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Abi-Bälle im Kreis Kissingen: Vom Ballkleid bis zur Rockband


Autor: Ralf Ruppert, Thomas Malz

Bad Kissingen, Donnerstag, 23. Juni 2016

Die Kissinger Abiturienten hatten ihre Gala schon, die Hammelburger und Münnerstädter lassen es rocken, die Bad Brückenauer wurden versetzt. (Mit Kommentar)
Am Montagabend feierten die 120 Bad Kissinger Abiturienten bereits ihren Ball. Die Ballkleider und das Ambiente setzte Fotografin Dawn Hänsch von der Agentur Morningside in Szene. Vorne im Bild sind die Bad Bockleter Abiturientin Celine Wehner mit ihrem Freund Marcel Dünisch zu sehen. Foto: Dawn Hänsch


285 Abiturienten erhalten am Freitag an den vier Gymnasien im Landkreis ihr Abitur-Zeugnis. Nach zwölf (oder mehr) Jahren Schule lassen es die Abiturienten schon seit zwei Wochen richtig krachen: Partys, Abi-Streich und Abi-Ball stehen auf dem Programm. Die Bad Kissinger Abiturienten haben ihren Ball wegen des Kissinger Sommers auf Montag vorgezogen.

Noch extremer wirkt sich das Klassik-Festival in Bad Brückenau aus: Dort weichen die 41 Abiturienten samt Anhang ins hessische Gersfeld aus.


25 Kilometer Fahrt bis zum Ball

"Wir hätten gerne im Kursaal gefeiert", sagt Abiturientin Dana Müller, die gestern mit anderen aus dem Jahrgang die Gersfelder Stadthalle schmückte. Mündlich habe es auch eine Zusage gegeben, erst auf eine erneute Anfrage hin habe die Staatliche Kurverwaltung plötzlich mitgeteilt, dass der Saal doch nicht zur Verfügung steht. Nachdem auch die Verhandlungen zur Wandelhalle scheiterten und weil die Georgi-Halle ihnen zu klein war, stellten die Abiturienten auf stur: "Die Mehrheit hat dann gesagt, dass sie nicht hier bleiben wollen." Die Wildfleckener Mitschüler hätten Gersfeld vorgeschlagen. Nun fährt nach der Zeugnis-Übergabe im Bad Brückenauer Gymnasium ein Autocorso die 25 Kilometer nach Hessen.


"Zeugnis auf bayerischem Boden"

"Die Vorgabe der Schule war, dass die Zeugnisse auf bayerischem Boden übergeben werden", betont Oberstufenkoordinator Peter Gottwalt. Zu den Umständen der Standort-Suche will er sich nicht äußern, aber Konsequenzen hat er schon gezogen: "Wir haben den Kursaal für das kommende Jahr bereits reserviert und werden möglichst bald mit der Q 11 sprechen, ob sie das Geld dafür zusammen bekommen."
2082,50 Euro kostet der Kursaal samt Reinigung und Steuer. Nachlass gibt es für Schulen laut dem stellvertretenden Kurdirektor Titus Tesar nicht. Er bestätigt, dass der 24. Juni 2016 bereits im Sommer 2015 als Wunschtermin telefonisch mitgeteilt worden sei, aber: Es habe keine verbindliche Zusage und keinen Vertrag gegeben. Im November sei das Gymnasium informiert worden, dass am 25. Juni ein Kissinger-Sommer-Konzert stattfindet und deshalb der Ball am Freitag nicht möglich sei. Es seien sowohl Alternativtermine, als auch die Wandelhalle angeboten worden. Das Gymnasium habe aber darauf bestanden, dass der Abi-Ball am letzten Freitag im Juni stattfinden müsse: "Diese Information ist für uns neu", betont Tesar, und: In Zukunft sollen solche Kollisionen mit dem Kissinger Sommer vermieden werden.
Die Wandelhalle lehnten die Abiturienten unter anderem ab, weil sie am nächsten Morgen um 8.30 Uhr hätte sauber sein müssen. "Ich finde es tottraurig, dass der Abi-Ball heuer in Hessen stattfindet", kommentiert die Bad Brückenauer Bürgermeisterin Brigitte Meyerdierks die Entscheidung. Sie selbst sei in die Verhandlung nicht eingebunden gewesen und habe auch keinen Einfluss auf die Entscheidungen der Staatlichen Kurverwaltung: "Wir können da nichts mitreden." Auch Übernachtungen gehen dem Staatsbad verloren, denn die Familien etlicher Abiturienten haben sich auch gleich in Gersfeld eingemietet.


