Druckartikel: Alles grün - und trotzdem Probleme?

Alles grün - und trotzdem Probleme?


Autor: Sigismund von Dobschütz

LKR Bad Kissingen, Montag, 24. Mai 2021

Grundsätzlich herrscht eine positive Stimmung, was die Ernteaussichten in diesem Jahr angeht. Denn der Mai-Regen hat das Wachstum des Sommergetreides unterstützt. Für die Wälder reicht das aber lange noch nicht aus.
Ein Getreidefeld in sattem Grün: Die Landwirte sind dank des Mairegens vorsichtig optimistisch, dass es eine gute Ernte werden könnte.


"Ist der Mai kalt und nass, füllt's dem Bauern Scheun' und Fass", lautet eine alte Bauernregel. Tatsächlich hat es im Mai bis heute über 30 Prozent mehr geregnet als im Durchschnitt vergangener Jahre. Dabei war es bis jetzt und auch schon im April mehr als drei Grad kälter im Vergleich zum Mittelwert der Vorjahre. Doch die Eisheiligen haben heuer die Blüten der Obstbäume verschont. Dürfen Obstbauern, Winzer und Landwirte also in diesem Jahr mit einer guten Ernte rechnen? Oder gibt es jetzt noch was zu meckern?

"Es gibt immer was zu meckern", sagt Edgar Thomas, Kreisvorsitzender des bayerischen Bauernverbandes (BBV), und lacht. Doch damit meint er eher die Landwirtschaftspolitik der Bundesregierung und der Europäische Union. Mit dem Wetter vergangener Monate ist er dagegen recht zufrieden. "Die Saaten sind gut durch den Winter gekommen, und die Frühjahrsaussaat konnten wir bei guten Wetterbedingungen rechtzeitig erledigen."

Allerdings sei es im April zu kalt gewesen, weshalb es vier Wochen lang kaum einen Wachstumsfortschritt gab. Deshalb haben zumindest die Futterbaubetriebe wegen ihres auf den Feldern stehenden Winterroggens und ihrer Wiesen schon wieder Sorgen.

Denn eigentlich sollten die Wiesen bereits Anfang Mai geschnitten werden, sobald das Gras "Bierflaschenhöhe" erreicht hat. Heuer fehlt noch etwas daran. "Die Betriebe stehen längst in den Startlöchern." Sobald die Wiesen endlich trockener und besser befahrbar sind, soll sofort gemäht werden. Deshalb brauchen die Grünlandbauern unbedingt jetzt Wärme und eine Trockenphase, damit das Gras nicht zu alt wird und dadurch seine Frische verliert.

Auch die Getreideernte wird sich wegen des späten Wachstums heuer wohl verzögern. Der BBV-Kreisvorsitzende rechnet frühestens Anfang Juli damit. "Aber es könnte eine gute Ernte werden", wagt er vorsichtig eine Vorhersage, will aber erst dann jubeln, "wenn Heu und Getreide in der Scheune sind". Aber die Ackerbauern sind grundsätzlich zufrieden. Im Frühjahr sei die Witterung im Vergleich zu anderen Jahren gut gewesen. "Sonst war es immer zu trocken, und dann wurde es schnell heiß." Der jetzige Mai-Regen sei entscheidend für das Wachstum des Sommergetreides. Das Wasser kann sich in den Wurzeln an der Oberfläche gut halten. "Die erste Hürde ist genommen."

"Die Niederschläge der letzten Wochen haben zu einer Steigerung der Bodenfeuchte geführt", bestätigt auch Leonhard Rosentritt als Leiter des Wasserwirtschaftsamtes. Da auch die Temperaturen noch niedrig sind, ist der Bewässerungsbedarf in der Landwirtschaft sowie im öffentlichen und privaten Bereich allenfalls gering, was sich positiv auf die Grundwasserentnahme auswirkt. So werden die lebenswichtigen Trinkwasservorräte geschont, ist Rosentritt mit der Situation zufrieden. Denn die aufgrund der vorangegangenen Dürrejahre stark gesunkenen Grundwasserspiegel haben sich wegen des winterlichen Niederschlagsmangels "nicht wirklich erholt". Denn nur im Winterhalbjahr kommt es zu Grundwasserneubildung.

Keine Entwarnung sieht deshalb auch der Kreisvorsitzendes des Naturschutzbundes, Franz Zang, für die Situation unserer Bäume und Wälder, die ihr Wasser aus tieferen Bodenschichten ziehen. Denn trotz des "gefühlt feuchten Winters" seien in den vergangenen Wintermonaten tatsächlich nur 73 Prozent des langjährigen Niederschlagsdurchschnitts erreicht worden. Aus Sicht des Naturschützers ist allerdings positiv, dass wegen des aktuell feuchten Wetters die Wiesen noch nicht abgemäht wurden. Diese Verzögerung und die sich daraus ergebende Blütenvielfalt "ist ein Geschenk für die Insekten und Vögel".

Noch mehr Regen wünschen sich auch die Weinbauern. "Unterhalb von 20 Zentimetern ist der Boden strohtrocken", klagt Winzer Gerald Baldauf in Ramsthal. "Wir brauchen Reserven für die Vegetation, die jetzt richtig loslegt." Während die Landwirte den zu kalten April mit daraus sich ergebenden Wachstumsstau bemängelten, waren die Winzer damit sehr zufrieden, da der Austrieb ihrer Weinstöcke sich verzögerte und die Frostnächte Anfang Mai somit kaum Schaden anrichten konnten. Wie sich die Reben weiterentwickeln werden, "ist alles Theorie", sagt Baldauf. "Wir werden sehen". Jedenfalls hoffen die Winzer nach den vorigen Frostjahren heuer auf eine ertragreiche Ernte.

Ähnlich argumentiert Obstbauer Claus Schmitt in Reichenbach, soweit es die Verzögerung beim Austrieb der Bäume und den diesjährigen Ausfall von Frostschäden angeht. Der Mai-Regen sei gut für die Hauptwachstumsphase, sagt auch er. "Die starke Blüte lässt eine große Obsternte erwarten, aber..." Während Obstbauer Schmitt die Anfrage beantwortet, geht bei ihm ein starker Hagelschauer nieder. Eine endgültige Vorhersage zur diesjährigen Ernte mag der erfahrene Obstbauer deshalb nicht abgeben. "Hagel ist nur eine von vielen Möglichkeiten, die eine Erwartung binnen Minuten zerstören können."