26 neue Schöffen ans Bad Kissinger Amtsgericht berufen
Autor: Benedikt Borst
Bad Kissingen, Freitag, 17. Januar 2014
Seit Januar hat Amtsgerichtsdirektor Matthias Göbhardt 26 neue Schöffen an seiner Seite. Er braucht sie in den nächsten fünf Jahren vor allem dann, wenn er "mit Berufsblindheit geschlagen" ist.
Auch Richter sind nicht unfehlbar und für Hilfe von außen dankbar. Matthias Göbhardt, Direktor des Bad Kissinger Amtsgerichts, hatte im Alter von 27 Jahren gerade seine erste Richterstelle in Schweinfurt angetreten und musste gleich zu Beginn eine hochschwangere Prostituierte vernehmen. "Wie weit sie war, wusste ich erst, als bei ihr die Wehen eingesetzt haben", erzählt er. Was er nicht bemerkte: Die Frau spielte dem Richter nur etwas vor, um die Vernehmung zu behindern.
Das erfuhr Göbhardt aber erst im Nachhinein.
Helfer der Justiz
"Berufsrichter sind manchmal mit Berufsblindheit geschlagen", sagt Göbhardt. Man verrennt sich in die Details eines Falles, steckt in riesigen Aktenbergen und hat den Kopf voller juristischer Paragrafen und Fachbegriffe. "Deshalb sind wir froh, dass Schöffen dabei sind und ihre Lebens- und Berufserfahrung einbringen", sagt er. Die Schöffen, also ehrenamtliche Richter, seien Garanten für eine lebensnahe und verständliche Rechtsprechung.
Seit Januar sind 26 neue Schöffen im Amtsgericht Bad Kissingen im Einsatz. Bis Ende 2018 unterstützen sie Matthias Göbhardt dabei, bei Strafverfahren gegen Erwachsene und Jugendlich ein gerechtes Urteil zu fällen.
Die Schöffen schultern immense Verantwortung, betont der Amtsgerichtsdirektor. "Sie greifen in das Leben von Menschen in hohem Umfang ein", sagt er. Am Amtsgericht können Höchststrafen von vier Jahren Haft verhängt werden. "Das ist ein massiver Eingriff. Es erfordert, dass sie sich intensive Gedanken machen müssen, wie sie urteilen", erklärt Matthias Göbhardt weiter.
Sie sind gleichberechtigt zu dem Berufsrichter, den sie unterstützen. Schöffen haben dasselbe Frage- und Entscheidungsrecht, wie der Vorsitzende. "Sie sind unabhängig, unparteiisch und nur dem Gesetz verpflichtet", erläutert Göbhardt. Das bedeutet auch, dass im Verfahren die beiden Schöffen den ausgebildeten Juristen bei der Urteilsentscheidung überstimmen können. "Das kommt aber relativ selten vor", sagt Göbhardt. Im Regelfall werde bei den Urteilsberatungen ein Konsens gefunden.
Die Laienrichter sind für verschiedene Sachgebiete zuständig. Am Amtsgericht gibt es Haupt- und Hilfsschöffen, jeweils für das Erwachsenen- und Jugendstrafrecht. "Wir versuchen sie so einzusetzen, dass jeder jährlich an zehn bis zwölf Verhandlungen teilnimmt", sagt der Richter. Die Schöffen legen vor ihrem ersten Verfahren einen Eid oder ein Gelöbnis auf das Grundgesetz ab. Dann werden sie für die nächsten fünf Jahre Gewichte auf Justitias Waage.