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30 Jahre Theaterring


Autor: Gerhild Ahnert

Bad Kissingen, Dienstag, 07. Oktober 2014

Trotz vieler Widrigkeiten gibt es in Bad Kissingen immer noch ein breites Angebot.
Auch Ballett gehört von Anfang an zum Theaterring in Bad Kissingen. In diesem Jahr steht die River North Dance Company aus Chicago auf dem Programm.  Foto: Cherryl Mann


Bad Kissingen — Von einer Theaterabonnementveranstaltung für die Kissinger Bürger träumten die beiden Vorsitzenden des Kissinger Kunst- und Kulturkreises, Dieter Scherner und Gerhild Ahnert, schon lange. So waren beide glücklich, als der damalige Oberbürgermeister Georg Straus den Kulturkreis darum bat, das Theaterprogramm für den ersten Theaterring 1985/ 86 zusammenzustellen.

Die Idee war, neben dem damals noch reichhaltigen Unterhaltungstheater der Kurverwaltung mit bekannten Schauspielern von Film und Fernsehen, Bauernbühnen und gefälligen Operetten ein anspruchsvolleres Programm aus einem Ballettabend, einer Oper und acht Sprechtheaterstücken zusammenzustellen.
Dass dieses Konzept auch im 29. Jahr seines Bestehens noch immer den Vorstellungen und Erwartungen von Georg Straus entsprach, drückte Straus in einem Telefonat Ende 2013 kurz vor seinem Tod noch einmal gegenüber Gerhild Ahnert aus.
Nach Dieter Scherners Versetzung nach Sachsen übernahm Gerhild Ahnert 1990 die Intendanz des Theaterrings der Stadt Bad Kissingen im Kurtheater und kann jetzt zur Spielzeit 2014/ 15 einladen.
Von Beginn an arbeiteten die Stadt Bad Kissingen, die Staatsbad GmbH (zu Anfang natürlich die Kurverwaltung) und der/ die Vorsitzende des Kissinger Kunst- und Kulturkreises beim Projekt Theaterring zusammen, wobei beim KKKK die Zusammenstellung des Programms, bei der Stadt Finanzierung und Abonnentenbetreuung und bei der Staatsbad die technische Betreuung im Kurtheater, die Abwicklung der Verträge mit den Bühnen und der Verkauf der Einzelkarten lagen.

Gute Auslastung

Dass die Bad Kissinger Bevölkerung das Angebot der Veranstaltertrias gerne annahm, zeigte sich vor allem in den letzten zwei Jahrzehnten an einer fast durchgehend guten bis vollständigen Auslastung der Veranstaltungen zwischen 75 und 100 Prozent und einem für eine Kleinstadt sehr hohen Abonnentenstamm, der schon ein sehr gut gefülltes Haus auch in Zeiten garantiert, in denen wenige Kur- und andere Gäste in der Stadt weilen.
Das Programm des Theaterrings versucht der Tatsache Rechnung zu tragen, dass das Publikum, der Bevölkerung einer Stadt wie Bad Kissingen entsprechend, nicht im Wesentlichen aus Theaterspezialisten besteht, sondern recht verschiedene Erwartungen zu einem Theaterbesuch mitbringt, weshalb die Mehrzahl der Inszenierungen sich bewusst nicht aus dem Bereich provokanten und verstörenden Regietheaters speist, sondern solide und dem Verständnis dienende Aufführungen ins Kurtheater zu bringen versucht.
Was das Zusammenstellen der Reihe in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend komplizierter gemacht hat, ist die Tatsache, dass es im Laufe der Jahrzehnte immer schwieriger für die Tourneetheater, privaten Bühnen und Stadttheater als Gastspielbühnen geworden ist, mit genau den Stücken aufzuwarten, die Georg Straus, Dieter Scherner und Gerhild Ahnert einst im Visier hatten. Flockig-leicht, gefällig, wenig anstrengend, sich dem Niveau des Fernsehens anpassend, mal schrill, mal seicht und vor allem trendig wird von Gastspieltheatern heutzutage als Programm angefordert. Viele, die dabei nicht mitmachen wollten, haben sich schon aus dem Geschäft verabschiedet, andere haben sich in der Tat auf reine Unterhaltung konzentriert. So hätte man noch vor 15 Jahren locker 25 Aufführungen zusammenstellen können, die in das Konzept des Theaterrings gepasst hätten, heutzutage gibt es vergleichsweise wenige Anbieter, die den Qualitätsvorstellungen entsprechen.
Die geringe Zahl jugendlicher Besucher liegt wohl vor allem daran, dass die meisten Schüler nicht in der Kernstadt Bad Kis singen wohnen, und sie nach 18 Uhr keine öffentlichen Verkehrsmittel zur Verfügung haben, die sie nach dem Theaterbesuch noch in ihre Dörfer zurückbringen würden. Auch ist das Interesse der an den weiterführenden Schulen unterrichtenden Lehrer in dem Maße zurückgegangen wie die Tendenz junger Lehrer, am Schulort auch zu wohnen. Noch vor fünf Jahren waren in den Aufführungen von lehrplanrelevanten Stücken ein bis zwei Schulklassen. Heutzutage ist das Angebot der Schulstadt aus dem Fokus vieler Unterrichtender gerückt, sie karren ihre Schüler eher nach Würzburg, weil sie selbst dort wohnen.
Und noch etwas Weiteres hat sich geändert: Nicht nur sind die Produktionen im Laufe der Jahre natürlich teurer geworden, sondern es herrscht auch eine verschärfte Konkurrenz zwischen den Theatern in einem Landstrich. Während es vorher nie einen Kampf zwischen den beiden Gastspieltheatern Schweinfurt und Kissinger Kurtheater gegeben hatte, kamen in letzter Zeit unschöne Versuche vor, die gleichen Aufführungen wie in Schweinfurt in der selben Spielzeit in Bad Kissingen zu verhindern.
Angesichts der kleinen Bühne, der vergleichsweise geringen Zahl der Sitzplätze, der finanziellen Spielräume von Bad Kis singen ist es eigentlich ganz erstaunlich, dass der Bad Kissinger Theaterring nun schon auf 30 erfolgreiche Jahre zurückblicken kann.