Alle Klischees werden im Volkstheater bedient
Autor: Peter Klopf
Bad Kissingen, Sonntag, 29. März 2015
Das Chiemgauer Volkstheater gastierte mit dem Stück "Nordlicht über Bollerbach" im Kurtheater in Bad Kissingen und begeisterte dabei seine Zuschauer. Das Ensemble schafft es dabei, die eher "seichte Unterhaltung" als unterhaltsamen Abend zu gestalten.
Kein anderes Theater hat so viele Inszenierungen für das Fernsehen aufgezeichnet wie das Chiemgauer Volkstheater. Regelmäßig werden am Sonntagabend Lustspiele des Ensembles im Bayerischen Fernsehen ausgestrahlt. Aber: Die Vorführung vor dem heimischen Sofa hält keinem Vergleich mit einer Aufführung im Theater stand.
Diese Erfahrung machten auch die Zuschauer im Bad Kissinger Kurtheater.
Mit der Komödie "Nordlicht über Bollerbach" von Ulla Kling zog das Ensemble alle Register, die zu einer guten Unterhaltung gehören. Der Wirt Matthias Birkmoser (Markus Neumaier) und seine Frau Monika (Kristina Helfrich) haben ernste Probleme, denn in ihrem Gasthof "Zum Blauen Krug" ist absolut "tote Hose" - es kommt kein Gast.
Gut, aber verdächtig
Da erscheint unerwartet das "Nordlicht" Jörg Knuppe (Harald Helfrich), ein recht spendierfreudiger Übernachtungsgast, auf der Bildfläche, der auch nicht mehr so schnell abreisen will. Matthias freut sich, Geld klingelt wieder in der leeren Kasse, doch der schlaue Rudi (Flo Bauer) wittert schon bald Verdächtiges ...
Wenngleich der Inhalt des Stückes etwas flach war, so spielte es doch gekonnt mit allen Klischees der Landidylle und der Vorurteile gegenüber der einfältigen Landbevölkerung. Diese bewiesen, mit einigen gekonnten Seitenhieben auf die Städter aus Berlin, wo der Barthel den Most holt. Dirndl, Lederhose, Bier und eine urige Gaststube mit Hirschgeweih als Kulissen waren die optimalen Zutaten für das Lustspiel.
Zuschauer gingen mit
Mit der dazugehörigen Situationskomik und witzigen Dialogen erschufen die Schauspieler eine heile Traumwelt, die es so im Chiemgau nicht gibt. Besonders Mona Freiberg als Dorftratsche mit kriminalistischem Spürsinn und Egon Biscan als einfallsreicher, honoriger Mesner hauchten den Figuren Leben ein, wodurch manche Besucher Parallelen zu ihnen bekannte Personen ziehen konnten. Dabei gingen die Zuschauer fasziniert mit und kommentierten das Geschehen halblaut mit ihren Sitznachbarn, was sonst im Theater eher unüblich ist. Mona Freiberg und Egon Biscan sind im Übrigen Urgesteine in der bayerischen Theaterwelt, aber auch als Darsteller in unzähligen Kino- und Fernsehfilmen einem breiten Publikum bekannt.
Bayer mit Berliner Akzent
Den schwierigsten Part hatten wohl Harald Helfrich und Christine Stichler. Beide sind waschechte Chiemgauer mit "bayeri scher Muttersprache", mit einem pseudoberlinerischen Akzent, die ein Spree-Athener Ehepaar glaubhaft darstellen konnten. Da bekam der Hinweis "Die Verständigung mit euch Bajuwaren ist schwierig" einen doppelten Sinn. Dennoch gelang es beiden, als Berliner beim Publikum zu punkten.
Auch Kristina Helfrich - sie ist die Tochter von Mona Freiberg und Bernd Helfrich - bewies als quirlige und sympathische Wirtin, dass auch sie in die Fußstapfen ihrer Eltern und ihrer Großmutter, der legendären Amsi Kern, treten kann. Alles in allem eine gelungene Inszenierung, die nicht nur Gäste der Kurstadt, sondern auch viele Einheimische begeisterte.
Mal wieder was Anderes
Dass bei der nächsten Fernsehpremiere des Chiemgauer Volkstheaters viele von ihnen die "Glotze" einschalten und auch bei der nächsten Aufführung im Kurtheater dabei sind, versteht sich von selbst. So hörte man während der Pause im Foyer viele begeisterte Gästestimmen.