Ein Ermittlungsverfahren bei der Generalstaatsanwaltschaft München wegen Terrorverdachts im Zusammenhang mit dem Angriff läuft weiterhin. Dieses Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Update vom 13.12.2022, 21 Uhr: War es Terror? Polizei gibt Update zu Ermittlungen
Mehr als drei Monate nach den tödlichen Schüssen auf einen Messerangreifer im mittelfränkischen Ansbach ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft München wegen eines möglichen terroristischen Hintergrunds. Details wollte ein Sprecher der bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus wegen der laufenden Ermittlungen am Dienstag nicht nennen. Zuvor hatten die Nürnberger Nachrichten darüber berichtet.
Ein 30-jähriger Afghane hatte Anfang September einen 17-Jährigen mit zwei Fleischermessern in der Nähe des Ansbacher Bahnhofs angegriffen. Ein 20-Jähriger hatte den Angreifer abgedrängt. Danach war der 30-Jährige auf die inzwischen zum Tatort geeilten Polizisten losgegangen, die ihn mit Schüssen aus ihren Dienstpistolen töteten. Zeugen zufolge hatte der Täter mehrfach "Allahu Akbar" ("Gott ist groß") gerufen.
Weitere Hinweise auf einen möglichen terroristischen Hintergrund hatten die Ermittler damals zunächst nicht gesehen. Da dieser aber nicht ausgeschlossen sei, habe die Generalstaatsanwaltschaft die Ermittlungen übernommen, sagte der Sprecher.
Update vom 10.09.2022, 18 Uhr: Passant rettete 17-Jährigen bei Messerattacke in Ansbach wohl das Leben
Mit drei Schüssen aus ihren Dienstpistolen haben zwei Streifenpolizisten in Ansbach einen Messerangreifer getötet. Der 30-jährige Mann hatte mit zwei Fleischermessern einen 17-Jährigen angegriffen. Nachdem er abgedrängt wurde, war er mit hoher Aggressivität auf die inzwischen zum Tatort geeilten Polizisten losgegangen, schilderte Mittelfrankens Polizeipräsident Roman Fertinger am Freitag das Geschehen des Vorabends.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hob insbesondere das mutige Eingreifen eines Passanten hervor. "Ganz besonders beeindruckt bin ich von dem 20-jährigen Mann, der dem zunächst angegriffenen 17-jährigen Jugendlichen selbstlos zu Hilfe geeilt ist", sagte Herrmann der Bild-Zeitung.
Der 20-Jährige hatte dem Jugendlichen womöglich das Leben gerettet. Der 17-Jährige habe zu diesem Zeitpunkt die massiven Messerangriffe in Todesangst gerade noch abwehren können, sagte Herrmann. "Es gehört eine gehörige Portion Mut dazu, einen mit Messern bewaffneten Mann in die Flucht zu schlagen, obwohl man sich selbst in Lebensgefahr bringt und verletzt wird. Ich hoffe, dass sich beide möglichst bald von ihren Verletzungen und traumatischen Erlebnissen erholen können." Beide Männer konnten den Ermittlern zufolge nach kurzer Behandlung das Krankenhaus verlassen.
Der Messerangreifer habe dank des schnellen Eingreifens der Polizei bereits nach wenigen Minuten gestoppt werden können, sagte Herrmann der Zeitung weiter. "Auch hier hat sich ausgezahlt, dass wir in den vergangenen Jahren massiv in eine verstärkte Polizeipräsenz investiert haben."
Über das Motiv des Afghanen, der als Asylbewerber nach Deutschland gekommen war, aber abgelehnt wurde und nur über einen noch eine Woche geltenden Duldungsstatus verfügte, herrschte auch am Freitag Unklarheit. Nach Angaben von Zeugen hatte er während der Tat in der Nähe des Ansbacher Bahnhofes mehrfach "Allahu Akbar" ausgerufen - "Gott ist groß". Dies alleine sage aber nichts über einen möglichen terroristischen oder islamistischen Hintergrund aus, sagte der Leiter der kriminalpolizeilichen Ermittlungen, Dieter Hegwein.
