Die Geschwister Leonie und Jan Pfadenhauer kandidieren für den Bamberger Stadtrat - jeweils auf unterschiedlichen Listen.
Sie sind jung, sie sind Geschwister und sie treten beide für unterschiedlichen Parteien an: Leonie(20) und Jan Pfadenhauer(18) investieren in der heißen Phase des Wahlkampfs gut 20 Stunden pro Woche, um für Grünes Bamberg und die CSU in den Stadtrat einzuziehen.
Wie habt ihr beide euch politisiert? Was hat euch da gepackt?
Jan Pfadenhauer: Ich denke, dass wir beide sehr politisch erzogen wurden. Das kam auch zu einem großen Teil von unseren Eltern und wir haben schon früh darüber diskutiert, was in der Welt draußen passiert.
Leonie Pfadenhauer: ... und wir haben angefangen die Nachrichten zu schauen. Wir waren schon immer politisch interessiert. Ausschlaggebend für mein Engagement waren zuerst die Flüchtlingskrise und später das steigende Bewusstsein, dass wir in der Klimakrise stecken. Dann dachte ich mir, dass ich jetzt auch etwas tun möchte und nicht nur diskutieren will. Am Anfang habe ich mich nicht getraut, in eine Partei zu gehen und konnte mich auch nicht wirklich für eine entscheiden. Aber dann hat mich ein guter Freund zur Grünen Jugend mitgenommen. Kurze Zeit später war ich bei Grünes Bamberg beim Plenum. So wurde ich integriert.
Jan: Bei mir gab es weniger ein spezielles Moment als vielmehr einen Prozess. Ich habe mir vorgenommen, mich nicht darüber aufregen was andere falsch machen, sondern mich dafür einzusetzen, dass es besser gemacht wird. Deshalb habe ich mich schon früh gefragt, welche Partei das wofür ich stehe am besten repräsentieren kann. Da geht es für mich vor allem um Generationengerechtigkeit - in der Umwelt-, aber natürlich auch in der Finanzpolitik - So bin ich zur CSU gekommen.
Eure Verwandtschaft ist ja schon sehr politisch ...
Jan: Ja, wir sind etwas politisch vorbelastet: Unser Großvater väterlicherseits war Bürgermeister in Burgkunstadt.
Leonie: ... aber von der SPD! (lacht)
Jetzt hat es euch beide in unterschiedliche Parteien verschlagen. Wie hat sich das bei euch am Küchentisch geäußert?
Leonie: Das ist dann in Diskussionen ausgeartet, in denen wir uns gar nicht einigen konnten. Da meinte unser Vater schon: "Jetzt reicht's aber mal. Jetzt diskutieren wir nicht weiter über Politik."
Jan: Am lebhaftesten kann ich mich an eine Diskussion erinnern, in der Leonie nach einer gewissen Zeit dankenswerterweise meinte, dass es zu nichts mehr führt. Ich bin bei solchen Sachen immer sehr engagiert und vergesse manchmal, ob sich die Diskussion im Kreis dreht. Auch zum Leidwesen einiger Lehrer, die das zur Genüge während meiner Schulzeit aushalten mussten.
Wie bewertet ihr die Möglichkeiten, sich als junger Mensch in Bamberg politisch zu engagieren?
Leonie: Ich hatte das Glück, dass man in der Grünen Jugend eigene Aktionen entwickeln und durchführen kann. Allerdings habe ich das Gefühl, dass manche ältere Parteimitglieder Ansichten von Jüngeren, wie zum Beispiel über das Gendern, noch nicht ganz verstehen. Dass dann die ältere Generation so etwas von einem jüngeren Menschen annehmen und das ist noch etwas schwierig. Die Möglichkeiten empfand ich aber trotzdem als sehr gut.
Jan: Ich denke, die größte Hürde ist man selbst. Wenn man den Schritt macht, ist es super, wie schnell eigene Ideen aufgenommen und in die Diskussion eingebracht werden. Man bringt als junger Mensch neue Möglichkeiten ein. Und ich muss sagen, weil Leonie die Grüne Jugend angesprochen hat: Es ist wirklich toll, was viele Jugendorganisationen hier leisten.
Habt ihr politische Vorbilder in der Bamberger Kommunalpolitik?
Leonie: Für mich sind das starke Frauen im Stadtrat, wie Petra Friedrich oder Kiki Laaser. Das sind Frauen, die klare Meinungen haben und sich nicht scheuen den Mund aufzumachen, das hat mich sehr beeindruckt und motiviert.
Jan: Ich finde das immer faszinierend, wenn es Charakterköpfe in der Partei gibt, die sagen was sie denken. Unabhängig davon, ob das positiv aufgefasst wird oder nicht. Ich denke da an den ehemaligen Stadtrat Manfred Drescher. Das ist eine Einstellung, der man nacheifern kann.
Die beiden Geschwister diskutieren eine halbe Stunde leidenschaftlich über sozialen Wohnungsbau, wirtschaftliche Entwicklung, die Notwendigkeit von Klimaneutralität, Shared-Spaces und die autofreie Innenstadt. Oft gibt es Überschneidungen, nur die Prioritäten und Lösungswege sind etwas unterschiedlich. Mal werden aber auch die Augen gerollt oder der Kopf verdreht. Kann es auf lokaler Ebene ideologiefreie Politik geben?
