Die Deutschen lieben ihr Bargeld, heißt es. Doch seit Beginn der Corona-Krise fordern Supermärkte ihre Kunden auf, bargeldlos zu zahlen. Auch im Landkreis läuft die Kartenzahlung, Papierscheinen und Münzen den Rang ab.
"Schnell. Einfach. Hygienisch. Ab dem ersten Cent! Bitte auf Bargeldzahlung verzichten", informiert ein ausgedruckter Zettel an der Kasse der Ebelsbacher Aldi-Filiale. So sollen Angestellte und Kunden vor Viren an Münzen oder Scheinen geschützt werden. Bargeld geht schließlich durch viele Hände. Nun fürchten Supermarktketten, das Geld könne durch Schmierinfektion das Virus übertragen. Vergessen sind die Zeiten, in denen Kunden erst ab einem Warenwert von 10 Euro mit Karte zahlen konnten.
"Ich zahle vermehrt mit Karte", erzählt eine 22-Jährige Limbacherin mit vollgepacktem Einkaufswagen. "Ich habe schon früher viel mit Karte gezahlt, aber jetzt eigentlich nur noch. Wobei ich mich schon frage, wie hygienisch das wirklich ist, wenn man den Pin eingibt."
"Ich finde es schön, dass man kontaktlos zahlen kann. Vor Corona hätte ich kleinere Beträge wie 15 oder 20 Euro nie mit Karte gezahlt. Jetzt mache ich das aus Gründen der Sicherheit und des Eigenschutzes", berichtet eine Stettfelderin. Doch auch sie hat Zweifel, wie hygienisch das Eintippen des PIN-Codes auf der Tastatur des Kartenlesegerätes wirklich ist. "Ich kaufe mit Mundschutz ein, aber eben ohne Handschuhe. Ich bin schon sehr sorgsam, dass ich mir nicht ins Gesicht fasse, bis ich ich Zuhause bin und Hände waschen kann."
Wer eine EC-Karte besitzt, die man kontaktlos auf das Kartenterminal legen kann, entgeht nur bis zu einem Warenwert von 25 Euro der potenziellen Ansteckungsgefahr. Bei höheren Beträgen muss auf der Tastatur des Lesegeräts der Pin-Code eingegeben werden. Auf diese Zahlentasten dürfte an gut besuchten Tagen schon der ein oder andere Kunde drauf gedrückt haben. Wirklich kontaktlos geht das Bezahlen nur mit virtuellen Girokarten oder Apps wie Apple oder Google Pay. Statt der Karte wird hier das Smartphone ans Lesegerät gehalten. Zahlungen gibt der Kunde mit dem gewohnten Entsperrmechanismus des Handys frei, also über Fingerabdruck oder Pin.
Bereits 2018 zeigte eine Studie der Deutschen Bundesbank, dass der Bargeldanteil auf unter 50 Prozent gerutscht sei. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass bereits vor zwei Jahren mehr als 50 Prozent der Bundesbürger mit Karte zahlten. "Wir merken ganz klar den Trend zum bargeldlosen Bezahlen", berichtet Joachim Eyrich, Pressesprecher der Sparkasse Haßberge-Schweinfurt. 45 Prozent der Kunden, die Kartenzahlung nutzen, würden bereits komplett kontaktlos - also ohne Einschieben der Karte ins Lesegerät - bezahlen. "Eine enorme Steigerung, wenn man bedenkt, dass das kontaktlose Zahlen erst vor zwei Jahren eingeführt wurde."
Covid-19 stärkt Digitalisierung
"Corona beflügelt das Thema des bargeldlosen Zahlens noch mehr, da man das Geld so nicht mehr in die Hand nehmen muss", berichtet Eyrich. Vor allem der hygienische Faktor spiele dabei eine zentrale Rolle. "Wenn am Geld noch der Virus vom vorherigen Besitzer hängt, greife ich lieber zur Karte, die halte nur ich selbst." Diese Sorge scheinen viele Kunden zu teilen. Denn die Sparkasse Haßberge verzeichnete im Bereich des Mobilen Zahlens alleine von Februar auf März einen Anstieg um 13 Prozent. "Für Apple Pay habe ich zwar keine konkreten Zahlen, doch da dürfte die Steigerung noch höher ausfallen", so Eyrich.
Die Nachfrage bei den Kundenbetreuern sei auf jeden Fall stark. Ob die Menschen nach der Pandemie wieder zum Bargeld zurückkehren werden, verneint er klar: "Menschen, die in den Genuss von kontaktlosem Zahlen gekommen sind und gemerkt haben, wie einfach und problemlos das funktioniert, werden nicht mehr zum Bargeld zurückkehren."
