Mehr als ein Drittel der Frauen in Deutschland legt kein Geld für sich selbst zurück. Zwei Experten verraten im Interview, worauf es beim Sparen ankommt.

37 Prozent der Frauen in Deutschland legen kein Geld für sich selbst auf die hohe Kante. Das ergab eine Studie, die anlässlich des Weltfrauentags vom britisch-amerikanischen Fondsanbieter Columbia Threadneedle Investments durchgeführt wurde. Unter anderem wurden 2000 Frauen und Männer aus Deutschland befragt. Im Interview mit dem Fränkischen Tag verraten Harry Weiß, Vorstandsmitglied der Sparkasse Kulmbach-Kronach, und Marc Bergauer, der ein Versicherungsbüro der Ergo in Kronach betreibt, auf was Frauen beim Sparen unbedingt achten sollten. Woran liegt es Ihrer Einschätzung nach, dass 37 Prozent der Frauen in Deutschland keine Ersparnisse oder Investitionen für sich selbst anlegen? Marc Bergauer: Hier kommt natürlich die alte Rollenverteilung zwischen Mann und Frau zum Ausdruck. In der Vergangenheit waren Frauen mehr für den Haushalt und die Kinder verantwortlich. Die Männer haben das Geld verdient und sich auch damit beschäftigt, wie es angelegt wird. Sobald Kinder da sind, ist meist der Mann der Alleinverdiener, beziehungsweise derjenige, der Vollzeit arbeitet. Frauen fällt es somit auch schwerer, Karriere zu machen. Wobei ich glaube, dass sich dieser Trend immer mehr verändern wird. An der ein oder anderen Stelle sind die Frauen auch die besseren Sparer. Harry Weiß: Die meisten Entscheidungen "rund um's Geld" werden ab einem gewissen Alter und von der Lebenssituation abhängig gemeinsam mit dem Partner oder der Partnerin getroffen. Die Geldanlage selbst hängt immer von der persönlichen Situation und den eigenen Lebensplänen ab. Lassen sich generell mehr Männer als Frauen bezüglich ihrer Finanzen beraten? Harry Weiß: Das ist nicht der Fall. Sich mit den eigenen Finanzen zu befassen, ist und bleibt ein sehr persönliches Anliegen - unabhängig vom Geschlecht. Laut der Studie haben vor allem geschiedene Frauen und Witwen keine Ersparnisse. Gibt es Gründe dafür? Harry Weiß: Diese Aussage kann ich grundsätzlich nicht so bestätigen. Auch hier spielt die individuelle Lebenssituation eine wichtige Rolle. Marc Bergauer: Hier liegt es auf der Hand, dass Frauen die nötigen Einkünfte fehlen. Bei einem Großteil der Scheidungen sind gemeinsame Kinder vorhanden. Somit ist es für Frauen kaum möglich Vollzeit zu arbeiten. Hier würde ich mir eine Unterstützung wünschen, welche es Frauen in Form von einer bezahlbaren Kinderbetreuung ermöglicht zu arbeiten. Bei den Witwen ist es ähnlich. Die Leistungen aus der Rentenversicherung, beziehungsweise der Witwenrente, sind leider gering. Für solche Fälle ist eine Risikolebensversicherung, insbesondere wenn Kinder vorhanden sind, eine wichtige Absicherung. Hausfrauen setzen sich der Studie zufolge weniger mit dem Thema Finanzen auseinander als berufstätige Frauen. Woran liegt das? Harry Weiß: Die Notwendigkeit, sich um seine eigene finanzielle Zukunft zu kümmern und auch um die private Altersvorsorge, ist bereits von vielen unserer Kundinnen und Kunden erkannt worden. Um den eigenen Lebensstandard halten zu können, muss einfach privat vorgesorgt und Geld zur Seite gelegt werden. Nach unseren Beobachtungen sind es allerdings eher diejenigen mit einem höheren Einkommen, die eine Notwendigkeit zur privaten Vorsorge erkannt haben. Obwohl mit staatlichen Förderungen gerade die kleineren Einkommensgruppen und Eltern mit Kindern profitieren können. Es ist einfach wie in allen Bereichen des Lebens - unabhängig von Beruf, Geschlecht und Generation gibt es Interesse oder Desinteresse für bestimmte

