Stadtrat: Widerspruch gegen Fraktionsgemeinschaft
Autor: Michael Wehner
Bamberg, Mittwoch, 22. April 2020
Die CSU will mit Ursula Redler (BA) und Lucas Büchner (ÖDP) eine Fraktionsgemeinschaft bilden. Doch die neue Kooperation stößt auf Widerspruch.
Bambergs Wähler haben am 15. März die Grünen zur stärksten Fraktion gewählt - jetzt scheinen die Alternativen Konkurrenz zu bekommen. Wenn die Pläne realisiert werden, die Städträte von CSU, Bamberger Allianz und ÖDP umtreiben, entsteht zum Start in die neue Wahlperiode überraschend ein zweiter Machtblock, der sich mit den Grünen auf Augenhöhe befindet.
Die neue Fraktionsgemeinschaft soll CSU-BA-ÖDP-Fraktion heißen und will sich am Montag auf Basis eines Programms konstituieren, ehe am 6. Mai der Stadtrat in seiner ersten Sitzung entscheidet. Wie der Name schon deutlich macht, ist ein Merkmal der neuen Konstellation, dass die dazukommenden Stadträte gleichberechtigte Partner sind und nicht in der größeren Einheit der Union aufgehen. Die Stadträte Ursula Redler (Bamberger Allianz) und Lucas Büchner (ÖDP) wollen also auch in der neuen Formation die Ziele umsetzen, für die sie im Wahlkampf geworben hatten.
Noch vor wenigen Wochen hatte Redler betont, dass sie für eine wie immer geartete Neuauflage der GroKo in Bamberg nicht zur Verfügung stehen wird. Immer wieder übte die Staatsanwältin auch heftige Kritik am Regierungsstil in Bamberg, der von Selbstherrlichkeit geprägt sei. Wie geht das nun mit dem Umstand zusammen, dass sie nun mit der CSU zusammenarbeiten möchte, die das Konzept der GroKo jahrelang mit verkörpert hatte? Hört man Redler, dann ist dies kein Widerspruch. Sie sei nicht über Nacht zum Christian-Lange-Fan mutiert, sie bleibe weiter unabhängig und werde etwa die Personalpolitik im Rathaus geißeln. Dennoch sieht sie inhaltliche Nähe zur CSU: "Ich setze in einer Fraktionsgemeinschaft auf eine Erneuerung der CSU, ich hoffe, von dieser Bewegung ein Teil sein zu können." Gut könnte sich Redler vorstellen, mit der CSU in die Opposition zu gehen.
Ob es dazu kommt, ist derzeit ungewiss. CSU-Stadtrat Peter Neller, der die Verhandlungen führt, hätte gerne auch noch die Fraktionsgemeinschaft des Bürger-Blocks und von Bambergs Mitte an die CSU angebunden. Hört man Neller, geht es der CSU nicht um Posten und Einfluss, sondern um stabile Mehrheiten. "Niemand verfügt auch nur annähernd über ein Drittel der Stimmen. Da sind Entscheidungen schwierig."
Was ist der Kitt in der neuen Zwölfer-Fraktion? Neller legt Wert auf die Feststellung, dass die CSU durch das neue Bündnis kein Anrecht auf zusätzliche Sitze in Senaten hat. Auch die Aussicht auf eine bezahlte zweite Stellvertretung ist nach Auskunft aus dem Rathaus unwahrscheinlich. Es gehe um inhaltliche Übereinstimmung. Die CSU habe erkannt, dass der Verlust von zwei Sitzen ein Ergebnis der Politik der letzten Jahre sei, sagt Neller. So soll Lucas Büchner von der ÖDP helfen, der CSU ein glaubwürdiges ökologisches Profil zu entwickeln.
Spricht man mit dem 31-jährigen Zimmerermeister, der für die ÖDP 2,2 Prozent der Stimmen geholt hat, könnte er auch zu den Grünen gehen, um dem Schicksal eines einflusslosen Einzelkämpfers zu entgehen. Dass die Zusammenarbeit mit der Union die wahrscheinlichste Variante sei, habe mit den politischen Zielen zu tun: "Die CSU ist nicht so weit von der ÖDP entfernt." So hofft Büchner, etwa das Thema ökologisches Bauen vorantreiben zu können.
Doch nicht alle lassen sich von solchen Argumenten überzeugen. Klaus Stieringer, neuer und alter Chef der Bamberger SPD-Fraktion, spricht offen von Wählertäuschung, die unter dem Deckmantel einer Fraktionsgemeinschaft betrieben werde. Ursula Redler wirft er vor, der gleichen GroKo, die sie erbittert bekämpft habe, nun wieder in den Sattel zu verhelfen. "Es ist doch klar, dass Christian Lange ein Bündnis anstrebt, das Grün-Rot-Bunt verhindern soll." Glaubt man Stieringer, hat sich die SPD vom Traum der alten GroKo mit winzigem Stimmenüberhang längst verabschiedet. "Den Wählerwillen am grünen Tisch durch freie Radikale zu verändern, das lehnen wir ab. Die Bürger haben entschieden, dass die Grünen eine tragende Rolle spielen sollen. Deshalb unterstützen wir auch den Anspruch der Grünen auf den Bürgermeisterposten."
Das Ja zum Zweiten Bürgermeister wäre das Unterpfand für eine Zusammenarbeit, wie sie wohl auch der Bamberger OB Andreas Starke (SPD) anstrebt - ein Bündnis der drei großen Blöcke Grüne, CSU und SPD. Nur damit, glaubt Stieringer, wäre es möglich, die Entscheidungen zu treffen, die Bamberg etwa durch die Corona-Krise aufgebürdet würden. "Denn schon heute zeichnet sich ab, dass die im Dezember beschlossenen Haushaltspläne Makulatur sind."
Freilich: Bei der CSU stößt das Gedankenspiel eines Bündnisses, das alle Strömungen einbindet, auf wenig Gegenliebe. Peter Neller glaubt nicht, dass das funktionieren würde, auch wenn es für den OB sicher bequemer wäre. Statt für weitreichende Absprachen plädiert er für eine Politik der wechselnden Mehrheiten. "Warum sollten wir nicht den Spruch der Altvorderen neu beherzigen. Eine Sitzung macht die Sitzung."