Wir stellen in dieser Serie Randsportarten vor und wagen den Selbstversuch. Diesmal: Korbball.
Es ist die vierte Station meiner Reise durch die Sportarten Frankens, doch es ist das erste Mal, dass ich eine Sportart betreibe, die ich - selbst wenn ich ein Naturtalent wäre - nicht ausüben dürfte. Die Rede ist vom Korbball. Diese (in Deutschland) reine Frauensportart wird im unterfränkischen Bergrheinfeld sehr erfolgreich betrieben. Eingeladen haben mich die Damen und Juniorinnen des TSV - und die bringen mich ganz schön zum Schwitzen.
Als Amateur-Basketballer gehe ich mit einem guten Gefühl ins Schnuppertraining, doch gleich wird mir von meinen Trainingspartnerinnen Sabrina Eckert und Hanna Rumpel jegliche Illusion genommen. "Mit Basketball hat Korbball wenig zu tun." Korbleger? Fehlanzeige! Meine Dribbelkünste sind hier ebenfalls nicht gefragt. Vielmehr erinnert der Sport an Handball, schon wegen der Ballgröße.
"Man sieht, dass du vom Basketball kommst"
Trainerin Nicole Triebel erklärt mir zu Beginn, von wo ich wie werfen darf. Ein Kreis rund um den Korb, der einzig von der Korbhüterin betreten werden darf, sorgt für den nötigen Abstand. Dank diesem und dank der Hüterin ist es dementsprechend schwer, Punkte zu erzielen. Das wirkt sich auch auf den Wurfstil aus. Nicole Triebel gibt mir den Ball und lässt mich werfen. "Man sieht schon, dass du vom Basketball kommst", ist ihr erster Kommentar auf meinen Wurf, der übrigens locker von der Korbhüterin abgefangen wird.
Ich soll also alles vergessen, was mir mein Trainer in jungen Jahren beigebracht hat. "Wir stoßen den Ball mehr, als dass wir ihn werfen", erklärt mir Triebel. Die Hand, auf der der Ball liegt, bleibt dabei relativ steif und der Arm stößt das Spielgerät in hohem Bogen nach oben ab. Durch die hohe Flugkurve soll es der Korbhüterin schwer gemacht werden, an den Ball zu kommen.
Ich werfe - Verzeihung, stoße - also weiter und das mit wachsendem Erfolg. Ab und zu treffe ich in den Korb, allerdings ohne Gegenwehr. Mit Korbhüterin schaffe ich zwar keine Punkte, komme aber immerhin an ihr vorbei.
Doch die Korbhüterin ist ja nicht die Einzige, die es in einem Korbball-Spiel zu überwinden gilt. Insgesamt stehen pro Team fünf Spielerinnen auf dem Feld, wobei in der Abwehr eine von ihnen zur Hüterin wird. Im Angriff ist viel Geduld gefragt, da es ähnlich wie beim Handball darum geht, durch Hin- und Herpassen die Lücke in der Abwehr zu finden und zum Erfolg zu kommen. Dies ist einer der Gründe, warum Männer die Sportart nicht betreiben. "Die Jungs lachen über uns, weil es etwas langsamer zur Sache geht", erklärt mir Sabrina Eckert. Davon ist beim Training aber nichts zu merken.
Seltener Körperkontakt
Ich darf nun auch mitspielen und werde vom Schiedsrichter immer wieder zurückgepfiffen. Ich foule zu oft - vor allem im Angriff. Denn Körperkontakt ist eher selten beim Korbball. Auch ein Grund, warum das starke Geschlecht den Sport eher belächelt.
So ruhig es im Angriffsspiel auch zugeht, so schnell wird es auf einmal, wenn die andere Mannschaft in Ballbesitz kommt. Mit langen Pässen überwinden die Teams das Feld, um schnelle Punkte im Gegenstoß zu erzielen. Dabei sind immer mehrere Spielerinnen unterwegs, denn man darf nur ein Dribbling pro Ballaufnahme machen.
Teilweise läuft es für mich zu schnell. Bis ich einmal in der gegnerischen Hälfte angekommen bin, muss ich meist schon wieder umdrehen. Das merkt auch Trainerin Triebel und beordert mich in den Kreis. Als Torhüter soll ich mich nun versuchen. Mit meinen 1,80 Meter bin ich zwar etwas zu groß (die Regeln erlauben nur Korbhüterinnen bis 1,78 Meter), aber dafür lange nicht so trainiert wie meine Mitspielerinnen.
