussion entwichen.
Zweifel am Sinn der Bürgerversammlung
Zu Beginn der Bürgerversammlung aber hatten Misstrauen und Vorwürfe das Gesprächsklima beherrscht. Dies war für manche überraschend, da es bisher keine negativen Stellungnahmen in der Öffentlichkeit gab. Viele Nachbarn des künftigen Asylbewerberheims zweifelten daran, dass die Einrichtung wirklich nur auf drei Jahre beschränkt ist.
Peter Klaje war nicht der Einzige unter den Bewohnern des näheren und weiteren Heimumfelds, der hinter der Entscheidung der Carl von Heß`schen Sozialstiftung rein "kommerzielle Interessen" vermutete. Der Stiftung gehört das Haus II des Dr.-Maria-Probst-Seniorenheims (früheres Schwesternwohnheim), in das die Asylbewerber wohl ab März ziehen.
"Der Vertrag ist definitiv auf drei Jahre geschlossen", betonte Hans-Georg Rüth, Abteilungsdirektor bei der Regierung von Unterfranken. Die Aufnahme von Asylbewerbern und Flüchtlingen sei ein Auftrag, der sich aus dem Grundgesetz ergebe, erklärte er. Das Thema sei auch eine humanitäre und christliche Aufgabe.
Landrat Thomas Bold (CSU) trat den Behauptungen entgegen, dass die Stiftung aus finanziellen Schwierigkeiten ihr Gebäude zur Verfügung stellt: "Es ist nach wie vor in der Planung, das Haus II für betreutes Wohnen umzubauen." Im Moment habe aber das Seniorenzentrum Waldenfels in Bad Brückenau Priorität. Der Landrat, der zugleich Vorsitzender des Stiftungsrates ist, erklärte: "Die Stiftung kann nicht alles gleichzeitig umsetzen." Das Haus II würde ohne die Asylbewerber längere Zeit leer stehen.
Auf drei Jahre befristet
Auch Bold betonte, dass der Vertrag mit der Regierung befristet ist. Die Alternative zur Gemeinschaftsunterkunft sei eine dezentrale Unterbringung. Dabei würden zum Beispiel Pensionszimmer angemietet. Das ist in Euerdorf der Fall, wo seit Dezember eine fünfköpfige Familie aus Afghanistan in einem Gasthaus wohnt. Bei einer dezentralen Unterbringung sei es aber schwieriger, eine Betreuung für die Asylbewerber zu organisieren.
Als Herausforderung bezeichnete Bürgermeister Ernst Stross (SPD) die Gemeinschaftsunterkunft. Er appellierte an die Bürger, gemeinsam daran zu arbeiten, dass die Asylbewerber eine Chance in Hammelburg haben.
Stimmen aus dem Publikum erwähnten die historische Pflicht Deutschlands und erinnerten daran, dass vielleicht Personen aus dem Bekannten- oder Verwandtenkreis vor 70, 80 Jahren nur durch Flucht aus Deutschland dem Tod entgangen sind. Das entfachte die Diskussion jedoch teilweise neu, weil sich die Gegner des Asylheims in die rechte Ecke gestellt sahen. Doch nach den gegenseitigen Anschuldigungen war der extreme Druck in der mit rund 100 Leuten vollen Markthalle irgendwann raus.
Die Wortmeldungen konzentrierten sich zunehmend darauf, wie die Bürger dazu beitragen können, dass das Zusammenleben mit den neuen Bewohnern funktioniert. "Wir haben alle einen Einfluss ", sagte Fenn in seinem Redebeitrag.
So setzt der Bürgermeister auf Vereine und Freiwillige, die eine Betreuung und Freizeitbeschäftigung für die Asylbewerber organisieren. Nach Aussage von Stross haben sich bereits viele dazu bereit erklärt. Für den 30. Januar ist eine vorbereitende Versammlung geplant.
Ursula Müller-Ahammer sprach den Freundeskreis Asyl an, den es in den 90er Jahren gab. Damals musste Hammelburg 15 Asylbewerber aufnehmen. "Die Aufgabe ist nun bedeutend größer", räumte Müller-Ahammer ein. Sie zeigte sich aber zuversichtlich, da Hammelburg nun Erfahrung habe.