Als Mitglied der CSU hatte Falk Wick es früher im sozialdemokratischen Tettau oft nicht leicht. Dennoch bereut er seinen Einsatz nicht.

Dass Falk Wick als Zuhörer die Gemeinderatssitzungen verfolgt, ist ein ungewohntes Bild. Fast fünfzig Jahre lang, von 1972 bis April 2020, war er Gemeinderatsmitglied gewesen, in der letzten Wahlperiode stellvertretender Bürgermeister. "Ein Zuhörer zu sein und nichts sagen zu dürfen, ist für mich manchmal nicht leicht", sagt er. "Auf der anderen Seite bin ich froh, dass ich nicht mehr zum Gremium gehöre."

Als Falk Wick 1972 in den Marktgemeinderat gewählt wurde, war er nicht nur der jüngste der Räte sondern auch der einzige CSUler im Gremium. Daneben stellten die Freien Wähler zwei Mandate, der Rest kam aus der SPD. Und natürlich stellten die Sozialdemokraten mit Hans Suffa auch den Bürgermeister. Als Franz Brummer und der damalige CSU-Landtagsabgeordnete Rudi Daum ein Jahr zuvor im "Schwarzen Adler" den CSU-Ortsverband gegründet hatten, hätten alle Tettauer gelacht, erinnert sich der 76-Jährige und beginnt zu erzählen.

Sobald er in den ersten Jahren im Gemeinderat die Hand erhob, wurde er zurechtgewiesen: "Was willst du denn, du hast hier gar nichts zu melden!" Er erwähnt eine nichtöffentliche Sitzung aus seiner Anfangszeit als Kommunalpolitiker, als es um das Thema Personal für die Gemeinde ging. Drei Bewerber haben sich auf eine Stelle beworben. Der eine sei ein SPD-Mann gewesen, der galt als dumm. Beim zweiten Bewerber hieß es: "Das ist keiner von uns!" Man entschloss sich für die Nummer 3. Obwohl die Entscheidung stand, beraumte der damalige Bürgermeister eine Woche später wieder eine Sitzung ein.

Ein mysteriöser Anruf

Ein paar Tage zuvor habe sich dann ein Tettauer bei Wick gemeldet und wollte wissen, wer die begehrte Stelle in der Gemeinde bekommen wird. Als er ihn auf die "Geheimhaltung" hinwies und erklärte, dass die Entscheidung noch ausstehe, habe ihm das der Anrufer nicht abgenommen. Im Wirtshaus habe der Anrufer bei einem Gespräch von SPDlern mitbekommen, wer den Job in der Gemeinde bekommt. Als Falk Wick bei der entsprechenden Sitzung schließlich als Einziger gegen die Auswahl der SPD-Gemeinderäte bei der Personalie gestimmt habe, habe es Ärger gegeben. "Es ist damals für die CSU schwer gewesen, Politik in Tettau zu machen."

Der Rentner erinnert sich auch noch gut daran, als nach einer Gemeinderatssitzung im "Schwarzen Adler" getagt wurde und kurz nach der Sperrstunde gegen 1.15 Uhr die Polizei im Raum stand. Damals gab es eine Anzeige gegen den Wirt und eine Gerichtsverhandlung, bei der die Gemeinderäte als Zeugen aussagen mussten. Vor der Verhandlung legten die Gemeinderäte in einer Wirtschaft und bei Bier die Strategie fest, wie man sich vor dem Richter verhalte.

Im Laufe der Jahre wurden schließlich mehr CSUler ins Gremium gewählt und Wick wurde von den Genossen akzeptiert. Nach der Gebietsreform wurde Alfred Schaden (SPD) als Bürgermeister gewählt. Obwohl Schaden seine Eigenheiten hatte und ein überzeugter Sozialdemokrat war, habe man gemeinsam an einem Strang gezogen, zieht Wick Resümee.

