Wer sich vom Leben überfordert fühlt, der sollte "in die Innenwelt schauen", rät der Forchheimer Coach Hans Kreis - und gibt einige "Handlungsanweisungen".

Dass ein Journalist zu ihm kommt und über Stressbewältigung reden will, wundert den Forchheimer Coach Hans Kreis nicht. "In eurer Branche gibt es viele Hektiker. Die wollen etwas über Stressbewältigung schreiben und sind selbst die beste Zielgruppe."

Kreis lacht. Für einen Moment macht er den Eindruck, als sei nichts leichter, als stressfrei zu leben. Nein, sagt er, "ein stressfreies Leben kann es nicht geben". Sollte es auch nicht. Schließlich motiviere "guter Stress" und schade nicht.

Wer sich unangenehm gestresst fühlt, dem rät Kreis, sich eine Frage zu stellen: "Welches Denken steckt hinter dem Stressgefühl?" Weil belastende Gedanken unangenehme Gefühle hervorrufen und diese wiederum problematisches Verhalten, sei es hilfreich, dieses Muster zu durchbrechen. Was aber in unserer Leistungswelt mit ihrem "Vergleichszwang" nicht leicht sei.

Sich selbst manchmal verkauft

Ist es ihm selbst gelungen? Ihm, der aus ärmsten Verhältnissen stammt und sich "vom Friedhofskind zum Millionär" hochgearbeitet hat. "Ich war manchmal gestresst, weil ich das Maß nicht gefunden habe", erinnert sich Kreis an seine 30-jährige Laufbahn als Couch. "Ich habe mich manchmal verkauft, ich hätte nicht so groß sein müssen."

Coaching gibt Handlungsanweisungen. Bei seiner Zusammenarbeit mit Ärzten psychosomatischer Kliniken habe er gelernt, was die Mindestanforderung an gutes Coaching sei: "Ein Denken zu fördern, das Ruhe und Gelassenheit mehrt." Verabschiedet vom Coaching-Geschäft hat sich der 71-Jährige erst, nachdem er einen Schlaganfall erlitten hatte. Mit diesem Thema "aktiv umzugehen", darin sieht Kreis aktuell seine Aufgabe: "Ich geh dreimal die Woche zur Physiotherapie, achte auf meine Grenzen und trenne mich von dem Macher in mir."

Jetzt, da er ein "Couch im Ruhestand" sei, gebe er ja keine Handlungsanweisungen mehr. Eine aber dann doch noch: Der Schlüssel zu allem sei die "Selbstliebe". Das Wort wage heute kaum noch jemand auszusprechen. Daher werde überall im Management von Wertschätzung und Selbstfürsorge gesprochen - "das meint aber das selbe", sagt Hans Kreis.

"Ab dem Punkt, wo wir nur noch funktionieren, sind wir weg vom guten Leben. Daher müssen wir in die Innenwelt schauen. Und uns fragen: Ist das der Preis, den ich zahlen will? Kann es das gewesen sein?"