Unterwasser umzingelt: Wir wagen in Bamberg den Selbstversuch Unterwasserrugby.
Badekappe, Schnorchel, Taucherbrille und Flossen - mehr Ausrüstung braucht es nicht, um Unterwasserrugby zu spielen. Doch neben der Ausrüstung gibt es viele andere Faktoren, die unerlässlich sind, wenn man diesen intensiven und verrückten Sport betreiben will. Das musste ich bei meinem Selbstversuch zusammen mit dem Tauchclub Bamberg schmerzvoll feststellen.
Ein Mittwochabend im Bamberger Spaßbad Bambados. Wo ich sonst eher auf der Rutsche oder im Whirlpool zu finden bin, soll ich heute Sport treiben. Einen Sport, der das hält, was der Name verspricht - Unterwasserrugby. Zunächst einmal beruhigt es mich sehr, dass auf den Bahnen nebenan die Wasserwacht gerade ihrem Nachwuchs das Retten "havarierter" Schwimmer beibringt. Wenigstens für meine Sicherheit ist einigermaßen gesorgt.
Ich ziehe also meinen Krempel an und watschle zum Beckenrand. Ein Sprung ins kalte Nass und schon schlucke ich das erste Mal Wasser.
Selbst schuld - warum vergesse ich auch, dass ich schon den Schnorchel im Mund habe..? Dennoch muntert mich mein Trainingspartner Hannes Hofmann auf. "Immerhin gehst Du nicht unter", ist das Erste, was ich vom Sportlichen Leiter der Unterwasserrugby-Spieler höre.
Mit Salzwasser gefüllter Ball
Jetzt spielen wir unter Wasser ein bisschen mit dem Ball, bleiben selbst mit dem Kopf aber noch über Wasser. So weit so gut. Das mit Salzwasser gefüllte Spielgerät lässt sich erstaunlich gut werfen und fangen. Doch nach dem Warmmachen geht es gleich richtig zur Sache. Wir tauchen und spielen uns gleichzeitig den Ball zu. Mein größtes Problem ist dabei, die fehlende Luft. Zweimal schaffe ich es, den Ball zu passen, schon muss ich wieder auftauchen. Hannes Hofmann wartet so lange am Grund des Beckens auf mich.
"Ohne gegnerische Einwirkung", erfahre ich später von ihm, "schaffe ich es schon gut zwei Minuten unten zu bleiben. Wenn es dann in den Zweikampf geht, muss auch ich nach 15 bis 20 Sekunden wieder auftauchen."
Zweikampf? Gegnerische Einwirkung? Soweit kommt es bei mir beim Premierentraining gar nicht. Vier Meter bis zum Boden sind zu viel für mich, und so bleibe ich knapp unter der Wasseroberfläche und sehe zu, wie das Team so richtig loslegt. Es sieht elegant aus, aber gleichzeitig merkt man auch, mit welcher Kraft die Spieler da unten agieren. Die größte Herausforderung dabei ist, dass die Angriffe von allen Seiten kommen können. "Es ist die einzige dreidimensionale Sportart", heißt es dazu in einem Internet-Video, und wenn man sieht, wie der ballführende Spieler von oben, unten und von allen Seiten attackiert wird, kann man das voll unterschreiben.
Auch wenn es "nur" ein Training ist, bricht Hannes Hofmann immer wieder das Spiel ab, um etwas an den Spielzügen seiner Jungs und Mädels zu verbessern. Mädels? Ja, auch Frauen spielen beim Unterwasserrugby mit. Zwar werden sie nicht in der Bundesliga-Mannschaft eingesetzt, aber im zweiten Team sind sie mit dabei. So auch Luise Fischer, die sich gerne gegen die vielen Männer unter Wasser durchsetzt.
Schnelligkeit und Übersicht
"Im Training merkt man schon, wie die Jungs ein wenig zurückstecken, aber im Spiel geht es voll zur Sache. Da ist es egal, dass wir Frauen sind", so Luise Fischer. Am schwierigsten ist es für sie, bei der Kraft ihrer männlichen Konkurrenten mitzuhalten, aber sie hat da ein ganz gutes Gegenmittel: "Man kann einiges mit Schnelligkeit und Spielübersicht wieder wettmachen, aber dazu gehört auch eine Menge Übung und Talent."
