Die Augen und Ohren der Polizei
Autor: Katja Müller
Haßfurt, Dienstag, 03. März 2020
Wer bei der Sicherheitswacht Haßfurt mitmachen will, braucht Mut, gesunden Menschenverstand, Zivilcourage - und natürlich ein polizeiliches Führungszeugnis. Möchtegern-Rambos weist Polizeikommissar Harald Bott die Tür.
Eigentlich sind die Mitglieder der Sicherheitswacht Haßfurt Superhelden. Ihre schiere Präsenz reicht aus, um die Kriminalitätsrate in der Kreisstadt zu senken: Jugendliche kippen freiwillig ihre Bierflaschen aus, Radler verlassen eilig den Fußweg in der Promenade und Raufbolde machen lieber halblang.
Streifzüge zeigen Wirkung
"Statistiken haben wir dazu nicht. Die Verdienste sind faktisch nicht zählbar. Aber die Präsenz der Sicherheitswacht ist unbezahlbar!", schwärmt Harald Bott. Der Polizeikommissar koordiniert und betreut die Truppe Ehrenamtlicher seit ihrer Gründung 2011 und steht voll hinter "seinen Kollegen".
Auch die anderen Polizeibeamten begegnen den Ehrenamtlichen auf Augenhöhe. Doch draußen, auf der Straße, ist es Bott wichtig, dass die Sicherheitswacht-Mitglieder nicht mit Polizisten verwechselt werden. "Die Männer und Frauen haben nicht unsere Befugnisse und haben keine Waffen. Darum tragen sie auch keine Uniform, sind aber an ihren dunkelblauen Dienstjacken zu erkennen", erklärt Bott.
Anstelle einer Dienstwaffe trägt Steffi Hauck ein Pfefferspray (das sie noch nie eingesetzt hat) und ein digitales Funkgerät bei sich, mit dem sie im Notfall Unterstützung anfordern oder eine Meldung absetzen kann.
Nicht den Helden spielen
Bei den Streifzügen der Sicherheitswacht-Angehörigen durch die Kreisstadt ist Fingerspitzengefühl gefragt. "Wenn jemand mit einer Waffe auf sie zukommt, will ich nicht, dass sie versuchen, den Täter festzunehmen. Mit einer konkreten Personenbeschreibung ist mir mehr geholfen", sagt Bott.
Er ist froh, dass die fünf Frauen und sechs Männer mit gesundem Menschenverstand und viel Zivilcourage unterwegs sind. Und er wünscht sich noch mehr Mitglieder für die Sicherheitswacht. Darum lädt Bott interessierte Bürger herzlich ein, sich telefonisch bei der Polizeiinspektion Haßfurt zu melden.
Fingerspitzengefühl gefragt
Doch nicht jeder ist für das besondere Ehrenamt geeignet. Man müsse abwägen und einschätzen können, wann man was zu wem sage, findet Bott. Dazu hätten die Damen und Herren in Blau auch eine Vorbildfunktion: "Sie können zum Beispiel nicht einfach an einer Gruppe Jugendlicher vorbeigehen, die Alkohol trinken. Was würde das für ein Signal an die Bevölkerung geben?", meint Bott.
Steffi Hauck hat kein Problem damit, den Mund aufzumachen. Auch wenn sie schon oft skeptische Blicke gespürt hat. Eine Bemerkung unter der Gürtellinie war aber bisher nicht dabei. "Meistens ist die Reaktion in der Bevölkerung positiv. Die sagen: ,Schön, dass es euch gibt‘", erzählt Hauck und lächelt breit.
Die 54-Jährige ist vor drei Jahren in die Kreisstadt gezogen und las in der Tagespresse von der Sicherheitswacht. "Ich kannte das überhaupt nicht aus meiner Heimat Thüringen. Also habe ich bei der Polizei angerufen und mich mal erkundigt. Dann haben sie mich eingeladen, um mir die Sicherheitswacht zu erklären", blickt Hauck zurück. Spätestens da war für die Thüringerin klar: "Das passt zu mir, das mache ich."
40-stündige Ausbildung
Bevor sie aber mit einem Kollegen (die Sicherheitswacht ist immer zu zweit unterwegs) auf Streife durfte, musste sie eine 40-stündige Ausbildung absolvieren, an deren Ende eine Prüfung stand. Die Inhalte: digitaler Funk, Erste Hilfe, Strafrecht.
Die Hauptaufgabe der Sicherheitswacht: Präsenz zeigen, die Augen und Ohren offen halten, helfen. "Wir haben schon vielen Omas mit ihrem Gehwagen oder Müttern mit ihrem Kinderwagen geholfen und sehr, sehr oft den Weg erklärt", erzählt Hauck. Ihr macht das Ehrenamt sichtlich Spaß.
Aber es gab auch bange Momente. Zum Beispiel, als Hauck auf dem Parkplatz Am Gries ein leerstehendes, offenes Fahrzeug entdeckte. Der Fahrer war verschwunden, im Inneren lagen Krankmeldungen und Rezepte verstreut. Nach einem Funkspruch in die Polizeidienststelle war die Aufregung groß: Der Fahrzeughalter galt als suizidgefährdet. Die Polizei wollte gerade einen Hubschrauber losschicken, da tauchte der Fahrzeughalter wieder auf. Er hatte nur seine Mutter im Altersheim besucht. "Da ging mir die Pumpe ganz schön", erinnert sich Hauck.
Bott ist stolz auf die Männer und Frauen der Sicherheitswacht, die ihre Dienste selbstständig organisieren und große Motivation zeigen. Besonders beeindruckt hat ihn das Auftreten zweier Sicherheitswacht-Mitarbeiter auf einem Weinfest. "Bei einer Gruppe Jugendlicher drohte die Stimmung zu kippen. Ich habe schon eine Massenschlägerei befürchtet. Aber dann ist einer von der Sicherheitswacht einfach hingegangen und hat gesagt: ,Ihr hört etz auf und vertragt's euch.‘ Das hat geklappt."
Bewerbung erwünscht!
Die Sicherheitswacht Haßfurt sucht Verstärkung. Bewerber, die Lust auf das Ehrenamt haben, können sich direkt bei der Polizeiinspektion in Haßfurt unter der Telefonnummer 09521/927-0 melden.