Druckartikel: Wie Forchheim vor 100 Jahren Notgeld druckte

Wie Forchheim vor 100 Jahren Notgeld druckte


Autor: Ronald Heck

Forchheim, Donnerstag, 23. April 2020

In der Währungskrise 1923 druckte Forchheim Notgeld: Josef Hollfelder hat die Papierscheine erforscht.
Die Papierscheine sind 96 Jahre alt. Alle tragen die Unterschrift des damaligen Bürgermeisters Hans Knorr (1920 bis 1929). Repro: Ronald Heck


Seine Sammlung ist einzigartig. Der Buckenhofener Josef Hollfelder war viele Jahre auf der Suche, bis er die gesamte Serie an historischen Geldscheinen von Forchheim zusammen hatte. Der 86-Jährige hat das Notgeld, das die Königsstadt 1923 drucken ließ, nicht nur gesammelt, sondern auch erforscht und die Geschichte der Papierscheine nachgezeichnet. Die historischen Geldscheine zeugen von einem besonderen Krisenjahr in Forchheim.

Zehn Jahre auf der Suche

Auf das Notgeld ist Josef Hollfelder auf Tauschbörsen aufmerksam geworden: Der ehemalige Berufsschullehrer ist Philatelist, er sammelt unter anderem Briefmarken und historische Post. Bei einem Event der Philatelisten entdeckte er seinen ersten Papierschein aus Forchheim. "Wenn man einen hat, dann will man den zweiten oder dritten auch", verdeutlicht er seine Sammelleidenschaft.

Insgesamt zehn Jahre dauerte es, bis er die Forchheimer Geldschein-Sammlung komplettieren konnte. Wahrscheinlich sei es heutzutage gar nicht mehr möglich, nochmals alle neun Scheine zu sammeln, sagt der Pensionär. Außerdem hat er in Archiven und alten Zeitungen gestöbert, um die historischen Hintergründe zu rekonstruieren.

Der 86-Jährige hat nun einen großen Fortschritt bei der Erforschung des amtlichen Notgeldes in Forchheim gemacht und herausgefunden, dass das Ende des Forchheimer Notgeldes erst im Januar 1924 war. Mit dieser Erkenntnis konnte er sein langjähriges Projekt vollenden.

Hamsterkäufe in den Läden

Die Notgeldscheine zeugen davon, in was für einer schwierigen Situation Forchheim war (siehe unten). In der Königsstadt drohten 1923 wegen der Hyperinflation Unruhen, weil Arbeitgeber ihre Angestellten nicht mehr bezahlen konnten. Die Forchheimer gaben ihr Geld so schnell wie möglich aus. Es kam zu Hamsterkäufen, die Läden bunkerten Waren.

Dass sich die Forchheimer während der damaligen Währungskrise sehnlichst nach Normalität und Besserung sehnten, verdeutlichen auf das Geld gedruckte Sprüche.

Auf der Rückseite seines Forchheimer 50-Milliarden-Mark-Scheines steht: "Wie in Forchheim's uraltem Eichenwald der Herbststurm die Blätter verwehet, so fliegt das Notgeld ins deutsche Land, ist bald nicht mehr als ein leerer Tand, Erinnerung trauriger Zeiten. Herrgott, mögst ein Ende bereiten!"

Die Geschichte hinter dem Forchheimer Notgeld

Die Notgeld-Scheine sind Zeugen eines Krisenjahres, das auch in Forchheim Spuren hinterlassen hat.

Die schwierige Lage

1923 galoppierte die Inflation in der Weimarer Republik. Der Staat war nach dem Ersten Weltkrieg überschuldet und die Regierung ließ immer mehr Geld drucken. Die Geldvermehrung führte dazu, dass die Währung im Laufe des Jahres 1923 rapide an Wert verlor. Im Deutschen Reich explodierten die Preise und Löhne.