In diesem Zusammenhang spricht er unter anderem von der Etablierung Tettaus als Wintersportort, der einen Bekanntheitsgrad weit über die Landkreisgrenzen hinaus erlangte. Er spricht von der Gründung des Kinderspielplatzvereins in der Alexanderhütte, bei dem er bis vor wenigen Monaten den Vorsitz innehatte. Ursprünglich waren Spielgeräte geplant, dann kam eine kleine Holzhütte hinzu, wenige Monate später wurde daraus gemauerte Einkehrmöglichkeit und schließlich gab es noch eine Pergola. Alfred Schaden meinte immer: "Mach mal!"

Früher ging es schneller

Und die heimische Industrie hat immer viele Projekte finanziell unterstützt. Viele Gespräche habe er dementsprechend geführt. Mehrmals musste bei der Einkehrhütte der Plan geändert werden. Der zuständige Mitarbeiter im Landratsamt war nahezu am Verzweifeln. Damals, so erklärt Wick, sei teilweise ein rauer Ton vorhanden gewesen, aber es wurden schneller als jetzt Entscheidungen getroffen. Mit Alfred Schaden und dem Gremium hatte er immer einen Mitstreiter an seiner Seite.

Irgendjemand habe es auch immer wieder geschafft, Prominente nach Tettau zu bringen. Unter anderem waren die ehemaligen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß und Max Streibl im Glasmacherort, sowie der einstige Bundespräsident Carl Carstens und jetzige Bundesinnenminister Horst Seehofer.

1990 als Bürgermeister kandidiert

Falk Wick kann sich auch noch gut an den Herbst 1989 erinnern. Damals überredete Alfred Schaden ihn, als CSU-Bürgermeisterkandidat bei den Kommunalwahlen im Frühjahr 1990 zu kandidieren. Als er gemeint hatte, dass er als CSUler doch sowieso keine Chance in Tettau hätte, stimmte ihm Schaden zu. Es gehe ihm darum, einen Mitbewerber zu haben. Somit könne keiner im Landkreis mehr sagen, dass er es leicht habe, eine Wahl zu gewinnen, habe ihm Schaden erklärt. Schließlich willigte Wick ein und ließ auf seine Kosten ein paar schwarz-weiße Plakate drucken. Im Nachhinein erklärt Wick: "Das würde ich nicht mehr machen." In diesem Zusammenhang spricht er von üblen Nachreden und Beschimpfungen.

Falk Wick ist in der einstigen sozialdemokratischen Hochburg Tettau aufgewachsen. Dass sein Herz eher für die CSU schlug, begründet er mit seinen schlesischen Wurzeln und seinem Elternhaus. Noch heute ist Wick ein überzeugter CSUler. Diese Partei mache zwar auch nicht alles richtig, aber sei für ihn am ehesten wählbar.

Appel an den Gemeinderat

Dass im Herbst 2013 mit Peter Ebertsch zum ersten Mal seit dem Jahre 1946 kein Sozialdemokrat den Rathaussessel eroberte, sei für ihn eine große Überraschung gewesen. Mittlerweile haben die CSU/BfT mit der Stimme des Bürgermeisters die Mehrheit im Gemeindeparlament. Über die aktuelle Stimmung ist er nicht glücklich, denn Ebertsch mache seinen Job gut und biete immer wieder Gespräche an. Wick hofft, dass das Miteinander im neuen Gremium trotz Fehlstart und anscheinenden Missverständen künftig besser wird. Durchaus könne man verschiedene Meinungen haben, aber es komme auf eine gewisse Streitkultur an.

Falk Wick ist immer noch einer, der sich in Tettau engagiert, dem seine Heimat am Herzen liegt. Aber er hat auch gemerkt, dass sich die Zeiten geändert haben. Auch für ihn ist ein neuer Lebensabschnitt angebrochen. Und manchmal hat er aber den Eindruck, dass ein langjähriger ehrenamtlicher Einsatz bei Vereinen und Verbänden schnell in Vergessenheit gerät. Aber: "Das ist der Lauf der Zeit."