Themen. Marc Bergauer: Frauen, welche die komplette Organisation des Haushaltes übernehmen und die Entwicklung der Kinder im Fokus haben, sind enorm eingespannt. Das unterschätzen viele, die solch eine Situation überhaupt nicht kennen. Hier fehlen einfach die Energie und die Zeit, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Gefühlt ist es doch bei Hausfrauen so, dass der Ehemann das Geld verdient und somit auch entscheidet. Wenn Frauen selbst Geld verdienen bleiben sie unabhängig und werden auch über ihr verdientes Geld selbst mit entscheiden. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sein Geld anzulegen. Der Finanzmarkt ist für Laien sehr komplex. Deshalb ist es wichtig, gemeinsam mit dem Kunden die möglichen Anlageformen zu besprechen und dann eine Entscheidung nach deren Bedürfnissen zu treffen. Was empfehlen Sie Hausfrauen, die selbst kein Geld verdienen, um trotzdem Ersparnisse anzuhäufen?

Harry Weiß: Eine pauschale Lösung gibt es nicht - es kommt immer auf die persönliche Situation der Hausfrau oder des Hausmannes an. Generell kann man bereits mit kleinen monatlichen Beträgen langfristig Vermögen für seine persönliche Altersvorsorge aufbauen und sogar die staatlichen Förderungen nutzen. Hier empfiehlt sich eine persönliche Beratung. Frauen, die zwischen 1947 und 1965 geboren wurden, machen sich laut der Studie weniger Sorgen um ausreichend Geld im Ruhestand als Frauen, die zwischen 1980 und 2000 geboren wurden. Woran liegt es, dass die Interessen so verteilt sind?

Marc Bergauer: Ich glaube, es sollten die wirtschaftlichen Zeiten, in denen die Frauen geboren wurden, berücksichtigt werden. In der Nachkriegszeit waren die Anforderungen und Herausforderungen anders. Kinder, die in dieser Zeit geboren wurden, wuchsen in anderen Verhältnissen auf. Hier gab es keine digitale Welt und auch keine Möglichkeiten, um sich selbst zu Informieren. Die Rente galt als sicher und ausreichend. Der Lebensstandard war ein anderer. Die 80er und 2000er haben die Digitalisierung miterlebt. Das Thema demografischer Wandel ist aktuell und überall nachlesbar. Hier geht es darum, dass die erwerbstätige Generation mit ihren Beiträgen die Rente der älteren Generation finanzieren. Leider ist es so, dass auf Grund von Geburtenrückgängen das Verhältnis nicht mehr passt. In den 60er Jahren standen beispielsweise sechs Beitragszahler einem Rentnern gegenüber. Heutzutage nur noch zwei - und die Tendenz sinkt weiter. Somit ist eine private Vorsorge zwingen notwendig. In welchem Alter sollten Frauen damit beginnen, sich mit ihren Finanzen auseinanderzusetzen? Marc Bergauer: Je früher, desto besser. Denn nur wer spart, kann Vermögen aufbauen. Mit dem Zinseszinseffekt werden die belohnt, die früher beginnen. Mit früher meine ich ab Ausbildungsbeginn. Jeder Mensch sollte für sich erkennen, dass die Altersvorsorge in der heutigen Zeit ein Muss ist. Gerne mit kleinen Beiträgen starten, die jederzeit nach oben angepasst werden können. Eine umfassende Beratung benötigt Zeit und Offenheit. Hier sollte eine Strategie entwickelt werden, welche die jeweiligen Wünsche und Ziele berücksichtigt. Ich würde mir persönlich wünschen, dass sich Frauen und Männer diese Zeit nehmen und sich mit ihrer finanziellen Situation auseinandersetzen. Es gibt keine Standard-Produktlösung. Kein richtig und kein falsch. Wichtig ist in erster Linie, dass der Mensch vorsorgt, um seine spätere Rentenlücke so gut es geht zu schließen. Harry Weiß: Egal ob Frauen oder Männer - damit, sich um seine finanzielle Zukunft zu kümmern, kann man nie zu früh beginnen. Spätestens allerdings mit Beginn der Ausbildung sollte man sich mit den eigenen Finanzen auseinandersetzen, um sich später seine Träume, zum Beispiel ein Eigenheim, verwirklichen zu können. Ich selbst habe zwar nur zwei Söhne, aber diese schon berufsbedingt rechtzeitig zum monatlichen sparen animiert. Die wichtigste Komponente beim Sparen ist die Zeit - da ist es erst einmal unwichtig, ob ein Bausparvertrag, ein Wertpapiersparplan oder eine Versicherung dahinter steckt - die Devise lautet: Durchhalten! Die Fragen stellte

Cindy Dötschel