Erst Ball, dann Zeugnisse

Das Bad Kissinger Jack-Steinberger-Gymnasium geht dem Kissinger Sommer schon seit Jahren aus dem Weg, indem der Abi-Ball im Regentenbau eher gefeiert wird. "Es geht nicht anders", sagt Schulleiter Frank Kubitza dazu. Also schmissen sich die 120 Abiturienten bereits am Montag in Schale: "Es war ein Wahnsinnsball", schwärmt Abiturientin Anna Schmück. Das exklusive Ambiente im Regentenbau hat aber seinen Preis: 3500 Euro plus Gebühren kostet alleine der Saal, insgesamt hatten die Bad Kissinger Gymnasiasten ein Budget von 20 000 Euro für den Abend, ein Teil davon stammt von Aktionen wie Plätzchenverkauf oder von der Zusammenarbeit mit der Disco "Look", in der der Abi-Ball in der Nacht auch ausklang.


Preis-Nachlass für Abiturienten

Auch wenn Anna Schmück die Zusammenarbeit mit der Staatsbad GmbH kritisiert, betont Kurdirektor Frank Oette, dass er den Abi-Ball auf alle Fälle behalten will: "Das ist ein Ereignis, das man sein Leben lang nicht vergisst." Gerade junge Menschen müssten den Regentenbau kennenlernen - und weiterempfehlen. Deshalb gebe es auch einen Preis-Nachlass, aber nicht allzu hoch: "Wir müssen trotzdem wirtschaftlich arbeiten."
2015 spielte sogar die Showband "Barbed Wire" beim Abi-Ball im Regentenbau. Die Band verlost seit 2015 einen Auftritt bei einem Schul-Abschluss. "Die Gewinnerschule bekommt unsere Live-Performance mit gesamter Licht- und Tontechnik an einem Datum ihrer Wahl - alles komplett kostenlos", berichtet Florian Johmann von Barbed Wire und kündigt an, dass es die Verlosung unter www.biggest-abi-party.de fürs kommende Jahr wieder gibt.


"Barbed Wire" für geladene Gäste

Heuer hat das Hammelburger Gymnasium das Rennen gemacht: Nach Zeugnis-Ausgabe und Essen wird heute die Turnhalle Oberthulba zur Konzerthalle umgebaut. Die Eltern werden heimgeschickt. Jeder Schüler durfte fünf Gäste einladen, ein Sicherheitsdienst sorgt dafür, dass die Party intern bleibt. Trotz kostenloser Band geben die 71 Hammelburger Gymnasiasten rund 15 000 Euro aus.
Rockig geht's heute auch in der Münnerstädter Mehrzweckhalle zu, die seit zwei Tagen hergerichtet wird: Nach dem offiziellen Teil sorgt die Gruppe "Xtreme" für Stimmung. "Ungefähr 12 000 Euro wird das kosten", schätzt Abiturientin Lisa Back. Ein Teil kommt über den Eintrittspreis wieder rein. Zudem haben die Schüler beim Abi-Ball 2015 geholfen, Vereine bei der Bedienung unterstützt und Geld durch Verkäufe am Weihnachtsmarkt gesammelt.

Dazu ein Kommentar von unserem Redakteur Ralf Ruppert:

Zum Feiern ins hessische Exil

Die Staatliche Kurverwaltung in Bad Brückenau verwaltet Steuergelder und staatliches Eigentum. Dass dort betriebswirtschaftlich gedacht wird, ist auf den ersten Blick also sehr beruhigend. Dass man - anders als in Bad Kissingen - aber die Abiturienten so abblitzen lässt, macht doch nachdenklich. Es mag auch eine gehörige Portion Trotz der Abiturienten dabei sein, aber dass sie zum Feiern bis nach Gersfeld fahren, ist ein Unding. Die Abiturienten kommen aus dem gesamten Altlandkreis, in fast jedem Ort wird sich rumsprechen, wie "das Staatsbad" mit den Leuten umgeht. Ab Herbst auch noch Gebühren für Hochzeitsfotos oben drauf zu setzen, dürfte die Stimmung nicht verbessern. Bei allem Verständnis dafür, dass die Kurverwaltung auf ein exklusives Klientel setzt, das Ruhe und Abgeschiedenheit sucht, und dass ein Kissinger-Sommer-Konzert natürlich wichtig für das Staatsbad ist: Bad Brückenau sollte nicht den Fehler machen, den Bad Kissingen einst gemacht, aber überwunden hat: Das eigene Umland vor den Kopf zu stoßen.