Weitere Hinweise auf einen möglichen terroristischen Hintergrund hätten sich aber zunächst nicht ergeben, hieß es von Polizei und Staatsanwaltschaft. Ob der Asylstatus als mögliches Motiv eine Rolle spielte, sei unklar, sagte Hegwein. Die Polizei gehe in jedem Fall von einem Alleintäter aus. Eine weitere Gefahr für die Bevölkerung in Ansbach und Umgebung sei nicht zu befürchten.
Die Wohnung des 30-Jährigen wurde nach Ermittlerangaben durchsucht und sein Handy sichergestellt. Das Mobiltelefon müsse noch vollständig ausgewertet werden, sagte Ermittlungsleiter Hegwein. Der Mann war vorher bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten, jedoch eher mit kleinen Delikten. Ein Sexualdelikt sei "im unteren Bereich" gewesen und mit einem Strafbefehl und einer Geldstrafe erledigt worden. Daneben waren ein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie fünf Gewaltakte vermerkt, wie die leitende Oberstaatsanwältin Gabriele Hofmeier erklärte.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hatte es ein Betreuungsverfahren für den Mann gegeben. Das deutet auf die Möglichkeit einer psychischen Erkrankung hin. Nähere Angaben dazu wollte Hofmeier nicht machen. Bei der Durchsuchung seien Antidepressiva gefunden worden.
Die Ermittler gingen davon aus, dass der Mann zunächst den 17-Jährigen angegriffen hatte und sich mit den Messern in der Hand auf ihn gekniet hatte. Nur der Geistesgegenwart des 20-Jährigen habe der Angegriffene wohl sein Überleben zu verdanken, sagte Polizeipräsident Fertinger.
Wenige Minuten nach der Attacke rückten mehrere Streifenwagen der Polizei aus. Beamte stellten den 30-Jährigen unweit des Tatorts. Als er mit seinen Messern auf sie losging, schossen zwei Polizisten im Alter von 22 und 25 Jahren.
"Für die Staatsanwaltschaft zeigt sich hier kein hinreichender Verdacht eines strafbaren Verhaltens. Die Staatsanwaltschaft geht derzeit von einem rechtmäßigen Schusswaffengebrauch aus", sagte Hofmeier. "Die Hochaggressivität, die hier aus den Bildern erkennbar ist, hat also diesen offensichtlichen Schusswaffengebrauch eindeutig gerechtfertigt", sagte Fertinger. Die Polizei hatte Aufnahmen unter anderem von Bodycams ausgewertet, die die Polizisten während des Einsatzes trugen. Die Ermittlungen zum Schusswaffengebrauch führt das Landeskriminalamt.
Update vom 09.09.2022, 14 Uhr: Polizei gibt Pressekonferenz zu Messerangriff von Ansbach
Polizeipräsident von der Polizei Mittelfranken Roman Fertinger äußerte sich in einer Pressekonferenz am Freitag (9. September 2022) um 14 Uhr zu dem Messerangriff von Ansbach. "Im Moment gehen wir davon aus, von einem versuchten Tötungsdelikt", erklärte Fertinger. "Inwiefern ein terroristischer, islamistischer Hintergrund vorliegt, muss überprüft werden." Es gebe außer das mehrfach gerufene "Allahu Akbar" derzeit keine Hinweise. Der Angriff erfolgte mit einem "Fleischmesser mit großer Klinge." Es hatte "akute Lebensgefahr" bestanden.
Dieter Hegwein Leiter der Kriminalpolizeiinspektion Ansbach erklärte, dass die Polizei ein "relativ klares Bild von dem Angreifer" habe. Durch einen "Abgleich seiner Fingerabdrücke" konnte seine Identität schnell geklärt werden. "Seine Duldung wäre nächste Woche abgelaufen. Ob das mit der Tat in Zusammenhang steht, kann nur spekuliert werden."
