Amtsgericht Bad Kissingen: Recycling-Versprechen war ein Reinfall
Autor: Sigismund von Dobschütz
Bad Kissingen, Sonntag, 28. November 2021
Ein Kaufmann und ein Projektentwickler prellten vor sechs Jahren Anleger vermutlich um 115 000 Euro. Jetzt stehen sie vor Gericht.
Zwei Angeklagte müssen sich aktuell vor dem Schöffengericht wegen Finanzbetrugs und vorsätzlichen Verschaffens eines Vermögensvorteils in fünf Fällen in Gesamthöhe von fast 115 000 Euro verantworten. Die Verhandlung gegen einen dritten Verdächtigen wurde nach Vorlage eines Attests wegen Krankheit abgetrennt. Nach Anhörung der beiden Angeklagten, die jeweils mit eigenem Strafverteidiger vor Gericht erschienen, sowie der sieben Zeugen wurde die Verhandlung unterbrochen. Weiter geht es am 10. Dezember.
Versuch eines Deals misslingt
Erst nach mehrjähriger Verzögerung startete der Strafprozess gegen einen 54-jährigen Kaufmann und einen 58-jährigen Projektentwickler. Erschwert wurde die Verhandlung durch das Fehlen des dritten Tatverdächtigen, Stiefvater des Kaufmanns. Der Staatsanwalt warf dem Kaufmann vor, im Sommer 2015 vier gutgläubige Investoren um 98 000 Euro und kurz danach einen weiteren Investor um 15 000 Euro betrogen zu haben.
Zunächst verweigerten beide Angeklagten die Aussage. Bei der "Komplexität des Sachverhalts" hofften ihre Anwälte auf eine Verständigung mit dem Staatsanwalt, "was denn am Ende als Strafe rauskommen könnte". Der Vorsitzende Richter erklärte jedoch: "Ich bin kein Freund von Verständigungen."
Erschwerend käme hinzu, dass der Hauptangeklagte bereits zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt und diese Strafe in das nun zu erwartende Urteil einzubeziehen sei. Der Staatsanwalt rechnete bei dieser Vorstrafe und den zwei weiteren Taten mit einer "Freiheitsstrafe im oberen Bereich ohne Bewährung". Für den nicht vorbestraften Mitangeklagten würde es wohl auf eine Freiheitsstrafe zur Bewährung hinauslaufen. Nach kurzer Diskussion zwischen den Juristen und zehnminütiger Unterbrechung entschieden die Anwälte: "Wir reden über die Sache." Erst jetzt gestand der Hauptangeklagte die Vorfälle, widersprach aber dem Vorwurf, vorsätzlich gehandelt zu haben.
In den ersten vier Fällen ging es ab Juli 2015 um den Bau einer Recycling-Anlage zur Rückwandlung von Plastikmüll in den Rohstoff Öl. Eine solche Anlage gibt es nach Aussage des Mitangeklagten bereits in Baden-Württemberg. Als Projektentwickler gelang es ihm, einem Privatmann im Landkreis das Vorhaben schmackhaft zu machen. Man wollte zunächst in Oberthulba klein beginnen und nach erfolgreichem Einsatz später in Bangladesch eine größere Anlage bauen. Bei einem zweiten Betrugsfall ging es um die Investition in eine Algenzuchtanlage.
Gefälschte Konto-Auszüge
Das zur Finanzierung erforderliche Darlehen in Höhe von drei Millionen Euro werde er über den jetzt Hauptbeschuldigten beschaffen, dessen Stiefvater angeblich über ein Vermögen von 48 Millionen Dollar verfüge. Als Nachweis zeigte er einen nach heutigem Kenntnisstand gefälschten Konto-Auszug. Mit diesem "Nachweis" ließen sich ein Interessent und dessen Freundin sowie zwei weitere Freunde überzeugen, dem Projektentwickler insgesamt 98 000 Euro in bar auszuhändigen, um den Darlehensvertrag abschließen zu können.
GmbH gegründet, Geld kam nie
Mit den 16 300 Euro des ersten Investors und 12 500 Euro von dessen Freundin sollte eine Betriebs-GmbH gegründet werden. Die 70 000 Euro der beiden Freunde sollten als Anschubfinanzierung dienen. Sollte das Darlehen binnen sechs Wochen nicht verfügbar sein, würden die Einlagen an die vier Investoren zurückgezahlt, versprach der Mitangeklagte. Tatsächlich wurde eine GmbH gegründet, doch das vereinbarte Darlehen vom Stiefvater des Hauptangeklagten blieb aus - ebenso wie die Rückzahlung der Einlagen, weshalb es zur Anzeige kam.