Die Stadt kann das einsturzgefährdete Gebäude in der Oberen Sandstraße 20 kaufen. Kommt jetzt das "Sound-n-Arts" zurück?

Dem akut einsturzgefährdeten Gebäude in der Oberen Sandstraße 20 ist nichts anzusehen: Seit dem Sommer verschandelt das ausladende Holzgerüst, das die bröckelnde Fassade stützt, die schöne Flaniermeile der Altstadt. Es sieht nach Stillstand aus. Doch im Hintergrund zeichnet sich in diesen kalten Dezembertagen ein Durchbruch ab: Stadt und bisheriger Inhaber, die German Property Group (Dolphin Capital), haben sich nach wochenlangen Verhandlungen auf einen Kaufvertrag geeinigt.

Das von beiden Seiten bereits notariell beglaubigte Vertragswerk berechtigt die Stadt bis 31. Mai 2020, das aus dem 14. Jahrhundert stammende Einzeldenkmal zu erwerben. "Endlich gibt es eine echte Perspektive zur Beseitigung des Schandflecks", erklärt Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD).

Es sind laut Angaben der Stadt intensive und harte Verhandlungen gewesen, die auch die Stadtspitze selbst mit dem Investor geführt hat, an deren Ende der Kaufpreis von 1,3 Millionen Euro auf 550.000 Euro gedrückt werden konnte. "Damit ist endlich der Weg frei, um das einsturzgefährdete Denkmal zu retten. Das Gebäude steht an einer sehr sensiblen Stelle im Herzen des Welterbes und muss unbedingt erhalten und saniert werden", betont Starke. Dem Kauf muss nun noch der Stadtrat am 11. Dezember zustimmen - was als gewiss gilt.

Laut Baureferent Thomas Beese soll es auch die konsequente Linie und entschlossene Haltung der Stadt gewesen sein, die zu diesem Verhandlungserfolg geführt hat. Doch sah es lange Zeit nicht so aus, als ob sich die Stadt mit der umstrittenen Investorengruppe aus der Nähe von Hannover einigen könnte. Dieser wurde immer wieder vorgeworfen, dass sie das Gebäude in der Sandstraße und ebenso die denkmalgeschützten Häuser in der Unteren Königstraße 13 und 15 (ehemals Roter Ochse) zu Spekulationszwecken verfallen lässt. Im Stadtrat war deshalb schon über Zwangsmaßnahmen wie Enteignung oder ein Sanierungsgebot diskutiert worden. Die Schutzgemeinschaft Alt Bamberg hat in einer Petition an die German Property Group bis jetzt über 1400 Unterschriften gesammelt.

Ein Vertreter der Investorengruppe, der verantwortliche Leiter Recht Jens Lüssenhop, betont nun nach dem Vertragsabschluss, dass die Verhandlungen von beiden Seiten im Interesse des Erhalts der Immobilie geführt worden seien.

Erleichterung herrscht vor allem bei den Anwohnern im Sandgebiet. Markus Schäfer von der IG "InteresSAND..." zeigte sich am Mittwoch glücklich über die positiven Entwicklungen: "Ich glaube, dass die Summe, die im Raum steht, zu hoch ist, aber da bin ich pragmatisch: Es ist besser als zehn Jahre Leerstand." Vor allem hatten die Sand-Bewohner befürchtet, dass die massive Holzkonstruktion am Gebäude noch jahrelang die Straße verschandelt.

Nun stellt sich auch Schäfer die Frage: Wie geht es weiter? "Das Haus hat riesiges Potenzial." Aus der alternativen Szene komme der Wunsch, dass wieder ein Club für Live-Musik in dem Gebäude unterkommt - etwa das "Sound-n-Arts", das bis zur Nutzungsuntersagung im Keller beheimatet war.

Über konkrete Entwicklungsmöglichkeiten will die Stadt aber derzeit keine konkreten Aussagen treffen. Laut Starke werde auch über eine Lösung mit einer Stiftung nachgedacht. Angesichts des finanziellen Umfangs der zu erwartenden Maßnahmen müssten nun alle Optionen überprüft werden. Im Raum stehen Sanierungskosten in Höhe von drei bis vier Millionen Euro. Allerdings kann die Stadt mit entsprechenden Fördermitteln rechnen. "Entscheidend ist aber zunächst, den Eigentumswechsel erfolgreich zu gestalten und die Gunst der Stunde zu nutzen", so Starke.

Möglich ist auch ein Weiterverkauf an einen Investor, der allerdings ein entsprechendes Konzept vorlegen müsse, heißt es bei der Stadt. Nach dem Kauf soll die Sanierungsstrategie mit allen Beteiligten transparent beraten werden.

Außerdem will die Stadt laut Oberbürgermeister Starke dann auch den Ankauf des früheren Roten Ochsen in der Königstraße ins Auge fassen.

Kommentar von Sebastian Martin: Gute Nachricht

Dass die Stadt es geschafft hat, dem Investor das Gebäude auf dem Verhandlungsweg zu entreißen, ist eine gute Nachricht. Zwar sind 550.000 Euro immer noch eine stolze Summe für ein akut einsturzgefährdetes Gebäude. Doch eine langwierige gerichtliche Auseinandersetzung wäre sicher das größere Übel gewesen. Es zeichnet sich nun eine Lösung für den Schandfleck in der Sandstraße ab. Ob es auch so schnell gegangen wäre, wenn keine Wahl im nächsten Jahr anstünde, sei dahingestellt. Was dagegen spricht: Dem Investor sind Wahlen egal. Und am Ende zählt das Ergebnis.

Drama um ein Denkmal

30. Juli: Ein von der Stadt beauftragter externer Gutachter stellt fest, dass das Gebäude in der Oberen Sandstraße 20 akut einsturzgefährdet ist. Der Musikclub "Sound-n-Arts" im Keller muss schließen.

7. August: Das denkmalgeschützte Haus wird im Auftrag der Stadt vom Technischen Hilfswerk notgesichert. Für die Sandkerwa wird besondere Sicherung vorgenommen.

24. August: Zur Sandkerwa startet die Schutzgemeinschaft Alt Bamberg eine Online-Petition, die sich an die German Property Group richtet, sie wird darin von über 1400 Unterzeichnern aufgefordert, den Verfall ihrer Gebäude zu stoppen.

28. August: Die Stadt gibt bekannt, dass sie das einsturzgefährdete Gebäude kaufen und sanieren will. Im ersten Schritt soll ein gemeinsames Verkehrswertgutachten von Stadt und Investor erstellt werden. Zwischenzeitlich gibt es Forderungen aus der Kommunalpolitik, den Besitzer zu enteignen.

4. Dezember: Die Stadt gibt Einigung mit Investor bekannt.