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70 Ehrenamtliche nehmen sich eine Stunde Zeit


Autor: Sigismund von Dobschütz

Bad Kissingen, Montag, 14. März 2016

Vor fünf Jahren gründeten die beiden Bad Kissinger Pfarreiengemeinschaften Herz Jesu und St. Elisabeth ihre Initiative "Eine Stunde Zeit für einander".
Diakon Christoph Glaser feierte mit ehrenamtlichen Helfern das fünfjährige Bestehen der Initiative "Eine Stunde Zeit".  Foto: Sigismund von Dobschütz


Vor fünf Jahren gründeten die beiden Bad Kissinger Pfarreiengemeinschaften Herz Jesu und St. Elisabeth ihre Ehrenamtsinitiative "Eine Stunde Zeit für einander". Ideengeber war Diakon Christoph Glaser, der gemeinsam mit Helga Vierheilig von der Caritas die ersten ehrenamtlichen Helfer um sich vereinte. Mindestens eine Stunde pro Woche wollte man sich um Hilfsbedürftige kümmern, denen persönliche Ansprache fehlte oder die Unterstützung im Alltag brauchten.
"Die Idee war eigentlich nicht neu", daran erinnerte der Diakon bei Kaffee und Kuchen die heute aktiven Helfer, meistens selbst schon im Seniorenalter. Seit 20 Jahren hatte es zuvor die Nachbarschaftshilfe der Caritas gegeben. Doch dem Diakon war bei seinen Hausbesuchen und in Trauergesprächen aufgefallen: "Es braucht mehr als professionelle Hilfe." Viele Alleinstehende sehnen sich nach persönlicher Zuwendung, nach menschlicher Wärme. Glaser: "Man darf nicht die Verantwortung auf Wohlfahrtsverbände oder Senioreneinrichtungen abschieben."
Es sind die kleinen Dinge im Leben, die dem Alltag Wärme und Licht geben. "Gut, dass Sie kommen", hatte Glaser bei seinen Haus- oder Heimbesuchen oft gehört, "mich hat schon lange keiner mehr besucht." Diese Nächstenliebe sollte aber nicht nur den Alten, sondern jedem Hilfsbedürftigen gewährt werden - dem sozial Schwachen, der alleinstehenden Mutter, dem Flüchtling.
Professionelle Hilfe, wie sie heute überall angeboten wird, ist wichtig. Doch für den Alleinstehenden gilt in erster Linie, "dass jemand für ihn da ist, der Anteil nimmt und ihm zur rechten Zeit ein gutes Wort sagt". Die Übernahme kleiner Hilfsdienste ergibt sich von selbst. Gemeinsame Besorgungen, die Begleitung zum Arzt, zu Behörden oder zum Gottesdienst lösen den Hilfsbedürftigen aus seiner Isolation und ermöglichen ihm die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Alleinerziehende Mütter können durch Kinderbetreuung und Hausaufgabenhilfe entlastet werden. Glaser: "Wir haben sogar einmal bei einem Umzug mitgeholfen."
Doch wichtiger ist oft das scheinbar Nebensächliche: Ein Senior suchte händeringend einen Partner zum Mühle-Spiel. "Nach Monaten haben wir ihm endlich jemanden vermitteln können."
Obwohl heute bis zu 70 Ehrenamtliche nach eigenen Interessen und Begabungen ihre Unterstützung anbieten, werden zusätzliche Helfer gesucht, um alle Anfragen befriedigen zu können. "Jeder kann so viel helfen, wie er mag, keiner soll sich verpflichtet fühlen", nimmt Glaser die mögliche Angst vor der Meldung und macht Mut: "Helfen ist keine Einbahnstraße." Er selbst hat immer wieder erfahren: "Mit dem Besuch gibt man dem anderes etwas, aber man kehrt selbst als Beschenkter heim", beschenkt mit Dankbarkeit.


Manchmal wird mehr daraus

Dies zeigte sich in der Kaffeerunde auch in den Berichten einiger Helfer. Es kann sich sogar aus einer Stunde Geselligkeit pro Woche eine Freundschaft fürs Leben ergeben, wie Gertrud Reuter (64) berichten konnte. Vor zwei Jahren wurde bei ihr angefragt, ob sie auch einem Mann gelegentlich Gesellschaft leisten wolle. Ihre spontane Antwort: "Ich habe keine Angst vor Männern." Sie nahm den Auftrag gern an. Aus einer Wochenstunde wurde bald mehr: "Seit September leben wir zusammen."


Kontakt:

Initiative "Eine Stunde Zeit füreinander", Gabriele Makowka, Telefon: (0971) 44 49; Elisabeth Wagner, Telefon: (0971) 54 23.