Personalmangel hat die Geduld vieler Postkunden zum Jahreswechsel strapaziert. Schon gibt es Ängste, die Promenadenpost könnte geschlossen werden.
Es war eine lange erwartete Bücher-Sendung, die Günther Oltsch kurz vor Weihnachten an den Rand der Verzweiflung brachte. Weil der 68-jährige Innenstadtbewohner nicht Zuhause war, wurde er in der Postbenachrichtigung dazu aufgefordert, sein Päckchen im drei Kilometer entfernten Briefzentrum an der Memmelsdorfer Straße 211 abzuholen. "Ein Unding", sagt Oltsch, der es gewohnt ist, seine Sendungen an der Bahnhofspost mit dem Fahrrad abzuholen. Ausnahmsweise machte er sich mit dem Auto auf den Weg. "Es gab Stau von der Mälzerei bis an die Stadtgrenze, zwei Auffahrunfälle und dann musste man sich auf dem riesigen Gelände erst noch zurechtfinden." Oltsch hätte sich wegen der persönlichen Unannehmlichkeiten nicht an die Zeitung gewandt, würde er nicht generell einen Kahlschlag an Postdienstleistungen in der Bamberger Innenstadt befürchten. Konkret spricht er davon, dass die gut frequentierte Promenadenpost schließen könnte. Oltsch bezieht sich in seinen Mutmaßungen auf Hinweise, die angeblich aus erster Hand an seine Ohren gelangt sind. "Eingeschränkte Öffnungszeiten, auch nach Weihnachten lassen Schlimmes erahnen", sagt er. Er ist sich sicher: Die viel besuchte Promenadenpost zu schließen und dem Rationalisierungsdenken zu opfern, "das wäre in Bamberg ein Skandal erster Klasse".
Unzufriedenheit mit der Post ist in den Tagen um den Jahreswechsel offenbar keine Seltenheit in Bamberg. Auch Elisabeth Porsch hat einschlägige Erfahrungen in der Promenadenpost gemacht. "Warteschlagen bis zur Türe sind leider ein gewohntes Bild geworden", klagt sie. Der Bambergerin ist aufgefallen, dass anders als früher derzeit nur noch zwei Mitarbeiter das Tagesgeschäft erledigen.Wie um die Kunden abzuschrecken, seien auch noch die Gebühren und Lieferzeiten stark gestiegen.
Was ist dran an den Gerüchten, dass die Post in Bamberg Personal und Filialen abbauen will? Glaubt man dem Sprecher der Deutschen Postbank, Hartmut Schlegel, muss sich niemand Sorgen machen, dass er für bestimmte Postdienstleistungen künftig weite Wege in Kauf nehmen muss. Die Postbank, die die früheren Postämter in der Heinrichstraße und in der Ludwigstraße schon vor Jahren übernommen hat, plant laut Schlegel derzeit für keine ihrer Bamberger Filialen Veränderungen. Allerdings bestätigt der Sprecher, dass die Promenadenpost in der Vorweihnachtszeit immer wieder damit zu kämpfen hatte, dass Mitarbeiter vorübergehend ausgefallen waren. Doch zu längeren Wartezeiten sei es nur in Einzelfällen gekommen.
Ganz unbegründet sind die Befürchtungen mancher Bamberger, das Netz der Postfilialen könne weiter ausgedünnt werden, dennoch nicht. Ganz abgesehen von den Warteschlangen sind die Zeiten, in denen man seine Briefe um die Ecke bei der guten alten Post abgeben konnte, lange vorbei. Heute betreibt die Deutsche Post AG in Bamberg keine einzige Filiale mehr selbst, sondern arbeitet mit unterschiedlichen Kooperationspartnern zusammen. Diese sorgen dafür, dass es, vom Supermarkt bis zur Tankstelle, auch heute zahlreiche Anlaufstellen für Bürger gibt, die Päckchen aufgeben oder abholen wollen.
Feuerholz im Schnellversand
Doch wie lässt sich die Auslagerung von Paketen auf die grüne Wiese erklären, die eigentlich für die Innenstadt bestimmt waren? Dass es beim Versand von Briefen und Paketen um den Jahreswechsel 2019 /2020 herum zu einem bisher nicht gekannten Arbeitsanfall gekommen ist, berichtet Pressesprecher Alexander Böhm. Zu Weihnachten 2019 habe sich das bundesweite Paketaufkommen auf elf Millionen Stück am Tag nahezu verdreifacht. "Heute gibt es Leute, die sich sogar ihr Feuerholz im Paket zusenden lassen. Auch 30 Kilo Hundefutter werden gerne mal verschickt", beschreibt der Postsprecher gar nicht mehr so seltene Extremfälle im Verbraucherverhalten.
Heruntergebrochen auf Bamberg bedeutet das, dass der Empfänger von Paketen im Einzelfall durch die halbe Stadt fahren muss, um die Fracht abzuholen, wenn sie nicht ausgeliefert werden konnte. Eine solche Auslagerung ist laut Böhm dann unvermeidlich, wenn die Lagerfläche in den wohnortnahen DHL-Shops aus bestimmten Gründen nicht mehr ausreicht, etwa weil die Pakete bereits bis unters Dach gestapelt sind.
Doch Günter Oltsch mag an diese Begründung nicht so recht glauben. In der Bahnhofspost gebe es ohne Ende Platz. Zudem lagen in dem provisorisch eingerichteten Hinterzimmer des Briefzentrums, wo er sein Paket nach einer halbstündigen Autofahrt schließlich in Empfang nehmen konnte, nur wenige andere Sendungen, die auf Abholung warteten. Für Oltsch stellt sich die Frage, ob eine solche Irrfahrt nicht dem Grundprinzip der Post widerspricht, wohnortnah auszuliefern. "Was machen Mitmenschen, die nicht mehr so mobil sind und niemanden an der Hand haben, der für sie die Abholung übernimmt?"