Leonie: Ich finde eine ideologiefreie Politik wird dadurch geschaffen, dass man in einen Diskurs tritt. Ideologie bedeutet nach meinem Verständnis, wenn Menschen in der eigenen politischen Blase bleiben und nicht bereit sind von ihrer Meinung abzurücken.
Jan: Da würde ich zustimmen. Aber völlig ideologiefrei wird es erst dann, wenn man von Symbolpolitik zu lösungsorientierter Politik kommt, die vielleicht schwieriger zu vermitteln, aber langfristig erfolgreicher ist.
Für viele junge Menschen ist die Sperrstunde in Bamberg noch ein Thema. Was sagt ihr dazu?
Leonie: Meiner Meinung ist eine Sperrstunde in der Sandstraße unsinnig. Sie hat die Probleme nicht gelöst. Auf der Unteren Brücke finde ich sie sinnvoll, aber wer in die Partymeile zieht muss sich dessen auch bewusst sein.
Jan: Da kommen wir noch mal zur Symbolpolitik. Man hat sich erhofft, dass die Probleme durch eine solche Regelung wegbestimmt werden könnten. Als Stadt hat man sich da aus der Verantwortung gezogen. Natürlich muss die Stadt durch Maßnahmen den Lärm und die Belästigung eindämmen, aber eine Sperrstunde ist da der falsche Weg.
Wäre das dann ein gemeinsames Projekt als Antrag, wenn ihr beide in den Stadtrat gewählt werdet?
Jan: Diskutieren kann man alles. Ich stimme Anträgen zu, die sinnvoll sind.
Leonie: Ich würde auf jeden Fall einen Antrag stellen. 100 Prozent.
Neben euch kandidieren auf vielen weiteren Listen junge Menschen für den Stadtrat. Inwiefern könnte die Zusammenarbeit im neuen Stadtrat besser werden?
Jan: Ich denke, das hat nichts mit Jugend tun. Ich denke, dass hat damit zu tun, dass Menschen, die noch nicht im Stadtrat waren, neue und andere Ansichten vertreten. Eine gute Idee wäre eine Amtszeitbegrenzung für Stadträte auf drei Legislaturperioden. Politiker, die zu lange im Stadtrat sitzen verlieren zu einem gewissen Grad den Blick für das alltägliche Leben der Bürger.
Leonie: Da stimme ich zu. Für mich geht es darum junge Menschen in den Stadtrat zu bekommen, um damit die ganze Stadt und alle Altersstrukturen zu repräsentieren. Ich denke, es ist am besten, wenn erfahrene und junge Mitglieder aus dem Stadtrat zusammenarbeiten und durch diesen Dialog neue Ideen entstehen. Die Mischung macht's! Das Gespräch führte Julian Megerle.
Politik im Hause Niedermaier
Zwei unterschiedliche Parteien in der Familie kennen auch die Niedermaiers: Während es die große Schwester Anna mit der CSU bereits 2014 in den Stadtrat zog, kam ihr Bruder Sebastian zeitgleich über die SPD ins Kommunalparlament. Bereits im Jugendalter waren beide sehr politisch, aber noch in keiner Partei. "Ich denke unterschiedliche Meinungen sind sehr gut. Sonst hätten wir heute immer noch die Gummistiefel aus Holz", findet Anna Niedermaier. Für die Floristin zählt, dass man sich respektvoll begegnen kann auch wenn die Meinungen auseinandergehen. "Ich denke, das hat mehr Vorteile als Nachteile. So kommt man auf andere Lösungswege und kann gute Sachpolitik machen", ergänzt Sebastian Niedermaier.
Zwar gebe es bei politischen Gespräche in der Familien keinen direkten interfraktionellen Austausch - selbst in den Senaten wird sich gegenseitig gesiezt - aber die Geschwisterliebe zeigt sich an anderer Stelle: "Wenn ich in langen Sitzungen einen Kaffee hole, bringe ich meinem Bruder ein Snickers mit", verrät die CSUlerin. "Es ist witzig, wenn wir in gemeinsamen Sitzungen Whatsapp-Nachrichten über die Redebeiträge austauschen", verrät der Bruder.
Die Familienbande ist auch stärker als Fraktionszwänge: Beim Bahnausbau wollten die beiden die Variante der Ostumfahrung für Güterzüge weiter in der Prüfung halten und stimmten beide in ihren Fraktionen gegen die Mehrheit. Neben der Verkehrspolitik ist auch die Flüchtlingspolitik ein Thema, wo es "heiß her geht." "Es gibt schon Momente, wenn wir als Familie sonntags beim Mittagessen sitzen und unser Vater bittet, die politische Diskussion erst mal sein zu lassen", erzählt der SPD-Mann.
Zukunftswunsch
Und was bringt die Zukunft? "Ich würde mir wünschen, dass die Politiker in den nächsten sechs Jahren sich treu blieben und zu ihren Worten stehen." Und der Bruder legt ein gutes Wort ein: "Ich hoffe, wir kommen beide wieder in den Stadtrat. Die CSU kann Anna gut gebrauchen." jme

Es ist für mich völlig in Ordnung, wenn Sie über die Kandidat*innen berichten. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass im ersten Absatz der Link falsch gesetzt ist. Statt zu den Grünen bzw. "Grünes Bamberg" geht's nur auf die Bamberger Lokalseite. Bitte diesen Linkfehler korrigieren, denn Sie haben doch sicher auch viele Beiträge über "Grünes Bamberg" oder?