In der Notaufnahme des Bamberger Klinikums kämpfen die Schwestern und Ärzte rund um die Uhr gegen viele Probleme.
Zwei feine Nadeln hat sich eine 55-jährige Näherin quer durch ihren Zeigefinger gejagt - geradewegs durch ihren sorgfältig rosa lackierten Fingernagel. Blut fließt keins. "Volltreffer", sagt die Fränkin, als sie ihre Arbeitsverletzung Oberarzt Steffen Köckeritz unter die Nase hält. Sauber durchgetackert. "Na, die müssen wir wohl da rausholen", murmelt der Mediziner und lächelt die Frau an.
So schmerzhaft das Malheur auch sein mag, die Patientin muss sich gedulden. In der Notaufnahme geht es nicht nach Ankunftszeit, sondern nach Dringlichkeit - nach Lebensgefahr. Und in solcher schwebt in einem anderen Behandlungszimmer ein 78-Jähriger, dem eine Ärztin und zwei Schwestern gerade fast zwei Liter Blut und Wasser aus seiner Lunge pumpen.
Stressfaktor in der Notaufnahme am Klinikum Bamberg? "Acht von Zehn"
Wieder einen Raum weiter formuliert Assistenzärztin Maria Ultsch einen Patientenbericht. Es ist erst ihr zweiter Tag in der Notaufnahme. "Ich falle ins Bett. Gestern hatten wir sechs Schlaganfälle hier", berichtet die angehende Neurologin. Der Stressfaktor in der Notaufnahme? "Acht von Zehn", antwortet Ultsch, grinst und eilt ins nächste Behandlungszimmer.
"Nicht jeder versteht, dass es bei uns nach Dringlichkeit geht, manche beschweren sich", erzählt Schwester Babelin Roth, deren Aufgabe es ist, die Dringlichkeit anhand eines Kriterienkatalogs zu bewerten - "triagieren" nennen das die Mediziner. Seit neun Jahren sitzt sie am Dreh- und Angelpunkt der Bamberger Notaufnahme: Alle Patienten kommen an Roth vorbei, egal ob sie selbstständig durch die Schiebetür humpeln oder mit dem Rettungshubschrauber eingeflogen werden. Manches Menschenleben hängt in den nächsten Minuten von den Entscheidungen und der Kunstfertigkeit des 58 Köpfe starken Notaufnahmeteams ab, das von Ärzten aus allen Fachabteilungen des Klinikums unterstützt wird.
An Wochenenden kommen mehr als 120 Patienten pro Tag
Zwischen 60 und 80 Patienten an Werktagen, an Wochenenden mehr als 120 pro Tag, 33 500 in einem Jahr werden hier behandelt. Echte Notfälle kommen über den ganzen Tag verteilt. "Die Happy Hour kommt unvermittelt und ist nicht absehbar, außer bei Blitzeis", bestätigt Marco Hutzler, der mit seinem Malteser-Team gerade einen Patienten abholt. Hätte der dazu nicht auch Verwandte anrufen können? Manche Menschen nutzen den Sanka als Taxi, klagt der Leiter des Malteser-Rettungsdienstes.
Ausgenutzt fühlt sich auch das Team der Notaufnahme, wenn Patienten Notfälle vortäuschen, um sich Wartezeiten in Arztpraxen zu ersparen, wie Chefarzt Joachim Knetsch kritisiert. Der 56-jährige Chirurg leitet die Abteilung seit 2012 und sieht nicht nur deshalb in der neu angegliederten Bereitschaftspraxis eine echte Bereicherung. Die hat täglich bis 21 Uhr geöffnet und entlastetet die Notaufnahme. Die Eingänge liegen gleich nebeneinander - häufig schickt Schwester Roth Patienten eine Tür weiter. "Die räumliche Nähe ist ein echter Vorteil", sagt der Chefarzt, der sein Team vor unnötigen Belastungen schützen möchte.
Der Dienst in der Notaufnahme sei ohnehin anstrengend. "Die Arbeit ist belastend, weil sie nicht vorhersehbar ist, jeden Tag anders, besonders an Wochenenden", sagt Knetsch. "Mal ist es total ruhig, dann kommt alles auf einmal, wie bei einem Tsunami", bestätigt Ultsch.
Wie zum Beweis rollen nach einigen ruhigen Minuten gleich drei Rettungswagen fast zeitgleich in die große Garage der Notaufnahme: eine alte Frau mit starken Bauchschmerzen, ein dementer Mann mit Verdacht auf eine Grippe, eine 33-jährige Asylbewerberin mit Anzeichen auf ein großes Krebsgeschwür. Die Frau hat offensichtlich starke Schmerzen. "Sie spricht nur Russisch und lässt sich von Männern nicht untersuchen", berichtet der Sanitäter. Es muss schnell gehen. Schwester Roth ruft den Reinigungsdienst des Klinikums an - ob eine Putzfrau Russisch übersetzen kann.
Wenn sie nach Hause komme, brauche sie Ruhe, erzählt die Schwester in einer Pause. Keine Menschen, keine Arztsendungen, die sie für lächerlich und überzogen hält. Schlimme Schicksale kratzten trotz der Routine am dicken Fell, räumt Babelin Roth ein. Dagegen helfe am besten, unter Kollegen darüber zu reden. Nicht nur über schlimme Erfahrungen, auch über lustige. "Ich habe sämtliche Fremdkörper in sämtlichen Körperöffnungen gesehen", erzählt eine Kollegin und lacht. Roth nickt und rollt mit den Augen.
Sie erzählt lieber von ihrem schönsten Erlebnis in der Notaufnahme, als sie einmal in einem Aufzug hoch in die Entbindungsstation ein Kind auf die Welt gebracht hat, das es eilig hatte. "Da sind Tränen geflossen, bei uns allen, auch bei uns Schwestern."
Ja, jetzt mal ein großes Lob für alle, die da ihre Arbeit machen.
Oft denke ich mir: "Das sind die Leute, die den Laden hier im Land am Laufen halten".
Und die sitzen nicht in den Parlamenten und Behörden, sondern die findet man da im Klinikum, auf der Autobahnraststätte, auf der Baustelle oder in der Fertigung.
und es ist eine Arbeit die begeistert ... wenn man dafür geschaffen ist