Druckartikel: Beichte klärt Verbrechen auf

Beichte klärt Verbrechen auf


Autor: Roland Graf

Kronach, Donnerstag, 18. Juni 2020

Schwere Straftaten aus niederen Motiven sind keine Erfindung der Moderne. So gab es unter anderem im Jahr 1826 einen brutalen und rätselhaften Todesfall in Teuschnitz.
Das Torbergkreuz in Teuschnitz Foto: Roland Graf


Wer unsere Heimat durchwandert, dem fallen sie ganz schnell auf: die vielen religiösen Flurdenkmäler, die in unterschiedlichster Form an Wegen und Stegen stehen. Manch einer wird sich dabei die Frage stellen, weshalb wohl jenes Kreuz oder jene Sandsteinmarter errichtet worden ist? Mit diesem Beitrag soll nur ein kleiner Aspekt aus der Vielzahl der religiös motivierten Errichtungsgründe beleuchtet werden, denn manches Denkmal erinnert an Mord und Totschlag.

In einem Fall ermordete man einen Bauern in Seelach und beraubte ihn seines Geldes, nachdem er erfolgreich einen Handel abgeschlossen hatte. Ein anderer Fall ereignete sich in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges, als Soldaten eine Bauersfrau in Roßlach erschlugen.

Eine mehrfache Ursache war auch die blinde Eifersucht von Liebhabern, die ihre vermeintlichen Nebenbuhler mit heftigen Prügeln einzuschüchtern versuchten. Schwerste Verletzungen waren oftmals die Folgen, die zum Tod der Bedauernswerten führen konnten.

An einen solchen tragischen Vorfall erinnert auch das so genannte Torbergkreuz in Teuschnitz, das am Fuße des Torberges steht. Die ganze Tragik, die sich dort am Eingang zur Stadt abspielte, ist unter anderem in den Nachforschungen von Hans Raab festgehalten.

Ereignet hat sich die Tat am 2. August 1826. Pfarrer von Teuschnitz war zu dieser Zeit Georg Greim, der zusammen mit seinem Gutsverwalter Michael Rehm sein 75 Tagwerk großes Pfarrgut selbst bewirtschaftete. In dieser Zeit waren die Bauern noch verpflichtet, den "Zehnten" an den Pfarrer in Naturalien oder in Geld zu entrichten. Nachdem die Wickendorfer säumige Zahler waren, begab sich der Pfarrer mit seinem Verwalter nach Wickendorf, um in einer Versammlung die Anwesenden an ihre Pflicht zu erinnern. Bei dieser Veranstaltung fiel ein Bauer als Wortführer ganz besonders auf, der gegen den ungerechten Zehnten lautstark protestierte und wetterte. In dieser Stimmung gingen die Parteien auseinander.

Um 22 Uhr, bei stockdunkler Nacht, machten sich Greim und Rehm auf den Heimweg. Als sie am Torberg ankamen, "trat plötzlich aus dem Dunkel der Nacht eine männliche Gestalt den Heimkehrern entgegen und schlug mit einem starken Knüppel auf den Pfarrer ein. Dieser fiel zu Boden und stellte sich tot. Rehm kam seinem Herrn zu Hilfe, wurde jedoch vom nächtlichen Angreifer derart mit dem Knüppel getroffen, dass er bewusstlos zusammenbrach.

Der Pfarrer kroch mittlerweile zum unteren Tor, alarmierte unter lauten Hilferufen den Torwächter und die anliegenden Bewohner und schilderte kurz den Überfall. Den Rehm brachte man in die Apotheke Greser, wo der 49-Jährige starb, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben.

Auf Grund seiner wüsten Äußerungen in der Versammlung fiel der Verdacht auf den Wickendorfer Bauern. Man verhaftete ihn; es folgte ein Prozess. Obwohl er immer und immer wieder seine Unschuld beteuerte, verurteilte man ihn anhand von Indizien zu einer langen Zuchthausstrafe.

Zwei Jahre mussten vergehen, bis es durch einen Zufall zur Aufklärung dieser schrecklichen Tat kam. Ein Bote von der Finkenmühle kam aufgeregt zu Pfarrer Greim und bat diesen, doch gleich mit in die Finkenmühle zu gehen. Ein Knecht sei beim "Pfadenschleifen" unter die Holzstämme gekommen und dabei schwer verletzt worden. Dieser bat um die Spende der "letzten Ölung" (= Sterbesakrament). Der verunglückte Knecht gestand in seiner Beichte, dass er der Täter des nächtlichen Überfalles war.

Ehre wieder herstellen

Er berichtete, dass seine Tat ein gewaltiger Irrtum gewesen sei. Er liebe nämlich in Wickendorf ein Mädchen, und in den zwei Männern am Torberg vermutete er zwei Nebenbuhler, denen er einen Denkzettel verpassen wollte. Er bereue seine Tat sehr und bat den Pfarrer darum, sich für die Freilassung des unschuldigen Wickendorfer Bauern aus dem Zuchthaus einzusetzen und dafür Sorge zu tragen, dass dessen Ehre wieder hergestellt werde, was Pfarrer Georg Greim auch tat.