Das Vertrauen in die digitale Währung zeigt sich auch daran, dass es trotz Krise nicht zu panischen Geldabhebungen gekommen ist: "Die Auswertung der Bargeldabhebung zeigt ein völlig normales Bargeldverhalten. Ende Februar, Anfang März, bei Ausbruch der Pandemie in Deutschland, gab es ein Peak. Da sind die Kunden mal kurz hingerannt, aber nach zwei bis drei Tagen war es wieder völlig normal. Unsere Kunden gehen sehr besonnen und ruhig mit der Situation um."
Ansteckungsgefahr Bargeld?
Bargeldloses Zahlen war schon vor Corona auf dem Vormarsch, doch dass die bargeldaffinen Deutschen derart schnell Münze und Scheine den Rücken kehren, hat wohl niemand erwartet. Dabei gibt es bisher keine Hinweise darauf, dass sich das Virus durch Bargeld übertragen ließe.
Der Direktor des Instituts für Virologie an der Berliner Charité Christian Dorsten sagt in seinem NDR-Podcast: "Das auf dem Geldstück klebende Virus würde ich mal weitgehend vergessen." Die Viren seien gegen Eintrocknung "extrem empfindlich." Schnupfenviren hingegen wären hartnäckiger und könnten auf Geldscheinen überleben. Fasst sich der Kunde danach ins Gesicht, könnten die Viren in den Körper gelangen. Bei den Coronaviren erfolge die Ansteckung aber schwerpunktmäßig über Tröpfcheninfektion, da sie - um in den Rachen zu gelangen, wo sie sich am ehesten ausbreiten - eingeatmet werden müssten.
Gebühren bei Kartenzahlung
Während Supermärkte ihre Kunden zum bargeldlosen Zahlen animieren, ändert sich in der Zeiler Bäckerei Kolb nichts. Hier konnten Kunden vor der Pandemie nicht bargeldlos zahlen und werden es auch weiterhin nicht können. Es gäbe auch in Zeiten von Corona keine Nachfrage, erzählt Bäckereiverkäuferin Karolina Schneiderbanger. "Ganz selten fragt mal ein Kunde danach. Aber zu 99 Prozent haben wir Beträge die weit unter 10 Euro liegen. Ich finde bargeldloses Zahlen sinnvoll, aber es muss sich wirtschaftlich lohnen. Und auch so sind wir dazu angehalten, auf die Hygiene zu achten. Da reißt es das Zahlen auch nicht raus."
Ähnlich sieht es bei der Metzgerei Fuchs in Haßfurt aus. Auch hier wird man sich kein Kartenlesegerät anschaffen. "Einmal hat eine Kundin nachgefragt, ob sie mit Karte bezahlen kann", berichtet eine Verkäuferin. Im Laden sei nur eine Kasse offen, der nächste Kunde werde immer mitabkassiert, danach werden die Hände gewaschen. "Auch beim Bäcker nebenan, kann man nur bar zahlen", fügt sie hinzu.
Das Nachzählen am Ende der Schicht, die Gefahr falsch rauszugeben, dass fällt bei der bargeldlosen Zahlung weg. Warum bieten kleinere Geschäfte trotzdem keine an? Bei jeder Kartenzahlung, wird eine Gebühr fällig, für die der Händler aufkommen muss. Das rentiert sich für Geschäfte, die günstige Stückware wie Gebäck verkaufen, wirtschaftlich nicht. Aktuelle Hygienemaßnahmen entwöhnen die Bürger von der Bargeldverwendung. Die nächsten Wochen werden zeigen, ob kleinere Geschäfte auf bargeldlose Zahlung umsteigen, um den Kunden ein Gefühl der Sicherheit zu geben. Die Frühstückssemmel wird es aber vorerst nur gegen Bares geben.
Der Höreder Beck in Haßfurt hat in seinen Filialen u. a. im Bamberg (im tegut) und Coburg (im EDEKA) kontaktlose Kartenzahlung eingeführt, jedoch nur mit Girocard (ehem. EC-Karte).
Bei Visa und Amex Karten geht es sogar bis 50 € kontaktlos und die PIN muss man nur selten eingeben. Mastercard will jetzt auch auf 50 € umstellen. Bei der Girocard muss meist nach jeder 5. Kontaktloszahlung die PIN eigegeben werden. Falls ich doch mal eine PIN eingeben muss, mache ich das mit meinem Kuli mit eingezogener Mine und falls ich unterschreiben muss, mache ich das auch mit meinem eigenen Kuli.
Mittlerweile gibt es immer mehr Bäcker und Metzger, die Kartenzahlung akzeptieren. Da kaufe ich ein, denn der Kunde entscheidet, welchen Service er möchte. Ich habe schon seit über 7 Wochen kein unhygienisches und umständliches Bargeld mehr benötigt.
Es findet ein Umdenken statt, und ich glaube auch, dass sich Händler und Kunden jetzt daran gewöhnen, aber bei manchen Leuten dauert das etwas länger.