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Anja Binder verlässt Stadtwerke Hammelburg


Autor: Ralf Ruppert

Hammelburg, Sonntag, 12. Dezember 2021

Die Stadt sucht bereits seit Wochen nach einem neuen Geschäftsführer. Vorerst übernimmt der technische Betriebsleiter Stephan Dausacker.
Noch-Geschäftsführerin Anja Binder mit Bürgermeister Armin Warmuth in der Gas-Übergabestation


Ende der Woche hat Anja Binder ihren letzten Arbeitstag als Geschäftsführerin der Stadtwerke Hammelburg. Der Vertrag läuft noch bis Jahresende, nach einigen Tagen Resturlaub wechselt die 48-Jährige zum 1. Januar zu den Stadtwerken Schweinfurt. "Das hat mich schon erst einmal getroffen", kam der Wunsch Binders nach Veränderung für Bürgermeister Armin Warmuth im Spätsommer überraschend. "Ich habe die Arbeit immer sehr gerne gemacht", betont Anja Binder kurz vor ihrem Abschied. Mit 48 Jahren habe sie jedoch entschieden, noch einmal eine neue Aufgabe anzugehen.

Als Bürgermeister ist Warmuth gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender bei der Stadtwerke GmbH. Er sei Anja Binder "freundschaftlich verbunden", betont Warmuth: "Ich konnte mich immer zu hundert Prozent auf sie verlassen." Auch bei den 72 Mitarbeitern habe große Betroffenheit geherrscht, als die Entscheidung Ende September bekannt gegeben wurde. "Frau Binder war bei allen sehr geschätzt." Auch wirtschaftlich verlasse sie die Stadtwerke gut aufgestellt: "Wir hatten im Jahr 2020 das beste Betriebsergebnis in der Geschichte der Stadtwerke", verweist Warmuth auf einen Jahresgewinn von rund 697 000 Euro.

Seit März 2017 an der Spitze der GmbH

Anja Binder hat in den 1990er Jahren Volkswirtschaftslehre an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg studiert. Nach einem Abstecher in die IT-Branche und zur Regierung von Unterfranken kam sie im März 2006 zur Stadtwerke GmbH, die zum Jahresbeginn 2002 aus einem Eigenbetrieb der Stadt gegründet worden war. Nach knapp drei Jahren als kaufmännische Angestellte wurde sie Anfang 2009 kaufmännische Leiterin. 2012 erhielt sie Prokura, im März 2017 wurde sie Nachfolgerin des langjährigen Geschäftsführers Norbert Kühnl. Damit war sie verantwortlich für alle Sparten der Stadtwerke, von Strom-, Gas-, Wärme-, Trinkwasser- und Breitbandversorgung bis zum Betrieb des Hammelburger Schwimmbades und des Parkdecks.

Unter anderem führte Binder auch Vertragsverhandlungen mit Sondervertrags- und Gewerbekunden. Stolz ist sie unter anderem darauf, dass die Stadtwerke alleine im vergangenen Jahr rund 1000 Megawattstunden Strom mehr als 2019 verkauft haben. Das sei auch auf neue Kunden zurückzuführen. Zudem hätten die Stadtwerke im vergangenen Jahr auch die Auswirkungen der Corona-Pandemie deutlich gespürt: Durch mehr Homeoffice und ausgefallenen Urlaub seien der Verbrauch an Wasser, Gas und Strom gestiegen, zudem stieg das Datenvolumen der Breitband-Tochter Habnet.

Ihr sei es immer wichtig gewesen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einem sich stetig verändernden Marktumfeld zu motivieren. "Die Stadtwerke haben eine hohe Kompetenz und gute Leute in allen Bereichen", betont Binder, und: "Ich habe mit dem Personal und dem Aufsichtsrat immer gerne zusammengearbeitet." Trotzdem bleibe der Reiz einer neuen Herausforderung bei den deutlich größeren Stadtwerken Schweinfurt mit rund 350 Mitarbeitern. Binder leitet dort den Bereich Vertrieb und Energieeinkauf und rückt als Prokuristin in die Geschäftsführung auf.

Trotz der geänderten Rahmenbedingungen sei die Profitabilität der Stadtwerke in den vergangenen Jahren stetig gestiegen, berichtet Binder. In ihrer Amtszeit wurden mehrere Millionen Euro Schulden abgebaut. Die Noch-Geschäftsführerin berichtet, dass die GmbH mittlerweile bei Banken eine Top-Bewertung habe, das sei ihr bei einer Kreditanfrage erst vor kurzem bestätigt worden. Zudem erschlossen die Stadtwerke neue Geschäftsfelder: Binder zählt Kooperationen mit benachbarten Kommunen und dem Wasser-Versorger "Hundsbacher Gruppe" auf. Vor allem aber wurden die Hammelburger Stadtwerke durch ihre Breitband-Tochter Habnet bekannt: Bis in die Landkreise Main-Spessart und Schweinfurt hinein wurden Glasfaserkabel verlegt, im vergangenen Jahr stiegen die Umsatzerlöse von Habnet auf 2,27 Millionen Euro.

Investitionen in Infrastruktur

Auch in den anderen Sparten werde ständig investiert: Alleine für Trinkwasserleitungen seien jedes Jahr 1,5 Millionen Euro eingeplant. Als Ort für den Foto-Termin zum Abschied suchte sich Anja Binder die Erdgas-Übergabestation Richtung Seeshof aus. "Wir haben hier 550 000 Euro investiert, um die Versorgung sicherzustellen", berichtet Binder, und: "Man sieht gar nicht, was die Stadtwerke alles unter der Erde haben."

Bürgermeister Warmuth dankte Anja Binder, dass sie bis zum Schluss "mit Hochdruck" an einem guten Übergang mitgearbeitet habe. Vorerst übernimmt der technische Betriebsleiter Stephan Dausacker die Leitung der Stadtwerke. Die Stadt suche derzeit mit Hilfe eines Beratungsunternehmens nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin. Wann die Stelle besetzt werde, sei allerdings noch offen.