In der Region Forchheim kostete im Juni 1923 ein Liter Milch 650 Mark, im August bereits 70 000 Mark und Ende November 140 Milliarden Mark. Die Forchheimer Arbeitnehmer gaben ihren Lohn schnellstmöglich aus, weil die Scheine am nächsten Tag nichts mehr wert waren. Die Reichsbank gab fortlaufend höhere Geldscheine aus und kam mit dem Drucken bald nicht mehr hinterher. In Wäschekörben wurde das Geld transportiert.

Forchheim befürchtet Unruhen

Während der Hyperinflation brachten viele Städte eigenes Notgeld heraus - das passierte auch in Forchheim. In einem Beschluss des Stadtrates vom 14. August 1923 hat Josef Hollfelder herausgefunden, wie es dazu kam. Vertreter der Großindustrie aus Forchheim baten die Stadt darum, Notgeld drucken zu lassen. Die Arbeitgeber hätten ihre Belegschaft nicht mehr auszahlen können und drängten die Stadträte zum Handeln, erläutert Hollfelder. "Da sonst ernste Unruhen entstehen könnten", steht in dem Beschluss.

Streit und Gürtler drucken Geld

Beim Reichsfinanzminister und dem Staatsministerium des Innern wurde somit beantragt, zehn Milliarden Mark Notgeld ausgeben zu lassen. Der Stadtrat stimmte zu und beauftragte die beiden Forchheimer Buchdruckereien Streit und Gürtler, die Scheine anfertigen zu lassen. Insgesamt neun Papierscheine ließ die Stadt von August bis November 1923 drucken. Es gab 500 000 bis 500 Milliarden Mark-Scheine.

Zwölf Billiarden Schein

In Dokumenten und historischen Tageszeitungen hat Hollfelder erforscht, wie viel Notgeld die Stadt Forchheim in den folgenden Monaten drucken ließ. "Das habe ich mühsam zusammengetragen", erläutert er. Demnach waren es am 31. August 70 Milliarden, am 30. Oktober 500 Billionen, am 13. November eine Billiarde und am 27. November zwölf Billiarden.

Das Ende der Forchheimer Papierscheind

Das Ende des Notgeldes im Deutschen Reich wurde am 15. November 1923 durch die Einführung der Rentenmark beschlossen. Dazu wurde im Oktober 1923 die Deutsche Rentenbank gegründet, zu deren Gunsten Immobilien von Landwirtschaft, Industrie und Gewerbe mit Zwangshypotheken belegt wurden. Diese Sachwerte waren nicht von der Hyperinflation betroffen und machten die Rentenmark wieder zu einer stabilen Währung.

Damit Hollfelder das offizielle Ende des Notgeldes in Forchheim nachzuzeichnen konnte, war der Satz, der auf den Scheinen gedruckt war, von großer Bedeutung: "zahlt die Stadtkasse Forchheim dem Einlieferer ohne Ausweis nach Aufruf". Nach eben diesem Aufruf musste Josef Hollfelder lange suchen, über Umwege und das Stadtarchiv Bamberg fand er ihn in einer historischen Ausgabe des Forchheimer Tagblattes vom 11. Januar 1924.

Dort ist eine Bekanntmachung veröffentlicht: Die Stadt Forchheim zahlt gegen Reichsgeld, zum Beispiel Rentenmark, zu einem Wechselkurs - eine Billion Papiermark (also Notgeld) für eine Rentenmark. Auch Banken übernahmen die Einlösung der Notgeldscheine. Hollfelder verdeutlicht, dass eine Rentenmark zu bekommen, hätten die Menschen damals 20 000 5-Millionen-Scheine umtauschen müssen.

Der Aufruf, das Forchheimer Notgeld wieder umtauschen zu lassen, erfolgte somit erst im 10. Januar 1924, als öffentlich bekannt gegeben wurde: Bis einschließlich 10. Februar 1924 werden die städtischen Notgeldscheine von den städtischen Kassen in Zahlung genommen oder von der städtischen Sparkasse gegen Reichsgeld umgetauscht. Danach verloren die Scheine ihre Gültigkeit.