25 wollen helfen, zehn suchen Hilfe
Autor: Sigismund von Dobschütz
Bad Kissingen, Mittwoch, 29. Januar 2014
Ein neuer Verein wird sich um hilfs- bedürftige Mitbürger kümmern: Einkaufen, sauber machen, Fahrdienste und vieles mehr.
Drei Jahre lang wird das neue Generationen-Netz von Landkreis und bayeri schem Sozialministerium finanziell gefördert. Dann muss es selbst laufen. Doch bis die neue Selbsthilfegemeinschaft wirklich ein Selbstläufer ist, ist noch viel zu tun. Das machte Projektleiterin Magdalena Döblinger am Dienstag beim ersten Informationsabend deutlich.
Über 30 interessierte Senioren, überwiegend ältere Damen, hatten sich am Dienstag im Mehrgenerationenhaus eingefunden, um sich über Ziel und Aufgaben informieren zu lassen. "Ich habe schon in Bremen viele Jahre lang Demenz-Kranken geholfen", erzählte Margarete Geitz. Sie wollte sich erst einmal informieren. Vieles ist denkbar. Ob Gartenhilfe oder Straße kehren, ob Küchenhilfe oder Grabpflege, ob Nähen oder Kochen - die Bandbreite möglicher Hilfsdienste für hilfsbedürftige Bürger ist grenzenlos.
Einfallsreichtum ist gefragt
"Uns wurden schon Hilfsdienste angeboten, an die wir selbst noch nicht gedacht haben", will Döblinger den Einfallsreichtum hilfsbereiter Mitbürger gar nicht erst einschränken. Für jede erbrachte Hilfe verlangt der Trägerverein, in dem sowohl Nehmende wie auch Gebende Mitglied sein müssen, einen Stundenlohn von acht Euro. Der Leistungserbringer bekommt sechs Euro, zwei Euro bleiben dem Verein für seine Vermittlungsarbeit.
Was will der Verein leisten?
"Wir vermitteln gern Hilfe im Haushalt, aber keine billige Putzfrau", machte Döblinger den Unterschied deutlich. Sie werde sich vor einer Leistungsvermittlung immer ein Bild vom Hilfsbedürftigen machen. "Wir wollen keinem Profi Arbeit und Verdienstmöglichkeit wegnehmen." Wenn ein Hilfesuchender sich Essen auf Rädern leisten kann, muss niemand zum Kochen kommen. Aufgabe des Netzwerks ist deshalb nicht die regelmäßige Hilfe, wie sie von sozialen Einrichtungen angeboten wird, sondern eher eine gelegentliche, zeitlich begrenzte. Sinn des Vereins sei es, spontan Lücken im Versorgungsnetz zu schließen. "Wir werden künftig mehr solcher sozialen Netzwerke brauchen", nennt Georg Schulz-Hertlein, beim Landratsamt für die Servicestelle Bürgerengagement verantwortlich, den Grund für den neuen Verein, deren Mitgliedsbetrag pro Jahr auf 35 Euro festgesetzt ist. "Auch auf dem Land lösen sich die familiären Generationenbeziehungen auf." Die Alten bleiben oft allein.
Interessenten vorhanden
Bisher haben sich schon 35 Interessenten aus dem Landkreis bei Magdalena Döblinger vormerken lassen: "25 wollen helfen, zehn suchen Hilfe." Die Zahl der Helfer sei immer größer, weiß sie. "Es gehört Mut dazu, um Hilfe zu bitten." Dabei seien es oft nur kleine Gefälligkeiten, die sogar, wenn das Geld besonders knapp ist, bargeldlos verrechnet werden können: "Ein Senior sucht jemanden, der ihm etwas nähen kann. Als Gegenleistung kann er im Garten arbeiten, oder mal den Keller aufräumen."
Putzen und Fahrdienst
Christa Roth aus Nüdlingen ist eine der ersten, die sich spontan in die Liste eingetragen hat: "Ich putze gern Fenster." Fahrdienste will sie auch anbieten. Astrid Obermann aus Bad Kissingen sieht es ganz nüchtern: "Jetzt kann ich noch helfen, aber vielleicht brauche ich mal selbst Hilfe." Auch sie will Fahrdienste im Landkreis anbieten, oder beim Einkaufen helfen. Erste Anfragen aus Bad Kissingen, Münnerstadt, Gefäll und Oberthulba liegen dem Verein schon vor. Ein Senior braucht Hilfe im Haushalt, ein anderer braucht Einweisung in seinen neuen Tablett-PC. "Gerade für Handy- und Computer-Einweisung suchen wir noch Schüler", will Döblinger die Jugend zum Mitmachen motivieren. Erst dann ist die neue Hilfsgemeinschaft tatsächlich ein Generationen-Netz. "Das Netzwerk wird wachsen", ist sie zuversichtlich.