2G wird das Weihnachtsgeschäft schwächen
Autor: Franziska Keller
Bad Kissingen, Freitag, 10. Dezember 2021
In Geschäften, die nicht zum täglichen Bedarf zählen, gilt seit Mittwoch 2G. Was sagen Kissinger Händler dazu, gerade jetzt, wo das Weihnachtsgeschäft bevor steht?
Trotz aller Kritik von Handelsverbänden kam sie: Die neue 2G-Regelung trat in Bayern am Mittwoch in Kraft. Das hat auch großen Einfluss auf die Geschäfte in der Region. Eines davon ist "Fahrrad Floth" in Bad Kissingen. Johannes Floth, der Geschäftsführer, findet diese Auflagen richtig: "Gesundheit geht vor." Die neuen Regeln zeigten an, dass es vorwärts ginge in Sachen Pandemiebekämpfung. Aber: Er hat seinen Laden seit Inkrafttreten der 2G-Auflagen in Bayern geschlossen. Grund hierfür sei vor allem die Kontrolle der Impf- und Genesenenausweise. "Das ist personaltechnisch einfach nicht möglich", sagt er.
Außerdem habe er sich vom Weihnachtsgeschäft schon verabschiedet. Auch wenn es jetzt die "kalte Jahreszeit für Fahrräder" wäre, sei es auffällig, dass kaum mehr Kunden kämen. Das Problem gebe es nicht erst seit Corona: Schon seit fünf oder sechs Jahren laufe das Weihnachtsgeschäft nicht gut. Kinderräder, früher sehr beliebt, würden momentan kaum mehr Absatz finden. "Alles wird online verkauft", sagt er. Die Konkurrenz aus dem Internet treffe da hart, auch weil die Online-Großhändler im Vergleich zu den kleinen lokalen Händlern mehr Auswahl hätten.
Es kämen zwar noch einige Menschen in den Laden, kaufen würden sie aber nichts. "Da wird extrem viel Infoklau betrieben", so Floth. Das bedeutet im Klartext, dass sich die Personen beraten lassen, beispielsweise bezüglich der Größe des Rads, da dies online nicht möglich sei. "Sie stellen bestimmte Fakten fest, kaufen aber nur online, mithilfe der gratis Beratung vor Ort", moniert der Fahrradhändler.
Bücher sind täglicher Bedarf
Claudia Bollenbacher, die Inhaberin des Buchladens Seitenweise in Bad Kissingen, hofft, dass das Weihnachtsgeschäft in diesem Jahr trotz allem gut laufen wird. Die Maßnahmen seien "okay - im Rahmen dessen, wie sie eben okay sein können". Buchhandlungen zählen zu den Geschäften des täglichen Bedarfs und sind somit von der 2G-Regel ausgenommen. Ihr Laden ist auch digital aufgestellt: Während des Lockdowns 2020 lief das Online-Geschäft sogar sehr gut, so die Buchhändlerin. Trotzdem kämen noch immer viele Kunden, um vor Ort zu kaufen. Aber es gebe auch Probleme. Schuld daran seien die Lieferengpässe, beispielsweise bei Bestellungen aus den USA oder Großbritannien, die sich hinzögen. "Einige Bestseller sind erst wieder im Januar lieferbar", sagt Bollenbacher.
Steffen Ahlert hat seiner Frustration über die neuen Auflagen in einem Facebook-Post Luft gemacht. Die Zustimmung ist groß, den Beitrag haben bereits über 130 Leute geliked. Der Besitzer des gleichnamigen Spielwarengeschäfts findet 2G zwar allemal besser als einen erneuten Lockdown, was eine "totale Katastrophe" wäre. Aber bei der Umsetzung stünden große Fragezeichen im Raum. "Mitarbeiter sind sowieso knapp", meint der Spielwarenhändler. Organisatorisch sei die Kontrolle kaum zu bewältigen. Und er beklagt: "Es kann da auch Ärger geben, weil manche Leute auch aggressiv werden können."
Es sei eine "Unverschämtheit" von Seiten des Staates aus, dass Empfehlungen und Richtlinien nicht klar kommuniziert würden. "Es hieß mal, es gebe null Ansteckung im Einzelhandel. Die Auflagen jetzt passen damit nicht zusammen. Was stimmt jetzt?" Ahlert zeigt sich zudem verwundert darüber, dass 2G beispielsweise in Blumen- oder Baumärkten nicht gelte. Außerdem findet er es ironisch, dass zum Beispiel ungeimpfte Polizeibeamte die Einhaltung der 2G-Auflagen kontrollieren dürften.
Fahrtwind für Online-Händler
Die Umsetzung der 2G-Regel bedeutet laut Ahlert vor allem ein "Riesenkonjunkturprogramm für die Onlinehändler", da Ungeimpfte nur noch dort einkaufen könnten. "Dadurch verödet dann die Innenstadt", fürchtet der Spielwarenhändler. Auch sein Geschäft werde wieder Umsatzeinbußen haben. Corona-Hilfen hätte er letzten Dezember keine bekommen, da sein Verlust die Schwelle von mindestens 30 Prozent Gewinnausfall nicht überschritten habe, die dafür notwendig gewesen wäre. Erst im Januar gab es Hilfszahlungen. Auch für dieses Jahr befürchtet er: "Es wird wieder so kommen - vielleicht haben wir dann 25 Prozent minus, und Hilfen gibt es erst wieder ab 30." Sein Fazit: "Es bleibt spannend - aber wir müssen versuchen, es mit Humor zu nehmen."