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Bedingungsloses Einkommen spaltet Höchstadt


Autor: Hendrik Kowalsky

Höchstadt a. d. Aisch, Donnerstag, 23. April 2020

Die Debatte um ein bedingungsloses Grundeinkommen wird durch die Corona-Krise neu angeheizt. Was halten die Höchstadter davon? Wir haben nachgefragt.
Die populären Modelle des bedingungslosen Grundeinkommens beinhalten, dass Arbeitslosen- und Kindergeld wegfallen. Die Höchstadter Agentur für Arbeit hätte wohl trotzdem genug zu tun.  Fotos: Hendrik Kowalsky


Die finanzielle Notsituation vieler Bürger im Zuge der Corona-Krise hat die Diskussion um das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) in Deutschland neu entfacht. Eine im März 2020 beim Bundestag eingereichte Online-Petition unterzeichneten binnen vier Wochen mehr als 130 000 Menschen. Vorgeschlagen wird dabei ein monatlicher Betrag von 1000 Euro, den der Staat an seine etwa 83 Millionen Bürger zahlt.

Fast eine Billion Euro Kosten

Offen ist jedoch, wie das BGE für jedermann bezahlt werden soll. Hochgerechnet auf ein Jahr würde der Bundeshaushalt mit etwa 996 Milliarden Euro belastet werden, bekäme jeder Bürger ein Jahr lang 1000 Euro im Monat. Zum Vergleich: Für den gesamten Bundeshaushalt 2019 hatte der Staat Ausgaben in Höhe von 356,4 Milliarden Euro vorgesehen.

Zwar würde der Staat laut gängiger Modelle durch den Wegfall des Arbeitslosen- und Kindergelds Geld sparen. Dennoch bedürfte es einer grundlegenden Steuer- und Sozialversicherungsreform, um die finanziellen Grundlagen für das BGE zu schaffen. Einer der prominentesten Unterstützer ist Götz Werner, Gründer der Drogeriemarkt-Kette "dm". Im Jahr 2005 gründete er die Initiative "Unternimm die Zukunft". Sein Modell zur Finanzierung beruht auf einer stark erhöhten Umsatzsteuer.

"Denen helfen, die es brauchen"

Bei Höchstadter Bürgern löst das bedingungslose Grundeinkommen ein geteiltes Echo hervor. "Ich bin zwiegespalten. Das BGE dürfte keinen Anreiz bieten, künftig nicht mehr arbeiten zu gehen", sagt Andre Söhnel. Der Höchstadter Bauarbeiter hält ein steuerfinanziertes Modell für denkbar. Doch nicht jeder solle Hilfe bekommen. "Das Grundeinkommen soll denen helfen, die es wirklich brauchen."

Ähnlich sieht das Hannelore Hartmann. Die Rentnerin denkt vor allem an Bedürftige, die täglich zu den Essenstafeln gehen, um sich mit dem Nötigsten zu versorgen: "Ich fände es gut, wenn niemand mehr zur Tafel gehen muss. Gerade in diesen Zeiten sind sichere finanzielle Einnahmen ein Luxus. Aber man müsste prüfen, wer das Geld wirklich braucht."

"Wer soll das finanzieren?"

Ingrid hält das Grundkonzept für sinnvoll, zweifelt aber an der Möglichkeit, die Kosten des BGE zu bewältigen: "Generell gefällt mir eine Grundsicherung für alle. Es gibt viele Bedürftige, nicht nur hier, sondern in ganz Deutschland, die davon profitieren würden. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, wie sich der Staat das leisten soll", sagt die Ärztin. Zudem solle eine Person, die auf das Geld nicht angewiesen ist, freiwillig auf staatliche Zuwendungen verzichten. "Das stelle ich mir schwierig vor", sagt sie.

Daran zweifelt auch Alfred aus Medbach. Der Rentner aus dem Höchstadter Ortsteil fürchtet, dass viele Menschen das BGE ausnutzen würden. "Ich halte ein bedingungsloses Grundeinkommen nicht für sinnvoll. Zu viele Leute, die das Geld nicht bräuchten, würden es trotzdem annehmen. Außerdem könnte damit auch Missbrauch betrieben werden", glaubt er.

Auch Alfred mahnt die Kosten an - zumal dem Staat durch das BGE die Rücklagen für Krisensituationen wie die Corona-Pandemie fehlen würde. "Deutschland kann nur deshalb so viele Hilfsmittel ausgeben, weil das Geld zuvor angespart wurde. Das BGE würde diese Flexibilität unmöglich machen", meint der Senior.