Talent, das mir scheinbar fehlt. Während sich die Profis auch nach einer Stunde noch schnell und kraftvoll am Boden des Schwimmbeckens tummeln und sich angreifen, werden mir über Wasser schon die Beine schwer. Allein das Bewegen im Wasser mit den Flossen sowie das ungewohnte Atmen durch den Schnorchel zollen ihren Tribut.
Etwas ernüchtert geht es für mich nach einer Trainingseinheit aus dem Wasser, wohl wissend, dass Unterwasserrugby viel mehr ist, als ein bisschen Plantschen im Pool. Es ist harter Sport, der von durchtrainierten Jungs und Mädels betrieben wird.
Die Sportart: Wie Kugelstoßen unter Wasser
Beim Unterwasserrugby treten Frauen und Männer gemeinsam in einem Team an.
Um sich im Becken besser voneinander zu unterscheiden, gibt es feste Farben für die Mannschaften - blau und weiß. Für den Sport brauchen die Spieler darüber hinaus nicht viel. Eine Badekappe, Flossen sowie eine Taucherbrille mit Schnorchel reichen im Wasser.
Im "dreidimensionalen Feld" bewegen sich immer sechs Spieler einer Mannschaft. Genauso viele sitzen auf der Auswechselbank und warten auf ihren Einsatz. Gewechselt wird während der 15 Minuten reinen Spielzeit pro Hälfte fliegend, da das Spiel selbst sehr anstrengend werden kann.
Der Spielball ist etwa so groß wie ein Handball und mit Salzwasser gefüllt, damit er nicht schwimmt, sondern untergeht. Die Tore bestehen aus Metallkörben, die an den Spielfeldrändern in 3,5 bis fünf Metern Tiefe versenkt werden. Unterwasserrugby erfordert viel taktisches Gefühl, da die richtige Positionierung für ein gutes Passspiel entscheidend ist.
Dabei wird der Ball, ähnlich wie beim Kugelstoßen, weggedrückt.
Körperliche Attacken dürfen nur gegen den ballführenden Spieler gerichtet sein oder vom ballführenden Spieler ausgehen.
Verboten ist der Angriff auf andere Spieler sowie auf die Spielausrüstung. Auch absichtliches Untertauchen gilt als Foul.
Das Spiel wird von drei Schiedsrichtern geleitet. Einer überwacht das Wechselgeschehen über Wasser, zwei sitzen in Tauchermontur im Becken und verständigen sich über Hupsignale mit den Spielern.
Der Verein: Serienmeister unter Zeitdruck:
Die Bamberger Unterwasserrugbyspieler gehören dem Tauchclub Bamberg an. Trainiert wird mehrmals die Woche im Bamberger Freizeitbad Bambados.
Die insgesamt 40 Spielerinnen und Spieler verteilen sich auf zwei Teams - eines in der Bundesliga Süd und eines in der der zweiten Liga. Der Spielbetrieb in der Bundesliga findet aufgrund der großen Entfernungen zwischen den einzelnen Mannschaften im Turnierspielmodus statt: An einem Spieltag treffen sich alle Mannschaften und jede absolviert zwei bis drei Spiele.
Nach der Punkterunde treffen sich die drei bestplatzierten Teams der vier Bundesligen zur deutschen Meisterschaft. Hier gibt es seit 2007 nur einen Sieger - den Tauchclub Bamberg.
Einem zweiten Platz (2004) und einem dritten Platz (2006) folgten acht deutsche Meisterschaften am Stück, wobei sich die Bamberger hier jeweils für den Champions Cup qualifizierten. Diesen weltweiten Wettbewerb der Meister gewannen die Domstädter zwar noch nie, sicherten sich aber dennoch sechs Podestplätze.
Trotz des Erfolges haben die Serienmeister mit ganz profanen Problemen zu kämpfen - beispielsweise mit Zeitdruck nach dem Training. Oft sieht man die Sportler um Teammanager Hannes Hofmann mit nacktem Oberkörper, barfuß und mit klitschnassen Haaren aus den Umkleiden rennen. "Die Zeit nach dem Training ist sehr eng bemessen", weiß Hofmann. "Wir hatten früher eine halbe Stunde, nun sind es nur noch 20 Minuten, bis unsere Zeit im Bad abläuft. Das ist schon sehr knapp, wenn man sich in Ruhe duschen will."