Tierquälerei auf fränkischem Schlachthof aufgedeckt - 500 Stunden Videomaterial
Autor: Agentur dpa, Julia Gebhardt
Wassertrüdingen, Donnerstag, 22. Mai 2025
Nach der Veröffentlichung von Videoaufnahmen erhebt eine Tierschutzorganisation massive Vorwürfe gegen ein Schlachtunternehmen in Bayern. Der Betrieb wurde bereits kurz nach Bekanntwerden der Vorwürfe eingestellt. Nun hat die Tierrechtsorganisation das belastende Material vollständig ausgewertet - und zieht Bilanz.
Update vom 22.05.2025: Tierrechtsorganisation wertet 500 Stunden Videomaterial aus
Ende April machte ein Tiermissbrauchs-Skandal aus Ansbach bundesweit Schlagzeilen. Die Tierrechtsorganisation Aninova hatte "nach kurzer Sichtung" des Material, das ihnen zugespielt worden sei, "direkt die zuständigen Behörden informiert", sagt Jan Peifer, der Vorstandsvorsitzende der Organisation. Die Bayerische Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (kurz KBLV) hatte unmittelbar danach gehandelt und der Firma mit sofortiger Wirkung die Schlachtung untersagt. Bei dem Schlachthof handelt es sich nach Angaben der KBLV um den größten Althennen-Schlachthof in Bayern und um einen der größten bundesweit.
Inzwischen wurde das gesamte Beweismaterial gesichtet und analysiert - insgesamt "mehr als 500 Stunden" Videomaterial, das mit fünf versteckten Kameras "zwischen dem 31. März 2025 und dem 14. April 2025" aufgenommen worden war. "Ich habe selten solch eine hohe Vielzahl von Verstößen gesehen", äußerte sich Jan Peifer, Vorstandsvorsitzender von Aninova gegenüber der Presse zu den Auswertungen.
"Selten solch eine hohe Vielzahl von Verstößen" - Chef von Tierrechtsorganisation äußert sich
Bei der Untersuchung durch Aninova wurde festgestellt, dass während dieses Zeitraums 728 Verstöße gegen den Tierschutz begangen wurden. 288 davon seien schwere Verstöße, so die Organisation . Die Verstöße variieren von leichten Fällen, wie beispielsweise dem längeren Stillstand des Schlachtbands, während die lebenden Tiere kopfüber hängen, bis hin zu schwereren Vergehen. Zu den schwereren zählen Hennen, die gewürgt wurden, oder Köpfe von lebenden Tieren, die abgerissen werden.
Video:
Neben den Verstößen gegen den Tierschutz hat die Organisation ebenso untersucht, wie viele Menschen an den Tierqüälereien beteiligt waren. Insgesamt wurden neun Personen ausfindig gemacht, die selbst aktiv Tiere misshandelt haben. Darüber hinaus gibt es mindestens vier Personen, die bei Tierquälerei nicht eingegriffen haben.
Zudem zeigen vorgefundene Lieferscheine, dass mehr als die Hälfte der Legehennenbetriebe nicht aus Bayern stammen, sondern auch aus Nordrhein-Westfalen, Hessen, Sachsen, Baden-Württemberg und sogar Frankreich. Von 13 Zulieferer-Betrieben würden sieben nicht aus Bayern stammen. „Es handelt sich hierbei nicht um einen Schlachtbetrieb für die regionalen Landwirtschaftsbetriebe“, sagt Peifer und widerspricht damit klar der bayerischen Landwirtschaftsministerin Kaniber und dem Bayerischen Bauernverband. Hunderttausende Legehennen hätten pro Woche "sehr lange Transportwege über sich ergehen lassen müssen" - meist "deutlich über acht Stunden". Die gesamte Ausarbeitung sei an die Staatsanwaltschaft Ansbach übermittelt worden, die bereits Ermittlungen aufgenommen habe.
Update vom 08.05.2025: Ermittler durchsuchen Schlachthof - Förderbänder im Fokus
Ermittler haben wegen des Verdachts auf schwere Tierschutzverstöße Bayerns größten Legehennen-Schlachthof in Mittelfranken durchsucht. Es seien Unterlagen sichergestellt und die Schlachtanlage untersucht worden, teilte die Staatsanwaltschaft in Ansbach mit. Es stehe der Vorwurf im Raum, dass sich wegen baulicher Mängel die Köpfe lebender Hühner auf den Förderbändern verfangen hätten und abgerissen worden seien.
Die Ermittlungen hatten Videoaufnahmen einer Tierrechtsorganisation ins Rollen gebracht, die Mitarbeitende des Betriebs im Landkreis Ansbach dabei zeigen sollen, wie sie Hühner massiv misshandeln. "Die Ermittlungen werden intensiv fortgeführt, insbesondere werden die Videoaufnahmen und die sichergestellten schriftlichen Unterlagen ausgewertet", sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft nach der Durchsuchung am Donnerstag.