Der Täter war vorbestraft gewesen - "sieben registrierte Straftaten" in den letzten Jahren. "Hinweise auf eine religiöse Ideologie, dazu haben wir keinerlei Erkenntnisse. Seine Motivlage ist derzeit nicht eindeutig geklärt", so Hegwein. "Das Mobiltelefon des Angreifers konnte zur forensischen Auswertung nach Nürnberg gebracht werden." Bisher gebe es allerdings keinerlei Hinweise auf die Tat oder auf ein Tatmotiv. Das Handy sei aber "noch nicht komplett ausgewertet, zumal die Daten erst übersetzt werden müssen."
Auf die Frage nach einem terroristischen Hintergrund betonte Hegwein erneut: "Wir gehen davon, dass er absolut allein gehandelt hat" und zog für die Stadt Ansbach den Schluss, dass für die Bevölkerung keine Gefahr mehr bestehe. "Zwei Packungen von Antidepressiva" konnten gefunden werden, was laut Oberstaatsanwältin auf psychische Auffälligkeiten hindeute.
"Ein Opfer musste das Krankenhaus aufsuchen. Das war der 20-Jährige, der dem 17-Jährigen zu Hilfe gekommen ist", berichtete Hegwein über den Verbleib der Opfer. Der 20-Jährige "konnte dem Angreifer das Messer aus der Hand nehmen", das gegen den 17-Jährigen gerichtet war. Er trug eine Schnittwunde am Arm davon und konnte Krankenhaus inzwischen verlassen. "Der 17-Jährige trug Würgemale am Hals davon."
Was den Gebrauch der Dienstwaffe angeht, sagte Hegwein, er wäre "eindeutig gerechtfertigt" gewesen.
Gabriele Hofmeier, Leitende Oberstaatsanwältin der Staatsanwaltschaft Ansbach, sprach hierbei von einem Fall, "wo hohe Zivilcourage gezeigt wurde". Es werden zwei Verfahren geführt: Gegen den Täter und gegen den Polizeibeamten. Auch sie geht nicht von einer Tat mit extremistischem Hintergrund aus.
Sie sehe allerdings "Anhaltspunkte dafür, dass der Täter psychisch auffällig war", weil "es einmal ein Betreuungsverfahren gegeben hat." In Bezug auf den Einsatz der Dienstwaffe des Polizeibeamten, äußerte sie Folgendes: "Die Staatsanwaltschaft geht von einem rechtmäßigen Schusswaffengebrauch aus, aber es laufen die Ermittlungen durch das LKA und es wird umfassend geprüft werden."
Messerangriff in Ansbach: Hat die Tat des Angreifers einen islamistischen Hintergrund?
Nun konnte der Mann identifiziert werden. Es handelt sich um einen 30-Jährigen. Laut dpa ist der Mann ein polizeibekannter afghanischer Staatsangehöriger, der im Jahre 2015 nach Deutschland gekommen war. Polizeibekanntheit erlangte er wegen Drogendelikten und mindestens eines Körperverletzungsdelikts.
Nach Angaben unbeteiligter Zeugen soll der Mann während der Tatausführung "Allahu Akbar" - zu Deutsch "Gott ist groß" - gerufen haben. Nun wird geprüft, ob die Tat mit einem islamistischen oder terroristischen Hintergrund in Zusammenhang steht oder ob der Mann wahllos auf die Passanten losgegangen ist. Dazu sei die Wohnung des Mannes durchsucht und sein Handy sichergestellt worden sein. Dieses werde jetzt auf Hinweise durchsucht. Am Tatort stellten die Ermittler beim Verdächtigen zwei Haushaltsmesser sicher, die mit hoher Wahrscheinlichkeit die Tatwaffen sind.
Die Ermittlungen werden durch die Kriminalpolizei Ansbach in enger Abstimmung mit der Ansbacher Staatsanwaltschaft sowie dem Bayerischen Landeskriminalamt geführt und dauern an.