Christian Luplow war schon immer der Natur verbunden. Vor wenigen Jahren schlug der Bamberger dann ein nachhaltigeres Leben ein.
Im Garten hinter dem Haus hebt Christian Luplow den schweren Holzdeckel nach oben, der die trocken gelegte Zisterne verschließt. Mehrere Kisten kommen in dem gemauerten Erdloch zu Tage. Darin eingelagert: Karotten, Rote Beete, Kohl und anderes Gemüse. Alles vom eigenen Feld der Solidarischen Landwirtschaft im Süden Bambergs. "Dieses Jahr will ich noch mehr Wintergemüse anpflanzen", sagt der 36-Jährige. Sein Ziel: Sich selbst mit eigenem Gemüse auch in der kalten Jahreszeit versorgen. Man kann sagen, das ist die Stufe des nachhaltigen Lebens, die Luplow aktuell erreichen will.
Der zweifache Familienvater ist einer von vielen, die nicht nur in Bamberg in einem Umdenk-Prozess stecken, die sich Gedanken über das eigene Handeln und seine Auswirkungen machen. So hat Luplow etwa vor einem Jahr aufgehört, Fleisch zu essen. "Das war ganz klar ein Schritt in mein nachhaltiges Leben." Er sagt aber auch: "Ich bin kein Dogmatiker." Denn seine beiden kleinen Kinder essen Fleisch. "Wenn davon was übrig bleibt, esse ich das auf, bevor es in die Tonne wandert." Und er will zwar das Fahrrad als Fortbewegungsmittel nutzen, aber er sagt auch: "Heute bin ich schon Auto gefahren."
Ähnlich undogmatisch ist seine Haltung gegenüber anderen Menschen. Er will nicht den Zeigefinger erheben. "Verbote gehören hier nicht hin." Ein Beispiel: Luplow fliegt seit Jahren nicht mehr. "Ich will es nicht mehr machen, will es aber auch niemandem verbieten." Für ihn hat ein nachhaltiges Leben vielmehr mit einem inneren Entwicklungsprozess zu tun.
Der studierte Geograph war schon immer der Natur verbunden. Durch das Bergsteigen und Klettern. Man entwickle einen Blick für den Klimawandel: "Vor zehn Jahren sah ein Gletscher, den du hochgestiegen bist, noch anders aus. Daran erkennt man die Dramatik." Irgendwann wollte er nicht nur Biogemüse im Supermarkt kaufen, sondern das Gemüse selbst anpflanzen, das ansonsten für einen "verrückten Markt" unter enormem Preisdruck produziert werde.
Keine 50 T-Shirts nötig
Vor zwei Jahren, als 2018 die Transition-Bewegung in Bamberg eine Solidarische Landwirtschaft gründete, begann Luplow, sich als Mitorganisator und Ernteteiler einzubringen. Inzwischen ist er auch beim Selbsterntegarten in der Südflur engagiert. Dort führt der 36-Jährige beim Bildungsprojekt "Vom Acker auf den Teller" des Bund Naturschutz Schülern und Erwachsenen den Wert von Lebensmitteln und die Möglichkeiten des eigenen Anbaus vor Augen. In seinem Teilzeitjob macht er das für die Umweltstation in Weismain.
Die Bildungsprogramme sind auch ein Grund, warum er sein Leben mehr und mehr umstellt: "Ich kann nicht sagen: Kinder macht das so und so, und ich mache es nicht." Mit den Lebensmitteln hat es begonnen, dann kam ihm eines Tages, dass doch auch nachhaltige Kleidung ihren Wert hat. "Ich brauche keine 40 bis 50 T-Shirts im Schrank." Und auch bei der Körperpflege setzt er inzwischen statt auf Mikroplastik belastete Duschgels auf Hartseife.
Essen, was da ist
Nicht nur mit dem eigenen Gemüse aus der Zisterne will er es schaffen, sich im Winter zu versorgen. In seiner Garage hat er auch drei Zentner Äpfel von der eigenen Streuobstwiese eingelagert. Für alle Generationen bis auf die letzten zwei bis drei sei es schließlich selbstverständlich gewesen, dass man isst, was da ist. Luplow braucht also keine Südfrüchte. Schon gar nicht im Winter.
"Viele verstehen das als Verzicht, aber das stimmt nicht." Wenn man den vermeintlichen Verzicht zu etwas Positivem wende, dann gehe es einem richtig gut. "Was bringt es dir, wenn du ein depressiver Öko bist?", fragt Luplow. Er spricht von einer Prioritätenverschiebung. "Natürlich sind gute Lebensmittel teurer, aber dann lasse ich was anderes weg." Weil das Andere nicht wichtig sei. Gute Lebensmittel dagegen schon.
Gegenseitig helfen
Für ihn ist klar: Vor allem der Zeitmangel steht dem Glück im Weg. "Wenn ich keine Zeit habe, kann ich auch nicht nachhaltig leben." Es ist für Luplow die Glücksformel: Nachhaltigkeit habe damit zu tun, wie man mit sich selbst umgehe. Er wirkt sehr zufrieden, wenn er das erzählt.
Seine nächste Stufe: Man hilft anderen mit seinem Wissen und Können im Tausch gegen etwas anderes - etwa Äpfel. Was schon zum Teil auf dem Land funktioniere, könnte in der Stadt noch besser werden, findet Luplow. Auch sein Umdenken ist längst nicht abgeschlossen.
Nachhaltigkeitsreihe:
Leserthema "Wir wollen mehr erfahren zum Thema Nachhaltigkeit in unserer Region!" Solche und ähnliche Sätze haben wir in den vergangenen Wochen häufiger gehört, wenn Leser zur Blattkritik in die FT-Lokalredaktion Bamberg gekommen sind. Diesen Wünschen tragen wir nun mit der Artikelreihe "Umgedacht" Rechnung. Serie Dem Thema wollen wir uns auf vielfältige Weise nähern: mit Beiträgen von Kolumnisten, die Tipps in Sachen Nachhaltigkeit geben, mit dem Vergleich zwischen einerseits regional erzeugten und andererseits für den internationalen Markt hergestellten Produkten sowie mit Porträts von entsprechenden Initiativen und Projekten. Wir wollen einen Überblick geben, was sich in Stadt und Landkreis Bamberg schon in dieser Hinsicht tut, aber auch hinterfragen, wer sich alles mit diesem Schlagwort schmückt. Einladung Wie denken Sie über das Thema? Haben Sie einen Tipp, wie sich privat Ressourcen sparen lassen? Was empfinden Sie als Verschwendung in Bamberg? Schreiben Sie uns zum Thema Nachhaltigkeit an redaktion.bamberg@infranken.de.