Anwohner, zur Kasse bitte!
Autor: Carmen Schmitt
Bad Kissingen, Freitag, 15. Mai 2015
Diese Anlieger fürchten, dass eine Baustelle vor ihrem Haus sie bald mehr kostet, als ihr Anwesen wert ist. Nur eine Kommune im Landkreis verzichtet auf die Satzung, die das legal macht.
Sie haben schon jetzt die Nase voll. Dabei geht es noch gar nicht richtig los. Von den sieben Anliegern lacht niemand, als sie an diesem Nachmittag auf ihrem Dorfplatz stehen. Dafür geht es um zu viel. 50 000 Euro, 24 000 Euro, 42 000 Euro: Die Frauen und Männer aus Seubrigshausen vermuten, dass schon bald Rechnungen mit solchen Summen ins Haus flattern könnten. Bestellt haben sie nichts, die Stadt will trotzdem liefern.
Ein langes Wort, das für noch längere Diskussionen sorgt: die Straßenausbaubeitragssatzung.
Sinnvoll oder nicht?
"Das ruiniert uns", sagt Theresia Stock. Sie meint damit die Erneuerung des Dorfplatzes, die die Stadt Münnerstadt für Seubrigshausen plant. Einen Teil der Kosten sollen ein Dutzend Anwohner tragen, die entlang des Platzes Grundstücke besitzen. Die rechtliche Grundlage dafür ist die Straßenausbaubeitragssatzung (SABS) der Stadt, nach der die Anlieger beteiligt werden können. Ein "sinnvolles Instrument" findet Michael Kastl (CSU), stellvertretender Bürgermeister in Münnerstadt. Eine "faire Regel", sagt er. Diese Meinung herrscht nicht in allen Rathäusern des Landkreises.
Einsamer Verweigerer
Die einzige Gemeinde im Kreis, die keine Beitragssatzung hat, ist Oberleichtersbach. Bürgermeister Dieter Muth (WG) ist das ganz recht, denn für fair hält er die Regelungen nicht, die in der Vereinbarung stecken. "Die Kosten werden nicht gerecht verteilt. Die Satzung ist umstritten." Solange die Kosten für den Straßenausbau aus der Gemeindekasse bezahlt werden können, wird er weiterhin die Hinweise aus dem Landratsamt abschlagen, das Oberleichtersbach gerne mit einer Straßenausbaubeitragssatzung sehen würde.
"Uns wäre es natürlich auch lieber, wenn die Gemeinde finanziell auf Rosen gebettet wäre", sagt Eckhard Händel, Geschäftsleiter der Verwaltungsgemeinschaft Maßbach. Die jetzige Situation lasse es nicht zu, darüber nachzudenken, die Beitragssatzung abzuschaffen. "Sonst müsste die Gemeinde alles aus der Haushaltskasse zahlen." Im Maßbacher Ortsteil Poppenlauer wurde im vergangenen Jahr die Ortsdurchfahrt für eine Million Euro erneuert. 29 Anlieger müssen sich mit 154 000 Euro an den Kosten beteiligen. Die Höhe für den Einzelnen berechnet sich aus der Grundstücksfläche und dem Nutzungsfaktor, der davon abhängig ist, ob das Gebäude gewerblich genutzt wird und aus wie vielen Geschossen es besteht. Die Anlieger aus Poppenlauer zahlen Abschläge von 1100 Euro bis 15 000 Euro, gesplittet in drei Raten. Bürger aus Oberleichtersbach bleiben von solchen Forderungen verschont.
ADAC: Steuern müssen reichen
"Die Gemeinde kann es sich momentan noch leisten", sagt Oberleichtersbachs Bürgermeister Dieter Muth. Dass die Beitragssatzung fehlt ist ganz nach dem Geschmack des ADAC. Der fordert Kommunen auf, auf die Beiträge zu verzichten. Schließlich seien die Kosten für das Straßennetz durch Steuern und Abgaben "bereits vollständig gedeckt". In Oberleichtesbach soll das in naher Zukunft so bleiben. Immerhin sei erst einmal kein Ausbau geplant, nachdem in den vergangenen zehn Jahren alles "auf Vordermann gebracht worden" sei. In Seubrigshausen sieht das anders aus. Der Meinung sind zumindest die Anlieger des St.-Kilian-Platzes.
Vorwurf mit Konsequenzen?
"Die Kommune verschläft seit Jahren ihre Unterhaltspflicht", sagt Arno Dietz, der auf die Stadt generell nicht gut zu sprechen ist. Ob das in diesem Fall zutrifft, könne Heinz Amling vom Eigenheimerverband Bayern nicht nachvollziehen. In einigen Kommunen stecke Methode hinter so einem Vorgehen: Erst wenn erneuert statt ausgebessert wird, kann die ihre Bürger an den Kosten beteiligen.
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Ist diese Satzung überhaupt noch anwendbar in Zeiten des demografischen Wandels und aussterbender Ortskerne? Einige der betroffenen Bürger Seubrigshausens fürchten, dass die Kosten, die sie erwarten, höher liegen als der Wert ihres Anwesens. Noch sind die Zahlen nicht konkret, mit denen die Frauen und Männer rechnen. Für Theresia Stock steht fest: "Wir werden mit allen Mitteln dagegen kämpfen."