Das nutzt das gegnerische Team aus und versenkt einen Ball nach dem anderen. Leicht deprimiert setze ich mich wieder auf die Auswechselbank, wo der zweite Mann in der Bergrheinfelder Halle mir etwas Mut zuspricht. "Da hast du dir aber auch den härtesten Verein ausgesucht", erklärt mir Thomas Milasevic, Trainer der Damenmannschaft. "Hier spielen gerade die beiden besten Mannschaften Deutschlands gegeneinander." Damit meint er die Tabellenplätze der beiden Teams. Sowohl die Damen als auch die U19-Juniorinnen stehen an der Spitze ihrer jeweiligen Liga. Die Juniorinnen sind sogar amtierender deutscher Meister. "Woanders geht es im Training sicher nicht so zur Sache. Da kann auch ein Anfänger besser mithalten", so Milasevic.
Mithalten konnte ich in den zwei Stunden Training beim TSV Bergrheinfeld zwar nur selten, doch ich habe durchgehalten. Mein durchgeschwitztes T-Shirt ist der beste Beweis, dass Korbball ein sehr intensiver Sport ist - und alle, die darüber lachen, ihn selbst noch nie ausprobiert haben.
Die Sportart: Wenig Körperkontakt, aber viel Geschwindigkeit
Eigentlich ähnelt es nur vom Namen her dem weit bekannteren Basketball, denn Korbball hat einige Besonderheiten, die diese Sportart so reizvoll machen. Schon beim ersten Blick auf das Spielfeld fällt der erste Unterschied zum Basketball auf. Der Korb hat kein Brett. Dadurch muss viel präziser geworfen werden. Hinzu kommt, dass durch eine Korbhüterin der Weg zum Treffer erschwert wird. Und wäre das noch nicht genug, gibt es eine Zone um den Korb herum, die von den Spielerinnen nicht betreten werden darf. Der Ball ähnelt von Größe und Gewicht eher einem Handball.
Das Spiel dauert zweimal 15 Minuten, auf dem Feld stehen fünf Spielerinnen pro Team, von denen eine die Korbhüterin ist, die aber im Angriff ebenfalls mit nach vorne gehen darf. Die Sportart, die in Deutschland nur von Frauen und Mädchen wettkampfmäßig bestritten wird, hat auch eine Sommer-Variante. Hier stehen sechs Damen pro Mannschaft auf dem Feld.
Korbball wird oft als zu körperlose Sportart belächelt. Auf den ersten Blick richtig, da jeder Kontakt mit dem Gegner meist als Foul abgepfiffen wird. Doch was Korbball an Zweikämpfen fehlt, macht der Sport an Geschwindigkeit wieder wett. Gerade beim Umschalten von Abwehr auf Angriff heißt es, blitzschnell zu reagieren. Mit langen Pässen wird hier das komplette Spielfeld - immerhin 30 Meter - überwunden, um zum Korbversuch zu kommen, ehe die Korbhüterin zurück ist.
Der Verein: Sogar die Fußballer machen Platz
Beim TSV Bergrheinfeld sind viele Sportarten unter einem Dach in der vereinseigenen Zweifach-Turnhalle. Doch niemand kommt an der Korbball-Abteilung vorbei . "Wenn wir uns auf ein Turnier wie die deutsche Meisterschaft vorbereiten und zusätzliche Trainingszeiten benötigen, machen auch schonmal die Fußballer für uns Platz", weiß Trainerin Nicole Triebel.
Das liegt sicher auch daran, dass die Korbballerinnen in der 108-jährigen Geschichte des Vereins eine hohe Stelle einnehmen, auch wenn es die Abteilung erst seit 1941 gibt. Immerhin 190 aktive Spielerinnen trainieren beim TSV Bergrheinfeld die ziemlich unbekannte Sportart. Inzwischen ist es auch so, dass Spielerinnen aus dem Umkreis zum TSV kommen. "Sie sehen bei uns einfach bessere Entwicklungsmöglichkeiten als in ihrem Heimatverein", erklärt Triebel.
Und die jüngsten Erfolge zeigen, dass das Ende noch nicht erreicht ist. Die U19-Juniorinnen verteidigten im vergangenen Jahr erfolgreich ihren deutschen Meistertitel. Auch die Damen sind regelmäßiger Besucher der nationalen Titelkämpfe. 2014 reichte es hier immerhin zu einem vierten Platz.