Es begann im kleinen Keller und füllt mittlerweile zwei riesige Lagerhallen. Was ein Landwirt aus Meedensdorf damit zu tun hat.
Staubsauger stapeln sich zu einem drei Meter hohen Turm, in noch höheren Regalen stehen Töpfe neben Whiskeygläsern, Kaffee-Mühlen, Saftpressen, Seifenspendern, wärmenden Kuscheltieren und Lichterschmuck. Insgesamt lagern etwa 140 000 Artikel in zwei Lagerhallen à 3500 Quadratmeter in Zapfendorf. Das Angebot reicht vom Cappuccino-Löffel für 1,40 Euro bis zur Getreidemühle für 717 Euro.
Zielstrebig läuft Händler Norbert Oswald durch die Regalreihen und zieht ein Produkt aus dem Karton, das vor etwa sechs Jahren wegen einer Fernsehsendung einen Hype erlangte und noch immer einer seiner meistverkauften Artikel ist: Der Eierschalensollbruchstellenverursacher. Hühnerwirt Jürgen Beil aus dem Memmelsdorfer Ortsteil Meedensdorf hatte in der Sendung "Bauer sucht Frau" Probleme gehabt, das Wortungetüm auszusprechen. "Nach der Sendung war der sofort ausverkauft", freut sich Oswald. Noch immer verkaufe er etwa 10 000 Stück pro Jahr.
Vom Banker zum Online-Händler
Als seine Bank-Abteilung vor etwa 15 Jahren geschlossen wurde, versuchte sich der 47-jährige gelernte Bankfachwirt zunächst im Immobilienhandel. "Das hat mich zeitlich aber nicht ausgefüllt", sagt Oswald. Auf die Idee, in den Internet-Handel einzusteigen, kam er über seine Ehefrau. Die kaufte einen Schwamm mit dem Artikelnamen "Oswald" für einen Betrag, den Norbert Oswald für überzogen hielt. Er meldete sich beim Hersteller und fragte, ob er den Artikel selbst vertreiben dürfe. "Damals steckte der Online-Handel noch in den Kinderschuhen und die Hersteller waren froh über jeden noch so kleinen Kunden", sagt Oswald. Zu Beginn verkaufte er nur über das Internet-Aktionshaus Ebay und lagerte die Waren noch bei sich im Keller. "Schnell füllten sich auch das Wohn- und das Schlafzimmer."
Nach zwei erfolgreichen Jahren entschied er sich, seinen Haupterwerb über den Verkauf im Internet zu bestreiten und das Immobiliengeschäft nur noch nebenbei zu betreiben. Er mietete seine erste Lagerhalle mit 40 Quadratmetern - die bald nicht mehr ausreichte. Mittlerweile lagert er seine Waren auf 7000 Quadratmetern und überlegt, weitere Flächen anzumieten. Oswald verkaufe etwa 15 000 Artikel pro Monat, "an Weihnachten das Fünffache". Neben Ebay, das noch rund 20 Prozent des Geschäfts ausmacht, vertreibt er seine Waren auf fünf eigenen Internetseiten. Zusätzlich hat seine Firma einen Blog in den Sozialen Medien, wo die Produkte in der Anwendung vorgestellt werden. Oswald beschäftigt 15 Mitarbeiter und bildet aus, derzeit als einer der ersten Firmen im neuen Ausbildungsberuf "Kaufmann im E-Commerce".
"Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort - und habe die richtigen Leute kennengelernt", begründet Oswald seinen Erfolg. Er verkauft hauptsächlich Küchen- und Deko-Artikel. "Das Umfeld ist überschaubar, da kennt jeder jeden." Mit dem Kontakt zu einem Vertreter aus Nürnberg - "gleich alt, zur gleichen Zeit Kinder bekommen" - verbindet Oswald seit den Anfangstagen ein freundschaftliches Verhältnis.
Daraus entwickelte sich ein Netzwerk. Denn "fast alles läuft über persönliche Kontakte". So ist es Oswalds Ziel, in jedem Jahr neue Marken aufzunehmen. Ein Hersteller hatte ihm einmal abgesagt, doch ein Anruf bei einem Bekannten, der dann den Hersteller anrief, hat zum Ziel geführt. Mit dem Einkauf verbringt Oswald die meiste Arbeitszeit, "der Kontakt zu den Leuten macht mir auch am meisten Spaß". Zudem schätzt er die freie Zeitgestaltung und dass er jeden Tag mit dem Rad zur Arbeit kommen kann.
Seine Waren haben einen längeren Weg hinter sich. Zwar würde der Großteil der Produkte in Deutschland oder der EU hergestellt und Oswald lege Wert auf Nachhaltigkeit und Bio, doch importiert er teilweise auch aus Asien. Diese Artikel kommen in Schiffscontainern und Lastwagen bis ins Lager nach Zapfendorf. Dann schickt der Online-Händler sie weiter - hauptsächlich nach Deutschland und ins europäische Ausland - in Ausnahmen aber auch in die weite Welt. So habe er schon ein Feuerzangenbowle-Set in die USA geschickt und Kindergeschirr nach Südkorea. "Wir verschicken aber auch Waren nach Zapfendorf", sagt Oswald. "Das läuft mittlerweile so automatisiert ab, dass das die Kunden oft gar nicht mitbekommen." Denn die Adresse ist jeweils nur ganz unten auf der Homepage angegeben. Nur ein, zwei Mal pro Monat werde etwas vor Ort abgeholt.
Auf Stärken konzentrieren
Und was sagt der Einzelhandel vor Ort zum Thema Online-Handel? Anne Rudel, Bamberger Kreisvorsitzende des Einzelhandelsverbandes, will Strategien entwickeln, durch die sich der Verkäufer vor Ort in der wachsenden Konkurrenz-Situation behaupten können. "An dem Thema werden wir nicht vorbeikommen. Der stationäre Handel muss sich wieder mehr auf seine Stärken konzentrieren." Das heißt laut Rudel: gute Beratung durch Fachpersonal. "Online sagt mir keiner, ob das Oberteil zu meinem Stil passt oder die Dekoration in meine Küche", sagt Rudel. "In einem gut ausgestatteten Laden sehe ich, wie die Deko wirkt. Diese Stärken müssen wir wieder mehr in den Vordergrund stellen."
Auch Norbert Oswald versuchte sich in seiner Geschäftslaufbahn zwischenzeitlich als Einzelhändler, zwei Jahre lang hatte er einen Laden vor Ort. "Aber das ist ein ganz anderes Geschäft", sagt Oswald. "Und der Aufwand an Personal und Einrichtung ist viel zu hoch."