Noch ist die Anlage am Mainwehr eine Baustelle. Es wird dort aber schon Energie gewonnen - ein Beitrag zum Klimaschutz.
Es ist eine idyllische Landschaft in den Mainauen. Auffällig ist nur, dass der bisherige Wiesenweg stark aufgeschottert ist. Wer näher kommt, erkennt den Grund dafür. An dem seit über 100 Jahren bestehenden Wehr wird gebaut; für Bagger und andere Fahrzeuge war die Befestigung der Zufahrt notwendig. Bauzaun und rot-weiße Absperrbänder lassen zumindest einen Blick auf die drei Wasserkraftschnecken zu. So klingt es also, das Rauschen des Flusses, wenn er Strom erzeugt. Und das tut er bereits. Norbert Böhm von der Bamberger Wertschmied-Group, Geschäftsführer des neuen Ökostromwerks, ist glücklich darüber, dass es jetzt, nach langer Vorgeschichte, soweit ist.
Die Berechnungen gehen davon aus, dass diese Anlage rund 290 Haushalte mit Strom aus Wasserkraft versorgt. Auch wenn das Drumherum noch nicht fertig ist: Die Menge, die jetzt bereits ins Netz eingespeist wird, erspare den Ausstoß von einer Tonne CO2 - jeden Tag, wie Böhm versichert. "Wir machen Klimaschutz." Wie sich das Ökostromwerk aktuell anhört, das können Sie in diesem Video erfahren.
Dennoch war das Ökostromwerk nicht allen willkommen. Der Michelauer Gemeinderat hatte keine Einwände gegen das Vorhaben. Im Mai 2015 wurden die Pläne öffentlich im Rathaus ausgelegt. Ein Jahr später formierten sich Gegner in einer Online-Petition. Vertreter von Bund Naturschutz und Mainfischereigemeinschaft befürchteten schädliche Auswirkungen auf das sensible Gebiet und trugen ihre Bedenken bei einem Erörterungstermin im Landratsamt vor. Vier Jahre ist das her. Im Anschluss musste sich der angehende Betreiber gedulden. Erst nach weiteren acht Monaten und eingehender Prüfung erließ das Landratsamt Lichtenfels den Genehmigungsbescheid - verbunden mit zahlreichen Auflagen. Auf 50 Seiten wurde dem Rechnung getragen, dass sich die Anlage in einem Natur- und Vogelschutzgebiet von europäischem Rang befindet. Vorgeschrieben wurde ein Monitoring, um die Entwicklung zu beleuchten. Außerdem wurde der Betreiber dazu verpflichtet, jährlich einen Neubesatz von 2000 Fischen vorzunehmen und in einer Flachwasserzone zwischen Trieb und Schwürbitz als Ausgleichsmaßnahme Schilf zu pflanzen. Die ersten dieser Pflanzungen liegen nun schon fast vier Jahre zurück, und auch der regelmäßige Fischbesatz wurde in der Zwischenzeit vorgenommen. Dies habe artenschutzrechtliche Gründe, betont Norbert Böhm. Denn die Befürchtung mancher Kritiker, es könne zu Verletzungen oder Tötungen von Fischen durch die Wasserkraftschnecken kommen, teilt er nicht. Andernorts erstellte Gutachten bestätigen eine hohe Verträglichkeit: Fische können unbeschadet durch solche Schnecken schwimmen. Dem Ergebnis einer neueren Untersuchung der Uni München blickt Böhm deshalb positiv entgegen. Der Diplom-Ingenieur erwartet sogar günstige Auswirkungen auf einen Altarm des Mains und den Mühlbach, weil der Wasserstand im Sommer nicht mehr so extrem absinken und ein Fischsterben dadurch vermieden werde.
Auf einer Tafel nahe dem Spazierweg erläutert das Bamberger Unternehmen die historische und heutige Nutzung des Flusses sowie das Konzept für das Ökostromwerk und den daneben geplanten naturnahen Fischpass. Alles werde nach Plan umgesetzt, sagt Norbert Böhm.
Dass die Menschen neugierig sind, hat er schon festgestellt. "Wir haben viel Publikum an dieser Baustelle." Noch handele es sich aber um einen Gefahrenbereich, daher sein dringender Appell, die Absperrungen zu respektieren. Man kann auch aus sicherem Abstand schauen und lauschen. Das Rauschen des Wassers sei nicht lauter, aber anders geworden, versichert Böhm. "Wir haben Messungen gemacht." Das Zwitschern der Vögel ist nach wie vor zu hören.